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Die Reise in die Antarktis oder ein Versuch der Wiedergutmachung…und noch ein bisschen mehr zum Ende der Welt Ushuaia-Antarktis-Ushuaia

Veröffentlicht: 22.02.2023

Die Reise in die Antarktis (09.02-18.02)

Die Sache mit Chile war ja dann wohl offensichtlich gelogen….Eine Lüge mit folgenschweren Konsequenzen, wie sich bald nach meiner Rückkehr aus der Antarktis herausstellen sollte. Die Tatsache, dass ich niemanden von meinem abenteuerlichen Antarktistrip erzählt habe (es sollte doch eigentlich eine Überraschung sein..) und dann einfach plötzlich mehr als 10 Tage (vermeintlich in Chile reisend) nicht mehr zu erreichen war, hat höchste Besorgniswellen geschlagen und hatte überbordenden Aktivismus zur Folge. Familie und Freunde sind nämlich (verständlicherweise) davon ausgegangen, dass mir etwas zugestossen sein könnte (= Handydiebstahl, Entführung, Unfall, Tod), was dazu führte, dass diese die Polizei und Interpol (!!!) eingeschaltet haben und wegen mir einige schlaflose Nächte verbringen mussten. Ich habe es den Betroffenen (aka CSI Bern) schon persönlich gesagt, werde es aber nochmals tun: ES TUT MIR LEID, ES KOMMT NICHT MEHR VOR, VERSPROCHEN !!! Aber das Coole am Nicht-Totsein (bzw. an der Wiederauferstehung #Jesus) ist doch, dass ich jetzt quickfidel darüber berichten kann, wie ich überhaupt auf die irrwitzige Idee kam in die Antarktis zu reisen….Und ja, natürlich werde ich euch auch von der Expedition berichten.

Vielleicht könnt ihr euch noch daran erinnern, wie ich über die Zombiegeisterstadt Neuquén abgelästert habe…Rückblickend hatte der dortige Aufenthalt aber trotzdem etwas Positives. Wie es der Zufall wollte, bin ich nämlich damals im Hostel auf eine Travelerin gestossen, die mir begeistert über ihre Reisepläne von der Antarktis berichtete. Es sei schon immer ein Traum von ihr gewesen einmal im Leben in die Antarktis zu gehen und nun stehe sie ganz kurz bevor, sich diesen Wunsch endlich erfüllen zu können. Ich war ehrlich gesagt zunächst etwas verwirrt und dachte mir, dass sie mir da gerade irgendeinen Bären aufbinden will. Bis anhin bin ich nämlich stets davon ausgegangen, dass lediglich ein paar hochambientionierte Polarforscher (und allenfalls irgendwelche durchgeknallten Superreiche) die Möglichkeit haben, dorthin zu reisen. Aber nein, weit gefehlt, es werden tatsächlich regelmässig (mehr oder weniger lange und teure) Ausflüge für Normalsterbliche angeboten, wobei das Angebot von primitiven Segelschiffen, bishin zu überdimensionierten Kreuzfahrtschiffen (die meiner Meinung nach eigentlich nichts in der Antarktis zu suchen haben sollten) reicht. Die Inception war geglückt, der Keim der Neugierde war tief in mir gesät. Die Vorstellung selbst in die Antarktis zu reisen, liess mich von da an einfach nicht mehr los. In meiner Fantasie sah mich schon auf einem Schiff dorthin segeln :) Aber trotzdem, zunächst war ich noch hin- und hergerissen. Soll ich es wirklich machen ? Ein kleines bisschen wahnsinnig/absurd ist’s ja schon, aber ist es nicht genau das, wonach ich auf meiner Reise gesucht habe ? Ja oder nein ? Letztlich obsiegte meine Neugierde und Abenteuerlust und ich dachte einfach, „fuck, let‘s do it“ , es ist so eine „once-in-a-Lifetime“ Geschichte (sorry für die Anglizismen, ich glaube es kommt davon, dass ich seit Monaten hauptsächlich englisch spreche ;))!! Sicherlich denkt ihr euch jetzt, dass ich dafür ein halbes Vermögen hingeblättert habe. Tja, das ist natürlich immer im Auge des Betrachters und gegen oben (je nach Luxusansprüchen und Zeitdauer) können die Preise tatsächlich astronomische Dimensionen (= 15-25 Tausend USD oder noch mehr) annehmen. Ich habe für den Trip (rund 5 Tage Hin- und Rückreise, sowie 4 Tage auf der Antarktis bzw. auf dem Zipfel der nördlichen Halbinsel) 4’400 USD bezahlt, was keinesfalls billig ist, in Anbetracht all der unvergesslichen Erlebnisse, trotzdem aber noch einigermassen angemessen erscheint. Nur als kleine Randnotiz: Es handelte sich um ein „Sonderangebot“ bzw. einen „Deal“, den ich bei der Agentur „Freestyle Adventure Travel“ gebucht habe (es gibt zahlreiche andere Anbieter, diese wurde mir empfohlen und die ganze Crew hat ihre Sache wirklich hervorragend gemacht!!) Sollte es unter den Lesern tatsächliche ein paar verrückte Nachahmer geben, könnt ihr euch gerne die Angebote auf der folgenden Website anschauen: https://freestyleadventuretravel.com/ Nun gut, so viel mal zur ganzen Entstehungsgeschichte… :)

