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Desert sessions La Serena-San Pedro de Atacama-Arica

Veröffentlicht: 02.04.2023

Kaum zu glauben, aber Mr. „ich-plane-alles-in-letzter-Sekunde“ hat es tatsächlich irgendwie noch hingekriegt eine kleine Weintour zu organisieren. Eigentlich hätte ich ja ins (wunderschöne und v.a. für den Vino Blanco bekannte) Casablanca Valley gehen wollen, habe es aber letzten Endes nicht einmal aus Santiago geschafft…Tja, so viel zum Thema Planung…Mein Unorganisiertsein wurde aber mehr als entschädigt, denn in Santiago befindet sich das älteste Weingut Chiles (für alle Önologen, Weinliebhaber und/oder Freude des gepflegten Alkoholismus: Die Rede ist natürlich vom 1546 gegründeten Viña Cousiño Macul [wer kennt‘s nicht :)]). Erwartungsgemäss wurde uns…Trommelwirbel…Wein (sehr guten sogar) ausgeschenkt und ein paar Snacks (Chäs u Schoggi u so Gschmöis) zum Thema Weinpassung aufgetischt. Irgendwie mag ich diese Weintouren ja, aber wenn ich ehrlich bin, läuft es eigentlich immer in etwa aufs Gleiche hinaus: Am Anfang sind alle noch einigermassen wissbegierig und diskussionsfreudig. Die Eloquenz und der ganze Erfahrungsschatz (gewisser Teilnehmer), der dabei immer wieder zum Vorschein tritt, ist wirklich bemerkenswert. Stellenweise könnte man dabei fast den Eindruck bekommen, dass die Leute echt daran interessiert sind, wie der Wein hergestellt wurde und wie die ganze Geschichte dahinter aussieht:). Aber ganz ehrlich: die meisten wollen doch einfach nur Spassgranaten in die Leber mösern/Krawallbrausen hinter die Fresspappe kippen/einen in den Damm biebern oder sich volley einen reinschmettern:):). Nun gut, so viel zu meiner kleinen Sozialstudie über Eskapismus (der Ausdruck würde gewissen Teilnehmer sicher gefallen:)) und Weindegustationen…Weil ich prinzipiell kein Freud des Highlight-Hoppings (=Torres del Paine/Santiago/Atacama-Wüste) bin, entschied ich mich für einen Zwischenstopp in der rund 470 km nördlich befindlichen Stadt La Serena.

La Serena (17.3-20.3)

