Veröffentlicht: 09.11.2023
Ich habe sehr gut geschlafen und bin um 6 Uhr wach geworden. Das ist für manche früh, aber ich war ja auch früh im Bett und habe gestern ja so gut wie nichts gemacht außer Rumliegen. Ich habe meine Sachen gepackt und bin um kurz vor 7 raus. Da war die Besitzerin schon wach. Ich wollte eigentlich nur den Schlüssel abgeben, aber sie bot mir Kaffee, Kuchen und Brot an und da konnte ich nicht nein sagen. Nach der Stärkung bin ich mit guter Laune in den Weg gestartet. Der erste Weg war anstrengend, denn es ging fast 18km nur durch die Landschaft. Das war schon herausfordernd und hat einem viel abverlangt, aber ich habe den Weg in vollen Zügen genossen. Die Sonne kam auch durch und doch war mir heute erstaunlicherweise kalt. Im nächsten Ort habe ich kurz auf einer Bank eine kleine Pause gemacht und bin dann weiter. Bisher bin ich niemandem begegnet, wobei ich manchmal in der Ferne das Gefühl hatte, jemanden zu sehen. Auf dem weiteren Weg ging es wieder durch die Pampa. Das Gute war, dass es im Vergleich zum Beginn des Weges keine oder fast keine Steigung gibt. Sonst habe ich heute nicht so viel nachgedacht. Mein rechtes Bein hat auf dem Weg angefangen, ein wenig zu schmerzen. Aber ich habe mich nicht beirren lassen und bin weiter gegangen. In Moratinos hatte eine Bar auf und dort habe ich meine Pause mit einem Kaffee verbracht. Danach hatte ich noch 10km vor mir, die sich ein wenig gezogen hatten. Der Weg führte an einer Landstraße vorbei und war wieder sehr ruhig. In der Ferne sah ich einige Pilger, die ich aber nicht mehr eingeholt hatte. Im Zielort Sahagún angekommen habe ich meine Unterkunft Santa Cruz gesucht und gefunden. Sie wird von englischen Priestern geleitet und wirkt gemütlich. Für 7€ bekommt man ein Bett in einem 6-Bett-Zimmer und kostenloses Frühstück. Mehr kann man nicht erwarten. Nachdem ich geduscht habe, würde um 17Uhr noch ein Pilgercafé angeboten. Ich habe daran teilgenommen und neben dem Pfarrer noch vier weitere. Es gab Heißgetränke und Kekse und jeder sollte sich vom Tisch ein Symbol aussuchen. Dann hat jeder sich vorgestellt und erklärt, warum er den Weg macht und warum er das Symbol ausgewählt hat. Ich hatte mir das Symbol Zeit ausgesucht, weil ich auf dem Camino mir keine Gedanken machen muss, ob ich noch Zeit für dieses oder jenes habe. In meinem Alltag ist alles sehr durchgetaktet und wenn ich mich mit Freunden verabredet, dann wird es meist schwierig, weil jeder seine Termine und Verpflichtungen hat. Aber auf dem Camino habe ich genug Zeit und muss mir nur Gedanken machen, wo ich die Nacht schlafe und was ich esse. Das ist echt ein Luxus und ich versuche, dies in mein Alltag danach zu integrieren. Generell fällt es mir schwer, mich zu entspannen. Der Austausch hat mir sehr gut gefallen und ich finde es toll, wenn Herbergen sowas anbieten. Im Anschluss findet jetzt die Pilgermesse mit Segnung statt.
Die Messe wurde in Englisch und Spanisch gehalten und war mit 7 Personen schon zahlreich. Wir haben verschiedene Lieder gesungen und wurden mit eingebunden. Dann hat jeder in seiner Sprache die Pilgersegnung gelesen und jeder durfte ein Zitat aus der Bibel ziehen für den nächsten Tag. Ich fand die Messe sehr schön und bin generell begeistert von der Unterkunft. Normalerweise findet im Anschluss ein gemeinsames Essen statt, was leider heute nicht stattfindet, weil die Herberge nächste Woche in Winterpause geht. Nach der Messe habe ich meine Reste von gestern (Toastbrot, Tomatensauce, Erdbeer-Kiwi-Drink, Schokolade) gegessen und mich dann früh hingelegt. In der Herberge wurde noch gekocht und ich wurde auch eingeladen, aber ich entschied mich für mein Bett, da ich schon geschafft war vom Tag. Für morgen habe ich noch keine Unterkunft und das Problem ist, dass an dem Ort, wo ich morgen hingehen möchte, eine Herberge ist, wo man nicht reservieren kann. Aber ich vertraue darauf, dass ich da morgen etwas finden werde. Zur Not muss ich eine etwas teurere Unterkunft nehmen. Aber ich habe mir das Wetter angeschaut und es soll die nächsten Tage etwas wärmer werden und der Regen soll sich auch in Grenzen halten. Obwohl ich im Internet gelesen hatte, dass es hier sehr kalt sein soll, würde geheizt und man hat eine dicke Decke bekommen. So hab ich es mir bequem im Bett gemacht und hab mich schlafen gelegt.