Tag 1

Ach wie habe ich mich auf diesen Tag gefreut (nicht zu letzt auch weil ich die vorderen Tage mehr oder weniger regungslos im Hostel ausharren durfte [ihr erinnert euch an die fiese Erkältung und so…] und ich mich nun endlich wieder etwas besser fühlte). Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich jemals eine Expedition in die Antarktis machen würde. Aber nun war es tatsächlich endlich soweit!! In voller Vorfreude wartete ich am Hafen von Ushuaia und war bereit mein bisher grösstes Abenteuer in Angriff zu nehmen:):). Nach einer freundlichen Begrüssung (inkl. Tourigruppenfoto ;)) und einem kleinen Willkommensgeschenk, durfte/musste ich erstmalig erste Bekanntschaften mit Mitpassagieren machen (…irgendwie kommt man da auch nicht drum herum, schliesslich muss man ja die nächsten 10 Tage mit diesen Leuten verbringen). Im Anschluss wurde man per Fähre zum vorgeankerten Hauptschiff gebracht. Für alle Nautik und Seeverkehrnerds: Beim Schiff, der „Ocean Endeavour“ (seit 1981 in Betrieb und seither mehrfach umbenannt und renoviert, seit 2014 unter den Namen „Ocean Endeavour“ unterwegs) handelt sich um eine Art Minikreuzfahrt-/ Expeditionsschiff mit Platz für 199 Passagiere und einer rund 120-köpfigen Crew (siehe dazu auch https://www.intrepidtravel.com/en/boats-ships/ocean-endeavour). Letztere hatte es übrigens wirklich in sich. Nebst einer kleinen Armada äusserst erfahrener Wissenschaftlern (u.a. Meeresbiologen, Ornithologen, Geologen, Historiker…), bestand die Crew mehr oder weniger aus Abenteurer, Weltenbummler und Adrenalinjunkies (ich denke dabei z.B. an die Kajakführer, aber auch an die Expeditionsfotografen, die z.T. schon für National Geographic gearbeitet haben), mit teils äusserst spannenden Biographien. Bereits das an Bord gehen war ein aussergewöhnliches Erlebnis für mich, schliesslich war ich zuvor noch nie auf einem Kreuzfahrt-/ Expeditionsschiff. Währenddem man durch die verschiedenen Schiffskorridore läuft, wird man nach und nach von der ganzen Schiffscrew begrüsst, kriegt einen Temperaturcheck und wird zu seiner Kabine begleitet. Alles scheint bis ins kleinste Detail durchorchestriert zu sein. Das Zimmer bzw. die Kabine ist entgegen meiner Erwartungen wesentlich komfortabler, als ich es mir vorgestellt habe. Ich teilte die Kabine übrigens mit einem Waliser, dessen englisch ich nur dank beharrlichem Nachfragen einigermassen entziffern konnte. (etwa so ähnlich wie Brad Pitt alias Mickey O‘Neil in Snatch). Beim weiteren Erkunden der Schiffsräumlichkeiten stiess ich schnell mal auf die Nautilus Lodge (quasi DER Haupttreffpunkt des Schiffes, in der alle wichtigen Info- und Unterhaltungsveranstaltungen durchgeführt wurden), wo mir ein Welcome-Drink überreicht wurde (ich wage zu bezweifeln, dass John Davis ähnlich luxuriös unterwegs war, als er als 1821 als erster Mensch den Südpol betrat, um Robben zu jagen ;)). Irgendwie erinnerte mich das ganze Prozedere an die Eröffnungssequenz von Titanic (ich musste übrigens während der ganzen Schifffahrt immer mal wieder an diesen Film denken…:) hmm Eisberge, ähnliche aussehende Schiffe, macht irgendwie Sinn oder...:)). Die Crewmitglieder waren durchwegs supersympathisch, kompetent und hilfsbereit. Dies gepaart mit der Tatsache, bald die Antarktis sehen zu können, machte mich in dem Moment so glücklich, dass ich die ersten paar Stunden einfach nicht anders konnte als vor mich her zu grinsen.:):)