La Serena ist die zweitälteste (1543) und womöglich gottesfürchtigste Stadt (es gibt läppische 29 Kirchen!!) des Landes. Tja, da scheinen sich ein paar eifrige Missionare wohl wieder einmal kräftig ins Zeug gelegt zu haben…Mit all den mehr oder weniger einladenden weissen Sandstränden ist L.S. v.a. bei Einheimischen als Touristenziel beliebt. Rund 6 km östlich der Stadt befindet sich das Valle Elqui. Das vom Rio Elqui gespiesene Tal wirkt wie eine Oase inmitten der sonst sehr kargen und trockenen Wüstenlandschaft. Das hier vorherrschende Klima (300 Sonnentage!!) und der fruchtbare Boden, bilden die optimale Grundlage für den Anbau verschiedenster Obst- und Gemüsesorten (Aprikosen, Orangen, Avocado etc.). Aufgrund zahlreicher Quarzvorkommen (denen angeblich heilende Kräfte nachgesagt werden) wird das Tal gerne auch als Esoterikzentrum (es gibt hier etliche Gesundheitszentren, in denen Meditation, Yoga, Reiki, Massagen und andere alternative Heilpraktiken angeboten werden) Chiles bezeichnet. In den 80er Jahren haben sich Philosophen, Aussteiger und Hippies im Elqui-Tal niedergelassen. Die sogenannte New Age Bewegung hat sich gebildet. Selbst UFO-Anhänger (Hola Erich:)) pilgern immer wieder mal gerne durch’s Tal. Angeblich sollen hier schon öfters UFOs gesehen worden sein oder sogar Aliens unter den Menschen leben. Hmm, klingt doch irgendwie sehr glaubhaft oder, dazu hier noch eine kleine Anekdote: Vor ein paar Jahren soll hier angeblich ein UFO abgestürzt sein. Genaueren Untersuchungen zufolge handelte es sich bei den Wrackteilen jedoch um Überreste eines abgestürzten Satelliten (...was nicht minder absurd ist…). Back to reality, das eigentliche Herzstück dieser Region bildet der Weinanbau, denn das Valle Elqui (nördlichste Weinanbaugebiet Chiles) ist v.a. bekannt für die Pisco-Herstellung. Solltet ihr tatsächlich noch nie davon gehört haben: Pisco ist ein Weinbrand und schmeckt (unvermischt) in etwa so wie Grappa. Pisco Sour (Pisco, Zitronen- oder Limettensaft, Zuckersirup und Eiweiss) ist DAS Nationalgetränk in Chile (…und Peru). Die beiden Nationen streiten sich im Übrigen seit jeher darüber, wer‘s denn nun eigentlich erfunden hat…Tja, irgendwie bin ich auch nicht wirklich schlauer geworden, je nachdem wenn und wo man fragt erhält man andere Antworten. Im Weiteren haben sich in der Region eine Handvoll international bedeutender Weltraumobservatorien niedergelassen. Angeblich soll’s hier den klarsten Sternenhimmel der Welt geben :). So viel mal zu den allgemeinen Hintergrundinfos zu L.S. und Umgebung. Um der Rastlosigkeit der vergangenen Tage etwas entgegenzuwirken, war’s eigentlich ursprünglich mein Plan hier ein paar Tage die Seele baumeln zu lassen und NICHTS zu tun. Als Betroffener der allseits grassierenden FOMO-Epidemie, kam aber natürlich wieder einmal alles anders als geplant. Als ich im Hostel ankam, stellte ich nämlich zu meiner Überraschung fest, dass allerlei spannende Aktivitäten (u.a. Whale-Watching, Sternegucken und Elqui-Tal besuchen) angeboten werden. Entflammt von den spektakulären Walbegegnungen in der Antarktis, buchte ich gleich am ersten Tag eine Whale-Watching Tour (Reserva Marina Isla Chañaral). Und OMG, die Tour war wirklich der „füdleblutt“ Wahnsinn“!!! Entgegen meiner Erwartung (= mit etwas Glück kann man in weiter Ferne so etwas wie Umrisse von Walflossen ausmachen), war dies das mit Abstand beste Whale-Watching, das ich jemals gemacht habe!! Dutzende Finnwale (?) tummelten sich ums Boot herum und kamen stellenweise so nahe heran, dass man sie fast hätte berühren können (siehe Fb-Video). Auch der darauffolgende Abstecher zur Isla Chañaral war absolut spektakulär. Noch heute kriege ich Gänsehaut, wenn ich an die imposante Geräuschkulisse all der Seelöwen (es waren Hunderte!!) zurückdenke!!

Ferner habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen das Elqui Tal zu erkunden und dabei eine Pisco-Destillerie zu besuchen. Bei der Lektüre unterschiedlichster Reiseberichte, könnte man schnell den Eindruck erlangen, dass der Besuch des Elqui Tals zum absoluten Pflichtprogramm jeder Chilereise gehört. Diesen Eindruck kann ich so leider nicht teilen. Klar, der Besuch der Pisco-Destillerie war natürlich unterhaltsam (und ziemlich feuchtfröhlich) aber landschaftlich gesehen hat mir das Casablanca Valley (durchquert man wenn man von Santiago nach Valparaiso reist) mit all den Rebbergen viel besser gefallen. Gleichentags habe ich übrigens noch eine Sternenguck-Tour in Vincuña gebucht. Hierzu sollte ich vielleicht noch erwähnen, dass mich das Thema Astronomie/Kosmos etc. schon von Kindesbeinen an immer sehr fasziniert/begeistert hat. Dementsprechend hoch waren auch die Erwartungen/Hoffnungen für die Tour. Ehrlich gesagt war ich letztlich dann aber etwas enttäuscht von der ganzen Chose. Mit den zur Verfügung gestellten Teleskope konnte man lediglich mehr Punkte (angeblich Galaxien, Gasnebel etc.) am Sternenhimmel sehen. Klar, wenn man sich dabei die ganzen Dimensionen vor Augen hält und sich ein bisschen von der Fantasie beflügeln lassen würde, wäre es natürlich schon irgendwie spektakulär. Ich weiss auch nicht genau woran es gelegen hat (…womöglich an der Piscodegustation), aber die klassische Art den Sternenhimmel von blossen Auge zu betrachten (obschon‘s mitnichten der klarste Sternenhimmel war, denn dafür waren wir meiner Meinung nach einfach zu wenig weit von der Stadt entfernt) hat mir wesentlich mehr zugesagt.

