Veröffentlicht: 11.05.2022
Slowenien verabschiedete uns mit durchwachsenem Aprilwetter und da wir uns schon länger vorgenommen haben uns mit der weiteren Routenplanung zu beschäftigen, mieteten wir uns einen Bungalow in Instrien kurz nach der slowenischen Grenze an der Bucht von Piran. Istrien empfing uns ebenso nass, kalt und grau und wir freuten uns auf einen warmen Bungalow. So kann Karl im Warmen ein wenig rumräubern und wir können Reiseführer lesen. So dachten wir. Natürlich haben Bungalows in einer Sommerferienregion keine Heizung, wir waren eh nahezu die einzigen in der Anlage und diese hatte auch erst vor zwei Tagen wieder geöffnet. Da es aber dennoch wirklich kalt im Betonbungalow war, bekamen wir netterweise den Heizlüfter des Chefs ausgeliehen und die Reiseplanung konnte beginnen.
Istriens Küste versprach einige schöne Städte, aber auch das Hinterland sollte nicht verkehrt sein. Also ging es erstmal direkt nach Motovun und Hum, zwei kleine typisch befestigte istrische Bergstädte, von denen erstere für ihre Trüffel bekannt ist und die zweite mit 17-30 Einwohnern (so genau weiß man das nicht, zählen würde zu lange dauern), aber sämtlicher städtischer Infrastruktur, als kleinste Stadt der Welt gilt. Der Weg dahin führte uns durch eine sattgrüne Landschaft mit Obstbäumen gesäumten Sträßchen und kleinen Weilern. Das Landstraßenfahren an sich gestaltete sich langfristig aber als anstrengend. Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 km/h und 80 km/h wechselten sich ab und wurden regelmäßig von 20 km/h und 30 km/h unterbrochen. Mit dem G als Geschwindigkeitsbiest und Beschleunigungsmonster macht das weniger Spaß und der Autoschlange hinter uns seit der slowenischen Grenze auch nicht mehr. Aber gut, die Städte waren schön anzusehen, aber natürlich touristisch recht ausgeschlachtet. Aber den istrischen Trüffelkäse können wir weiterempfehlen.
Als größte Stadt Istriens würde man Pula als Bezirkshauptstadt vermuten, aber dem ist nicht so, sondern das kleine zentralistrische Städtchen Pazin ist es. Auf dem Weg zu einer Wanderung wollten wir auf dem Canpingplatz hier übernachten. Aber da auf dem Platz ein Roadsurfer-Vanlife-Influencer-Instagram-Event stattfand mussten wir auf eine wilde Badestelle mit Wasserfall ausweichen. Was auch wirklich sehr schön war. Aber glücklicherweise wurden wir von Patrick, einem Saarländer mit kroatischer Frau, der Alarmanlagen an reiche Westeuropäer verkauft und gerade mit seinem Hund spazieren war, darauf hingewiesen, dass dort häufig die Polizei kontrolliert und hohe Geldstrafen verlangt. So lud er uns direkt ein auf dem Feld hinter ihrem 500 Jahre alten Bauernhaus zu übernachten und zur Begrüßung gab es noch selbst gemachten Wein und Pizza.
Am nächsten Tag ging es auf Wanderung im istrischen Hinterland bei Gračišće. Die Wanderung auf dem Pfaden des Heiligen Simon war okay, aber Gračišće entpuppte sich als wahre kleine Perle, an der der Tourismus bisher vorbeigegangen ist.
Danach hatten wir auch erstmal genug vom Hinterland und wollten an die Küste. Die istrische Küste ist für den deutschen Camper dass, was die türkische Riveria für den Pauschalurlauber ist. Einige Kilometer vor der Küste beginnt das Bespaßungsprogramm. Quadparks, Funparks, Aquaparks, Paintballanlagen und Spanferkelrestaurants bestimmen das Bild. Entlang der Küste ziehen sich riesige Campingplätze mit allen möglichen Annehmlichkeiten. Wir, mit unserem rustikalen, an Comfort eher mau ausgestattetem G, passen da meist nicht so richtig rein. Aber zum Glück waren wir noch weit vor der Saison hier und hatten reichlich Platz und freie Stellplatzwahl. Die Tagen wurden auch immer wärmer und zusammen mit der nun reichlich scheinenden Sonne wurde das Leben draußen mit Krabbelkarl wieder schön entspannt und wir verbrachten ein paar Tage am Meer.