Zunächst wurden wir über die Crew und die bevorstehende Expedition informiert, wobei schnell klar wurde, dass in der Antarktis vieles schlecht planbar ist (v.a. aufgrund schnell wechselnder Wetterbedingungen), wodurch in der Vergangenheit schon etliche Tagesausflüge abgesagt/abgebrochen werden mussten. In den 4 Tagen in der Antarktis waren insgesamt 8 Ausflüge vorgesehen (jeweils Vor-und Nachmittags, wobei man jeweils im Schlauchboot (oder mit dem Kajak, was aber extra gekostet hätte) unterwegs ist, aber auch die Gelegenheit hat einen Teil der vorgelagerten Inseln bzw. letztlich auch die Antarktis selbst, zu Fuss zu erkunden. Mit dieser Expedition besucht man im Übrigen lediglich den nördlichen Teil der antarktischen Halbinsel. Mit 13.5 km2 ist die Antarktis (der Kontinent selbst heisst übrigens Antarktika) rund anderthalb so gross wie Europa, weshalb die Erkundung südlicher Regionen mehrere Wochen in Anspruch nehmen würde. Wenn wir gerade schon bei den Fakten zur Antarktis sind: Rund 98% der Antarktis sind vom antarktischen Eisschild bedeckt, dass durchschnittlich 2.3 km dick ist (max. sogar bis zu 4.8 km) und in dem rund 70% der weltweiten Süsswasserreserven (Tendenz sinkend :(( ) gespeichert sind. Die Durchschnittstermperatur beträgt nahezu -50 Grad Celcius. Und zu guter Letzt: Es gibt tatsächlich aktive Vulkane (z.B. Mount Erebus) in der Antarktis!!!.

Nun gut zurück zur Expedition…:). In einem der Briefings wurden wir darüber informiert, dass die See in der Drake-Passage (quasi der Teil bei welchem der Atlantik auf den Pazifik knallt) sehr, sehr ungemütlich sein kann (Mr. Security hat natürlich vorgesorgt und sich vorsichtshalber schon mal ein paar Pillen gegen die Seekrankheit eingeworfen). Die ersten paar Stunden verbrachten wir aber vorerst noch auf den ruhigeren Gewässer des Beagle-Kanals (240 km langer, quer verlaufender Kanal, der Argentinien von Chile trennt). Im Verlauf des Abends kamen wir erstmals einen Buckelwal zu Gesicht :):), der mehrfach auf dem Wasser gesprungen ist, als hätte er dies speziell für uns einstudiert :):). Was für ein unglaublicher Anblick (v.a. weil dazu auch noch ein wunderbar kitschiger Sonnenuntergang serviert wurde)!! Was generell Tiersichtungen anbelangt, wurde man jeweils per Bordmikrophon informiert, was wiederholt dazu führte, dass die Aussendecks mit Schaulustigen überrannt wurden (klingt schlimmer als es tatsächlich war, denn die Leute haben sich doch recht gut verteilt). Zu fortgeschrittener Stunde bekamen wir erstmalig zu spüren, was mit der ungemütlichen See der Drake-Passage gemeint war. Die Wellen türmten sich meterhoch, das ganze Schiff schaukelte unaufhörlich und ich fühlte mich zunehmend schlechter.

Tag 2

Ich wachte schon relativ früh am Morgen auf (trotz Schaukelbewegungen habe ich nicht wirklich gut geschlafen). Aufgrund der mittlerweile ziemlich heftigen Dauerschaukelei, wurde das Duschen zu einer echten Herausforderung. Es fühlte sich so an, als hätte ich am Vorabend zu tief ins Glas geschaut (was übrigens nicht der Fall war, jedenfalls nicht an diesem Abend…:)) und kräftig eine aufs Maul bekommen. Kurz, etwas unangenehm. Währenddem ich durch die engen Schiffskorridore torkelte, hatte ich zunehmend den Eindruck, dass ich plötzlich in Ohnmacht fallen würde !! Übel war mir glücklicherweise nie und doch fragte ich mich, ob bzw. inwiefern die Pillen wirklich etwas brachten. So viel zu meinem allgemeinen Wohlbefinden während der Überquerung der Drake-Passage…