San Pedro de Atacama (21.3-27.3)

Die rund 15 Mio. Jahre alte Atacama-Wüste erstreckt sich über eine Distanz von 1200 Km und gilt als trockenste (Küsten-)Wüste ausserhalb der Polarregionen (der trockenste Ort der Welt ist übrigens das McMurdo-Trockental in der Antarktis!!). In gewissen Regionen wurde über Jahrzehnte hinweg kein Niederschlag registriert. Die Temperaturen der Atacama unterliegen sehr großen Schwankungen. Tagsüber kann das Thermometer auf mehr als 30 Grad Celsius klettern. Die nächtlichen Temperaturen fallen bis unter -15 Grad. Ich weiss ja nicht wie‘s euch geht, aber wenn ich an eine „klassische“ Wüste denke, kommt einem vielleicht so etwas wie die Saharawüste (immergleiche Sanddünen, Kamele, Beduinen etc..) in den Sinn. Die Atacama-Wüste hingegen zeigt sich in einem komplett anderen Erscheinungsbild. Man bewegt sich in einer Umgebung von surrealen Mondlandschaften, bizarren Felsformationen, ausgetrockneten Salzseen, malerischen Lagunen (in allen möglichen Farben und Formen), aktiven Vulkane u.v.m. Nicht selten hat man dabei das Gefühl auf einem anderen Planeten zu sein!!! Ich habe mich für einen längeren Aufenthalt in San Pedro entschieden, weil mir im Vorfeld berichtet wurde, dass von dort aus allerhand spannende Ausflüge gemacht werden können. Tja, als ich mich ein bisschen im Städtchen umgesehen habe, wurde mir schnell mal klar, was damit gemeint war. Nicht weniger als 50 (grobe Schätzung, kommt aber in etwa hin) Agenturen bieten auf engstem Raum (99.9% davon befinden sich auf dem rund 600 Meter langen Hauptsträsschen) die mehr oder weniger gleichen Touren an. Ja ich weiss, selbst bei der blossen Vorstellung davon, könnte einem übel werden. Der derzeitige Spitzenreiter im Bereich „Superobertouriort“ (Pucón) wurde damit mit Leichtigkeit vom Thron gestossen:) Und dennoch, irgendwie ist dieses kleine, quirlige Städtchen aussergewöhnlich charmant. Wer mich kennt (und vielleicht schon einmal das Vergnügen/Pech hatte mit mir in ein Restaurant zu gehen…) weiss, dass Entscheidungsfreudigkeit wahrscheinlich nicht zu einer meiner grossen Stärken gehört. Jetzt könnt ihr euch in etwa vorstellen, wie ich mich in diesem Meer von Angeboten gefühlt habe. Weil ich mit der Situation dermassen überfordert war, habe kurzzeitig überlegt einfach alles auf eigene Faust (mit einem Mietauto) zu erkunden (natürlich auf das Risiko hin, irgendetwas Wichtiges zu verpassen, Fuck you FOMO!!). Letzten Endes wurden’s dann sage und schreibe 8 Touren (die ich mir der Übersicht halber feinsäuberlich in den Kalender eintragen musste)!!! Ich habe dabei verschiedenste Lagunen (Laguna de Baltinache, Cejar Lagune, Lagunas Altiplanos), Täler (Valle de la Luna, Valle de Arcoiris aka Rainbowvalley) und Geysire (Tatio Geysiere, mit über 4200 Meter das höchste Geysierenfeld der Welt) besucht, eine kleine Velotour gemacht, mich ein weiteres Mal im Sternengucken versucht (war ein totaler Reinfall, da es bewölkt war und man nix sah:)) und bin einen weiteren Vulkan (Cerro Toco, 5604 m) hochgekraxelt. Letzteres war sicherlich eines meiner Highlights in Atacama!!! Da ich schon in Bolivien mit der Höhe zu kämpfen hatte (vielleicht erinnert ihr euch noch an die Inkatreppe des Todes…), hatte ich grosse Bedenken, ob ich’s wirklich schaffen könnte. Aber im Gegensatz zu anderen (wir waren zu viert unterwegs und eine Teilnehmerin litt unter argen Verdauungsproblemen und Übelkeit) gelang mit der Aufstieg ohne grössere Schwierigkeiten. Ganz ehrlich, ein kleines bisschen stolz habe ich mich dabei schon gefühlt:):). Vielleicht zu guter Letzt noch ein paar Worte/Gedanken zu der ganzen Tourengeschichte. Es gibt Ganz- und Halbtagestouren, wobei Letztere zum Teil schon um 04:30 Uhr (die Geysierentour) beginnen. Hierzu noch ein kleiner Funfact: da man in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hat mit verspäteten/nicht aufgetauchten/verkaterten/sich übergebenden Touris, sind sämtliche Pubs/Bars in der Stadt nur noch bis 1 Uhr geöffnet. Tourenausflüge bedeuten also in etwa: wenig Schlaf, wenig Flexibilität bei mitunter ziemlich genervten Guides (v.a. wenn während der Tour von gewissen Tourteilnehmer aka Fomo Barello ausserordentliche Fotostopps gefordert werden), wenig Hunger (je nach Tour gibt‘s standardmässig Frühstück, Mittagessen und/oder ein Apéro), viel Infos und viele Leute kennenlernen. Klingt ja eigentlich im Grossen und Ganzen gar nicht so schlecht oder? Trotzdem hatte ich die ganze Zeit irgendwie den Drang die Gegend selbst zu erkunden und ein Auto zu mieten. Da ich aber leider schon viel zu früh alles vollgeplant habe und die Automiete auch nicht gerade supergünstig gewesen wäre, habe ich mich dann aber schweren Herzens dagegen entschieden. Im Nachhinein betrachtet hätte mir den Aufenthalt aber dadurch wesentlich flexibler und entspannter gestalten können. Nichtsdestotrotz, die paar Tage in der Wüste waren wirklich super und werden mir hoffentlich noch lange als aussergewöhnliches Erlebnis in Erinnerung bleiben (siehe Fotos)!!!

