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Torres del Paine Nationalpark

Veröffentlicht: 26.06.2024

In Ushuaia früh am Morgen den Bus bestiegen und weiter ging es in Richtung Norden auf die chilenische Seite Patagoniens. Ziel sollte die Stadt Puerto Natales sein, Ausgangspunkt für allerlei Aktivitäten und Wanderungen im Torres del Paine Nationalpark. Da es keinen Direktbus von Ushuaia nach Puerto Natales gibt, zumindest nicht in der Nebensaison, wurde ein Zwischenstopp in Punta Arenas eingelegt. Das Überqueren der argentinisch-chilenischen Grenze mitten im Nirgendwo war ein recht umfangreicher Prozess. Akribisch wurde vor allem das Gepäck gecheckt und so kamen gleich mehrere Hunde zum Einsatz, vor allem auch um die Einfuhr von Obst zu verhindern. Die Einfuhr von verschiedenstem Kernobst nach Chile ist strengstens untersagt und wird mit recht hohen Geldbußen sanktioniert. Ohne Obst ging es problemlos weiter, es wurde die Magellanstraße per Fähre überquert und die karge aber doch recht interessant zu betrachtende Landschaft zog wie im Flug vorüber. Es gab massenhaft Guanacos (eine Lama-Art), Nandus (Laufvögel) oder auch allerlei Raubgetier zu beobachten, welches sich des Öfteren an den Überbleibseln von Guanacos satt fraß. Das alles nach den Gesetzen der Natur. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit in Puerto Natales wurde das Hostel bezogen und festgestellt, dass das Zimmer leider keine Heizung hatte. Bei Außentemperaturen unterhalb des Gefrierpunkt schläft es sich nicht optimal in einer Holzbehausung ohne zusätzliche Temperierung. Eine komplette Lage Wintergarnitur inklusive Schal und Mütze verhinderten das nächtliche Erfrieren und dennoch leicht unterkühlt klingelte am Morgen der Wecker um den Bus nach Puerto Natales zu erwischen. Angekommen an der Busstation dann die Überraschung: trotz mehrfachem Abgleich der Uhr- und Abfahrtszeit kein Bus zu sehen. Auf Nachfrage, wie denn die Lage sei, schmunzelte die Dame am Schalter und gab mir zu verstehen, dass die Uhrzeit auf meinem Telefon falsch sei und wir es statt 11 Uhr bereits 12 Uhr hätten. Die Erklärung für den Fauxpas war recht schnell gefunden. Beim Einlegen der chilenischen SIM-Karte in mein Telefon wurde die Uhrzeit automatisch auf die Zeitzone von Santiago umgestellt also eine Stunde zurück. Anscheinend ist der Telefongesellschaft entgangen, dass der Süden Chiles noch in eine weitere Zeitzone unterteilt ist und ich bemerkte den Fehler nicht, da der Kartenwechsel kurz vor dem Einschlafen erfolgte.

Da der nächste Bus 2 Stunden später in selbige Richtung fuhr und der Fahrpreis mit knapp 10 Euro recht moderat war, hielt sich der Schaden in Grenzen, ärgerlich war es dennoch.

Angekommen in Puerto Natales bewunderte ich die wunderschöne Lage der Stadt, die zum großen Teil aus einfachsten Behausungen aus Holz und Blech bestand. Der 360°-Blick ist ganz fantastisch und zahlreiche schneebedeckte Gipfel und Hügel schmiegen sich a den Ultima-Esperanza-Fjord, an dem Puerto Natales gelegen ist. Leicht hügelig und zerklüftet fügt sich die Kleinstadt hier wunderbar in die raue Landschaft ein.