Über die ganze Expedition hinweg gab es immer wieder mehr oder weniger spannende Vorträge zu allen möglichen Themen (z.B. über die dort vorherrschende Tierwelt, ggw. Umweltschutzbestrebungen und natürlich allerlei Infos zur Antarktis selbst). Weiterhin wurde uns das Citizen Scientist Programm nähergebracht, in welchen man als Passagier Teil der hiesigen Forschungsarbeiten werden kann (z.B. indem man hilft die Phytoplanktonkonzentration zu messen oder indem man haufenweise Rückenflossen von Walen fotografiert [die Rückseite der Rückenflosse der Buckelwale ist in ihrer Musterung einzigartig, ähnlich eines menschlichen Fingerabdrucks], zwecks Tracking und weltweitem Vorkommen). Letztlich geht es darum, dass man den Forschern hilft Daten zu sammeln, da Letzteres jeweils sehr kostspielig ist. Obschon ich natürlich alles sehr spannend und unterstützenswert fand, habe ich nicht daran teilgenommen (fragt mich nicht wieso…). Das Dauerschaukeln hielt weiterhin an und mein Organismus schien sich irgendwie nicht so richtig daran gewöhnen zu wollen. Währenddem andere Passagiere davon kaum etwas zu spüren bekamen, mussten sich andere wiederholt übergeben. Ich spürte v.a. einen Dauerschwindel, litt unter grauenhaften Kopfschmerzen und hatte stellenweise Sehschwierigkeiten. Ich versuchte möglichst viel aufs offene Deck zu gehen und den Horizont zu fokussieren, da dies angeblich helfen soll die Symptome der Seekrankheit etwas zu mildern (nicht so bei mir…:((). Immerhin konnte ich aber dadurch einige gute Fotos unterschiedlichster Riesenvögel schiessen (ich glaube darunter war auch mindestens ein Wanderalbatross, der mit einer Flügelspannweite von über 3.5 Meter der grösste Vogel der Welt ist). Die Expeditionsführer meinten übrigens, dass wir uns glücklich schätzen können und der Wellengang ungewöhnlich mild sei für die Drake-Passage (ich will mir gar nicht erst vorstellen, was es heisst wenn dem nicht so ist !!!). Am Abend gab‘s ein Unterhaltungsprogramm in Form einer ziemlich gelungen Musik Live-Darbietung eines der Crew-Mitglieder.

Tag 3

Wir wurden darüber informiert, dass wir mittlerweile offiziell in antarktischen Gewässer sind (also im Südpolarmeer). Obschon sich der Wellengang mittlerweile etwas beruhigte, fühlte ich mich unverändert schlecht. Auf dem Tagesprogramm standen erneut verschiedenste Infoblöcke. Beispielsweise erfuhren wir, dass 1959 im Antarktisvertrag Regeln für die friedliche Nutzung und Forschung der Polkappe aufgestellt wurden. Seitdem gilt die Antarktis als das größte Naturschutzgebiet des Planeten (Danke Wiki :)) Wie wichtig und schützenswert der letzte entdeckte Kontinent (und die darin lebende Fauna) ist, wurde während der Expedition zigmal wiederholt. Nun ja, dass klingt ja alles mal schön und gut. Würde man in der restlichen Welt der Natur den gleichen Respekt entgegenbringen, hätten wir heute nicht mit unseren globalen (Umwelt-) Problemen zu kämpfen….Die Passion, mit der die verschiedenen Forscher über ihre Arbeit und Erlebnisse in der Antarktis (Fauna, Geologie, Historik) sprachen, war wirklich ansteckend und verstärkte die Vorfreude auf das Bevorstehende um ein Vielfaches !! Um Mitternacht konnen am Horizont erste Umrisse von (Eis-)bergen ausgemacht werden.