Danach ging es der Küste entlang nach Porec, Rovinj und Pula ganz im Süden. Porec war sehr vom Tourismus geprägt, besitzt aber mit der Euphrasius-Basilika immerhin eine UNESCO-Weltkulturerbestätte. Rovinj stellte sich als wahre optische Perle der istrischen Adriaküste heraus, während Pula mit einem riesigen römischen Amphitheater und weiteren römischen Relikten punkten konnte. In Pula zeigte sich wieder, dass das Reisen mit Kind immer für Überraschungen gut ist. Beim Gang durch die Fußgängerzone fiel Juliane auf, dass einer von Karls neuen Schuhen fehlte und da es das einzige Paar Kinderschuhe ist, das wir mit auf Reisen haben und Kinderschuhe erstaunlich teuer sind, musste der Schuhe wieder auftauchen. Also schnell die Handyfotos checken um zu sehen, wo er noch da war und wann nicht und dann suchend durch die Stadt laufen. Am besten sehr auffällig suchend. Denn so wird man von einer Frau angesprochen, ob wir einen Kinderschuh suchen würden. Sie hat ihn zwar nicht gefunden, sie hat aber gesehen, wie eine andere Frau, einen Kilometer entfernt auf dem Markt, einen Schuh gefunden hat. Und tatsächlich, es war Karls Schuh und die nette Marktfrau hat uns viel Zeit gespart. Tja, dummerweise ist Karl bei dem Suchstress wohl so warm geworden, dass er sich irgendwo seiner Mütze entledigt hat. Also den gleichen Weg wieder zurück, diesmal mützesuchend. Die Mütze hing dann zum Glück an einem Türeingang. So hatten wir zweimal Glück an diesem Tag und bedanken uns bei allen netten Findern.
Da die Küste so stark bebaut ist, war wild campen nicht möglich und wir sind immer auf Campingplätzen untergekommen. So konnte auch Karl bisschen freier das Laufen üben.
Die Südspitze Istriens ist deutlich karger und schroffer als der Rest der Halbinsel. Hier liegt das Naturreservat Premantura, dessen Kalkschotterstraßen und Dornenbuschbewuchs stark an den Etosha Nationalpark in Nambia erinnert. Nur der Blick auf die Küste ist viel besser. Im Park verbirgt sich passend die Safari Bar, die mit ihrer Lage im Gebüsch, allerlei selbstgebauten Spielplätzen und einem grandiosen Ausblick kurz vergessen lässt, dass man noch in Europa ist.
Die Ostküste Istriens fällt wesentlich steiler ins Meer ab, dementsprechend dünner ist sie besiedelt. Deswegen legten wir nur einen kleinen Stopp im historischen Labin ein. Unsere Stadtbesichtigungen mit Karl sind jetzt oft davon geprägt für ihn Spielmöglichkeiten zum Ausgleich der Autofahrten zu suchen. Kroatien besitzt dafür oft überraschend viele und moderne Spielplätze und selbst im historischen Altstadtkernen wird Platz dafür gefunden.
Von Istrien ging es mit der Fähre auf die Doppelinsel Cres-Lošinj. Eigentlich eine Insel, wurde sie schon von den alten Römern mit einem Kanal in zwei geteilt. Der Kanal war so wichtig, dass an der Kanaldurchfahrt im Mittelalter der Ort Osor mit 30.000 Einwohner entstand, von denen heute noch ungefähr 80 übrig sind. Wie kann ein so kleiner Kanal, der nur zwei Inseln trennt, so wichtig sein? Der tückische Fallwind Bora hat den Seefahrern damals stark zugesetzt und so konnten die Römer länger durch sicherere Gewässer fahren (gegen den Wind kreuzen war damals noch nicht erfunden). Der Bora bringt auch heute noch regelmäßig LKW auf dem Festland zum umkippen.
Auf Cres konnte der G mal wieder in sein wildes Revier und zeigen, was die Bodenfreiheit so hergibt. Dies ermöglichte uns auch seit langem mal wieder wild zu campen und das idealerweise in einen Olivenhain am Meer. Wir fuhren Cres und Lośinj einmal der Länge nach ab und konnten auch mal wieder die Wanderschuhe auspacken um auf den Spuren von Habsburger Thronfolger Rudolf den zweithöchsten Berg von Lošinj zu besteigen. Auf dem Weg dahin begleitete uns schönster Maggiduft vom wild auf dem Berg wachsenden Maggikraut.
Von Cres haben wir das Inselhüpfen fortgesetzt und sind zur Insel Krk mit der Fähre übergesetzt. Hier besichtigten wir Krk-Stadt, legten am Meer die Füße hoch und inspizierten den angeblich schönsten Kieselstrand Kroatiens in Baška.
Krk verabschiedet sich mit einer grandiosen Bogenbrücke zum Festland, welche zur Eröffnung sogar kurzfristig die längste ihrer Art war. Danach verläuft die Küstenstraße an einem schmalen Grad zwischen Velebitgebirge und Adria und gibt nach jeder Kurve neue spektakuläre Blicke entlang der Küstenlinie frei. Definitiv eine der schönsten Küstenstraßen, die wir je gefahren sind. Hier treffen bis zu 1600 m hohe Berge auf die Adria und lassen nur wenig Platz zum siedeln. Deshalb wird jede Bucht und Öffnung von den Einheimischen genutzt und wir passieren so manchen kleinen Hafen. In Senj, einer ehemaligen Piratenstadt, machten wir einen Übernachtungsstop. Hier herrschten lange die Uškoken, die im Auftrag der Habsburger venezianische Schiffe ausraubten und die Türken abwehrten. Eine gehörige Portion kroatischer Nationalstolz geht auf die Uškoken zurück.
Die nächsten Tage werden uns dann ins Hinterland zu den Plitvicer Seen, den Una- Nationalpark in Bosnien und anschließend nach Dalmatien führen.