Puerto Natales

Für den nächsten Tag hatte ich bereits eine Wanderung an die 3 markanten Gipfel des Torres del Paine gebucht und so wurde ich in aller Früh kurz nach 6 Uhr am Hostel abgeholt. In der Nebensaison ist dies nur noch mit Guide möglich, denn die Wetterbedingungen hier können recht schnell umschlagen und auch alle öffentlichen Verkehrsmittel in den von Puerto Natales ungefähr 1,5 Fahrstunden entfernten Nationalpark verkehren im Winter nicht mehr.

Bereits die letzten Tage hatte ich immer wieder die Wetterprognosen gecheckt und es blieb dabei, heute sollte wohl der einzig wolkenlose Tag der Woche sein, beste Aussichten also für die Wanderung.

Am Eingang des Nationalparks angekommen wurden die Zutrittsberechtigungen überprüft (30 Euro kostet dies für 3 Tage) und man sah schon am Horizont zwischen den Bergen die 3 markanten Türme herausragen. Wir warteten kurz bis die aufgehende Sonne die Türme in ein orangenes Licht färbten - was für ein beeindruckender Anblick - und stiegen wieder ins Auto, um zum Start des Trails zu fahren. Kurz hatte ich Bedenken bezüglich der heutigen Wanderung, denn bereits nach kurzem Verlassen des Fahrzeuges war ich komplett durchgefroren. Na das kann ja was werden!

Torres del Paine Nationalpark

Am Einstieg zum Trail gab es noch kurze Anweisungen durch die Guides und eine insgesamt 14-Köpfige Gruppe (inklusive 3 Guides) setzte sich in Bewegung. Es ging durch eine Art Steppe immer stetig ansteigend durch ein Tal, über einen windigen Pass und anschließend in einen Wald hinein. Meine Bedenken bezüglich der Temperaturen waren recht schnell verflogen, durch die stetige Bewegung, die aufkommende Sonne und geschützt durch 4 Lagen war die Behaglichkeit durchaus gegeben und man konnte sich ohne Probleme durch die Landschaft bewegen. Auch war unsere internationale Gruppe in guter körperlicher Verfassung und in recht ähnlichem Tempo unterwegs, was die ganze Wanderung sehr harmonisch und homogen ablaufen ließ.

Nach 3,5 Stunden war es dann an der Zeit, die Steigeisen unter die Schuhe zu schnallen, denn der letzte Abschnitt sollte über allerlei Schnee, Eis und grobes Gestein recht steil zur Lagune am Fuß der Türme gehen. Der letzte Part des Aufstieges war tatsächlich recht anstrengend und man musste stetig darauf achten, wohin man den nächsten Schritt setzt. So ging es dann nochmal eine Stunde in mäßigem Tempo und mit voller Konzentration bis zum Ziel der Wanderung auf ca. 900 m Höhe über teils unwegsames Gelände. Kurz vor Ziel sah man die Türme schon hinter den Felsen hervorragen und man hatte einen ersten kurzen Eindruck davon, welcher Naturgewalt man hier gleich gegenüberstand. Als sich der Vorhang aus Fels und Gestein anschließend endgültig lichtete und man einen ungehinderten Blick auf Lagune und die Wahrzeichen des Nationalparks hatte, kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Was für ein Panorama, was für ein Monument, was für eine Kulisse - und das alles bei Kaiserwetter. Einfach nur unglaublich schön und mehr als beeindruckend!

Torres del Paine

Man war noch gar nicht recht fertig mit Staunen, da wurde ich durch ein kurzes Geräusch und ein Kopfnicken von einem der Guides darauf hingewiesen, meinen Blick nach oben zu richten, denn ein Condor segelte über die Lagune. Was für ein Anblick und in dem Moment ganz klar noch das Tüpfelchen auf dem i.

Der König der Anden mit einer Flügelspannweite von teilweise über 3 Metern kann bis zu 5 Stunden zwischen den Gipfeln segeln ohne auch nur ein einziges Mal mit den Flügeln zu schlagen. Möglich macht dies wohl die Fähigkeit des Tieres, verschiedene Winde, Strömungen und Thermik in unterschiedlichen Farben visualisiert wahrzunehmen. Was für ein majestätisches und beeindruckendes Lebewesen.