Tag 4

Ich war bereits um 05.00 Uhr wach und mache mich schnellstmöglich auf, aufs Deck zu gehen. Was ich dort zu Gesicht bekam, hat mir schlichtweg den Atem geraubt !!! Wir fuhren inmitten einer leicht in Nebel umhüllten Landschaft, umgeben von zahlreichen Eisbergen und Gletschern. In der Ferne konnte man ab und zu ein paar aus dem Wasser springende Pinguine sehen. Was für ein unvergesslicher, magischer Moment!!! Ich fühlte mich als wäre ich gerade auf einem anderen Planeten gelandet. Die unglaubliche Schönheit dieser bizarr-surrealen Welt, lässt sich nur schwer in Worte fassen. Die ganze Szenerie (die ungemütliche Drake-Passage war endlich überwunden) hatte eine ungewöhnlich beruhigende, ich würde sogar sagen, fast meditative Wirkung auf mich. Am Morgen machten wir dann endlich den ersten Bootsausflug. Das oben beschriebene Stimmung hielt natürlich an. Ich fühlte mich sprachlos, überwältigt und einfach unglaublich zufrieden. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wann bzw. ob ich mich überhaupt schon einmal so gefühlt habe in meinem Leben (trotz der Erlebnisse in Uyuni, Iguazu und dem Perito Moreno). Nachdem wir vom Ausflug zurückgekehrt sind, stand die Polar Plunge Challenge (aka Sprung ins Eiswasser)an. Für mich war von Anfang an klar, dass ich das machen würde. Ich fand’s ehrlich gesagt auch mehr lustig als schlimm, denn die Zeitdauer im Wasser ist schlicht zu kurz (bzw. der Adrenalinschock zu gross), als dass man wirklich realisieren würde, wie kalt es eigentlich ist. Danach ging ich sofort wieder aufs Deck, da ich möglichst wenig von der unbeschreiblich schönen Natur verpassen wollte. Man sah immer wieder mal Wale an die Oberfläche kommen. Am Nachmittag machten wir erstmals einen Ausflug aufs Festland (Inselchen), wo wir zahlreiche Gentoo-Pinguine zu Gesicht bekamen. Funfact: Es gibt so eine Art Pinguin-Highways (siehe Fotos) und wir wurden ausdrücklich darauf hingewiesen, den Pinguinen jeweils den Vortritt zu lassen :):). Die Wetterbedingungen waren zu diesen Zeitpunkt etwas ungemütlich (Wechsel zw. Schnee und Regen) und ich machte mir ständig Sorgen, dass meine Kamera dies nicht unbeschadet überstehen würde….(ich will nicht nochmals nach Paraguay….)

Tag 5

Ich erwachte erneut sehr früh am Morgen und ging zuallererst aufs Deck und war natürlich gespannt, welch wunderbare neue Landschaftskulisse (wir bewegten uns jeweils tagsüber und in der Nacht entlang der Inseln) mich diesmal erwarten würde. Mein Eindruck, in einer anderen Welt zu sein, hielt an (v.a. auch da die Wetterbedingungen super waren, was alles andere als selbstverständlich ist in der Antarktis). Am Morgen machten wir einen weiteren Ausflug zu einer Pinguininsel. Die Tiere in ihrem natürlichen Habitat beobachten zu können, ist wirklich eine aussergewöhnliche Erfahrung. Bevor wir wieder aufs Schiff zurückdurften, erfuhren wir zum ersten Mal was Biosecurity bedeutete. In den Tagen zuvor wurde uns wiederholt eingetrichtert, dass bei der Betretung bzw. beim Verlassen des Festlands höchste Hygieneregeln zu beachten seien, weil man tunlichst verhindern wolle, dass die ggw. grassierende Vogelgrippe auf den Menschen überspringe. Tja weil die putzigen Tierchen irgendwo ihre Notdurft verrichten müssen (was wirklich ungeheuerlich stank:)), bewegte man sich während den Landausflügen mehr oder weniger permanent durch Pinguinscheisse. Biosecurity hiess dementsprechend, dass wir uns gegenseitig den Pinguinkot von den Schuhen und Hosen wegschrubben mussten, bevor wir wieder zurück auf die Endeavour durften…leckerschmecker:):). Am Nachmittag machten wir eine Schlauchbootfahrt, wobei wir einige Robben (oder so…trotz Vorträge bin ich nach nicht vor in der Lage die Dinger zu unterscheiden :):)), eine neue Pinguingattung (aka Chinstrap- oder Zügelpinguin) und wunderbar surreale Eisbergformationen zu Gesicht zu bekamen. Am Abend tauchten erneut Wale ums Schiff herum auf und mir gelang endlich das erste Foto eines Wales :):). Falls ihr euch übrigens gefragt habt, wieso ich keine Bilder von den klassischen (grossen, farbigen) Pinguinen gemacht habe. Diese leben entweder viel weiter südlich auf dem Festland (Kaiserpinguine=grösste Gattung) oder tummeln sich auf anderen subarktischen Inseln (Königspinguine=zweitgrösste Gattung, sieht genau gleich aus wie der Königspinguin).