Arica (28.03-02.04)

Mein lange gehegter Wunsch endlich wieder einmal ein paar erholsame Tage einzulegen (v.a. nach dem absurden Tourenmarathon in der Atacamawüste), bin ich nun endlich in Arica nachkommen. Arica oder „die Stadt des ewigen Frühlings“ (es regnet quasi nie, ich bin immer noch in der Wüste) ist die nördlichste Stadt Chiles (liegt praktischerweise am Meer:)) und ist somit nur wenige Kilometer von der peruanischen Grenze entfernt. Das Stadtbild ist geprägt vom überaus imposanten Morro de Arica (geschichtsträchtiger Berg/Sandhügel [Stichwort Salpeterkrieg]). Obschon ich meinen Bewegungsradius bewusst sehr klein gehalten habe, habe ich es trotzdem nicht ganz geschafft nichts zu tun. Nebstdem ich mir in der Stadt und am Strand (der aus mir unerfindlichen Gründen wie ausgestorben war) etwas die Beine vertreten habe, habe ich den Morro de Arica erklommen (war saumässig anstrengend, dafür wird man mit einer tollen Aussicht auf die Stadt und den Hafen belohnt) und habe die Cuevas de Anzota besucht. Letzteres war wider Erwarten unglaublich spektakulär!! Die Cuevas (gigantische Höhlensysteme, die vor rund 9000 Jahren von der Chinchorros [Ureinwohner] genutzt wurden) sind umgeben von schroffen Klippen und felsigen Küstenabschnitten. Währenddem ich mich durch diese unwirkliche Landschaft bewegte, knallten meterhohe Wellen wie lauter Donner gegen die Felsklippen. Nur wenige Meter über mir kreisten dutzende Truthahngeier (sehen irgendwie furchteinflössend aus und können dank ihrer grossen Flugspannweite für lange Zeit ohne Flügelschlag in den Luftströmungen zirkulieren). Am Strand lagen zahlreiche, tote (halb verweste) Seelöwen, die der Vogelgrippe zum Opfer gefallen sind. Dieser Ort hat mir wieder einmal eindrücklich vor Augen geführt, wie mächtig, wild und brachial die Natur manchmal sein kann!!! Bevor ich mich definitiv von Chile verabschiedet werde, werde ich heute noch mal etwas ins Landesinnere (Lauca Nationalpark) vorstossen. Aufgrund der Unruhen und Proteste in Peru (obschon‘s mittlerweile schon wieder viel besser sein soll) habe ich mich schweren Herzens entschieden nicht nach Peru zu gehen (keine Angst, ich komme sicher wieder zurück:)). Stattdessen werde ich in den nächsten Wochen Equador bereisen.  Mit den Galapagosinseln erwartet mich ein weiteres Highlight!! Ich freue mich darauf noch mehr Tierchen (aus nächster Nähe) sehen zu können!!

Stay tuned!!

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