Insgesamt fast 2 Stunden verbrachten wir in der Lagune, der Anblick dieser gewaltigen Felswand verlor auch nach ausgiebigem Betrachten nichts von seiner Faszination. Das Ausmaß dieser Giganten kann das Gehirn nur schwer einordnen, da es an Bäumen oder ähnlichem Werkzeug zur Skalierung fehlt. Steht man am Ufer der Lagune, so blickt man auf eine fast 2.000 m hohe Wand aus Gestein. Einfach überwältigend!

Die Granitspitzen

So langsam wurde es Zeit, wieder ins Tal zurückzukehren und nach einem letzten Blick zurück (ich konnte mich nur schwer von diesem Ort lösen) machte man sich auf den Rückweg. Dieser verlief entspannt und ich erfreute mich noch an dem ein oder anderem Ausblick, bevor man nach fast 11 Stunden und in Dunkelheit wieder am Startpunkt der Tour ankam.

Alles in allem ein perfekter Tag und eine sehr angenehme Gruppe. Das hat richtig Spaß gemacht. Mein Dank gilt auch nochmal den Guides, die mit ihrer humorvollen Art und Fachkompetenz stets ein verlässlicher Ansprechpartner waren. Gracias!

Unsere Gruppe für die Tour

Am nächsten Tag war mein eigentlicher Plan, mit dem Bus nochmal in den Park zu fahren, um die Los Cuernos (die Hörner) zu sehen, ein beeindruckender Fels und einer der imposanten Landmarks im Park. Da es aber unmöglich war, einen öffentlichen Bus oder eine andere bezahlbare Möglichkeit in den Park zu bekommen, vertrödelte ich den Tag in der Stadt und entschied mich einen Tag länger zu bleiben, um nächsten Tag nochmal mein Glück zu versuchen.

Auffällig in Patagoniens Ortschaften und hier in Puerto Natales extrem: die Anzahl der Straßenhunde. Ständig und überall unzählige Hunde, man hat im Prinzip immer einen Begleiter. Fast alle sind super entspannt und lieb, einige von den Kollegen haben aber auch durch ein ausgeprägtes Revierverhalten die Angewohnheit einen lautstark und aggressiv anzubellen. Das kann recht anstrengend werden und gerade nach Einbruch der Dunkelheit zog ich es vor, in der Mitte der Straßen zu laufen um einen Überblick zu behalten. Mehr als Einmal stand ich auf einmal vor einem der kläffenden Gesellen, das kann einem schon einen ordentlichen Schrecken einjagen, gerade wenn man die Begegnung erst im letzten Moment wahrnimmt.

Zurück zum Vorhaben “Los Cuernos”: da es tatsächlich keine andere Möglichkeit gab, die Hörner anzufahren, beschloss ich, mich einer kleineren Gruppe anzuschließen, die verschiedene Punkte im Park anfuhr und wo man von da aus dann kurze Wanderungen unternehmen konnte.

Im Nationalpark

Der Tag verlief entspannt und es konnten diverse Lagunen, Wasserfälle, Gletscher, Seen und eine Höhle besichtigt werden. Alles recht interessant und schön anzusehen, allerdings meinten es Los Cuernos heute nicht gut mit mir und egal an welcher Stelle im Park: die dichte Wolkendecke um den Fels gab die Sicht leider nicht frei und ich konnte die imposante Formation nur erahnen. Macht nichts, war trotzdem beeindruckend und das Wetter ist nun mal und gerade in solchen Regionen ein Faktor, der sich (glücklicherweise) nicht beeinflussen lässt. Nach 3 ereignisreichen Tagen ging es am Abend dann nach 2 Bierchen zufrieden und aufgeregt ins Bett. Denn am nächsten sollte es direkt weitergehen und ich war gespannt, welche Abenteuer hier unten noch auf mich warten.

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