Tag 6

Am Morgen machten wir eine Bootsfahrt zum Damoy Point, einer britischen Forschungsstation, bei der ggw. sogar einige Forscher tätig waren. Könnt ihr euch vorstellen, dass die Leute draussen im Zelt übernachten. Wir machten ein Minitrekking zu einer weiteren Pinguinkolonie (ja ich weiss, schon wieder Pinguine…:):). Am Nachmittag fuhren wir zum Port Lockroy (Naturhafen), wo sich nebst Forschungsarbeiten die südlichste Poststelle der Welt befindet!! Ein Teil der Räumlichkeiten wurden in ein Museum umfunktioniert, dass in beeindruckender Weise zeigt, wie die Forscher früher dort gelebt bzw. gearbeitet haben. Mehrere Monate in nahezu vollkommene Abgeschiedenheit zu leben, stelle ich mir nicht gerade einfach vor. Psychologen nutzen diese Situationen übrigens immer mal wieder gerne aus, um genau dies (also die Auswirkungen längerer Isolation) besser zu untersuchen. Beim Debriefing am Abend erfuhren wir, dass es am Damoy Point zu einen Heiratsantrag kam. Tja, schien mir irgendwie nicht der schlechteste Zeitpunkt zu sein, zumal auch noch gerade Valentinstag war :):).

Tag 7

Wir hatten an diesem Tag erneut unglaublich Glück mit dem Wetter. Wir machten wiederum zwei Tagesausflüge, wobei v.a. der Letztere erwähnt werden sollte. Währenddem wir uns bis anhin „lediglich“ auf der Antarktis vorgelagerten Inseln (die in den Wintermonaten unter einer dicken Eisschicht verschwinden) bewegten, betraten wir mit dem Ausflug zum Portal Point erstmalig das eigentliche Festland der Antarktis. Die Landschaftskulisse war natürlich erneut phänomenal mit all den Eisbergen und Gletscherformationen (siehe dazu einfach die Bilder). Am Abend kam’s dann noch zu einem spektakulären Sonnenuntergang (inkl. zahlreicher Walsichtungen), den den letzten Tag in der Antarktis einfach perfekt gemacht hat!! Vielen Dank Antarktis, du warst unglaublich und wirst für mich für immer in Erinnerung bleiben!!! Im Verlauf des Abends näherten wir uns dann wieder der Drake-Passage und das ganze Geruckel fing leider wieder von vorne an….

Tage 8-10

Das unangenehme Gefühl der ersten Tage war leider wieder vollumfänglich zurück. Ich litt erneut unter Kopfschmerzen und Schwindel und fühlte mich irgendwie merkwürdig. Vielleicht bin ich auf die Pillen und Pflaster immun. Um die nicht seekranken Leute bei der Stange zu halten, gab es auch während der Rückreise erneut verschiedenste Vorträge, die ich aber aufgrund meines Zustandes nicht wirklich beanspruchen konnte. Auch an den Abenden gab es jeweils irgend ein Unterhaltungsprogramm. Ich habe es jeweils bevorzugt nach draussen an die frische Luft zu gehen, und mich so gut wie möglich abzulenken.

Zurück in Ushuaia

Nachdem ich glücklicherweise sämtliche Zweifel über mein angebliches Verschwinden bzw. meinen Tod aus dem Weg räumen konnte, durfte ich weitere zwei Tage/Nächte in Ushuaia verbringen, da es (wieder einmal) keine Busverbindungen nach Chile hatte. Die Seekrankheit hielt leider noch ein paar Tage an, weshalb ich versuchte, mich so wenig wie möglich zu bewegen.

Seit vorgestern bin ich übrigens WIRKLICH in Chile (Punta Arenas)! und werde heute noch nach Puerto Montt fliegen. Ich geb’s auf mit den Nicht-Fliegen- Versprechungen aber schaut euch mal auf Google Maps Chile an (Punta Arenas) und ob ihre eine schlaue Busverbindung findet (die nicht über Argentinien geht) Richtung Nordchile….


Ps: während meines ersten Aufenthalts in Ushuaia (also vor der Antarktisexpedition) habe ich es tatsächlich noch geschafft drei mehr oder weniger anstrengende Wanderungen zu machen (zwei davon übrigens im wunderbaren Parque Tierra del Fuego). Die Fotos dazu sind ausnahmsweise nicht chronologisch geordnet (sprich am Schluss).

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