Wolfgang Zander
Wolfgang Zander
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WÜRZBURG (1) - Ein von Liebe beseelter philosophischer Spaziergang als Prolog zur 7.Station

Veröffentlicht: 23.12.2020

Durchs größte Pfarrhaus Deutschlands, durch Würzburg möchte ich meine lieben Leserinnen und geschätzten Leser diesmal hindurchführen. Antiklerikale genauso wie Gläubige. Vom Glauben tief Beseelte wie lebenslang ihrem ideologisch durchtränkten Irr- und Aberglauben Hinterherhechelnde. Von moralischer, epigenetischer und wesenhafter Nullität im Moment der Geburt Ausgehende, genau wie die von der Vorsehung, in welcher Weise auch immer Begnadeten, Prädestinierten und Inspirierten.

Unglaublich dicht ist Würzburg mit schmucken und wunderschön zu besehenden Kirchen durchsät. Heller Glockenklang ist fast überall in der Stadt zu bestimmten Tageszeiten zu vernehmen. Und weihevoll, möchte man fast sagen, wirken Tun und Treiben in den Gassen und Straßen der Innenstadt, wo das Flanieren der Menschen in den Einkaufsmeilen einer Prozession damit gleichen mag, während die vielen Ausflügler und Touristen auf der Alten Mainbrücke wie Wallfahrer auf einem Pilgerweg wirken.

Mit der Phantasie des Reisenden darf man die im Grundriss einer Bischofsmütze gleichende Würzburger Innenstadt als Pfarrhaus betrachten. Ein vom fast genauso weihevoll dahinfließenden Main tangiertes Pfarrhaus, das, einem Bauplan von höherer Gnade entsprechend, punktgenau an die richtige Stelle in die vom Main ganz sanft eingeschnittene und lieblich damit wirkende Landschaft gesetzt worden ist. Ein Pfarrhaus, um den Eindruck dieses Bildes zu verstärken, das mit seinen zahlreichen Kirchtürmen und Kuppeln von exponierten Punkten wie der Festung Marienberg oder von den am nördlichen Stadtrand unterhalb des Bismarckwäldchens gelegenen Weinbergen ganz besonders herrlich zu betrachten ist.

Viele Kilometer sind zu Fuß dabei zurückzulegen, um die Stadt aus möglichst vielen Blickwinkeln betrachten oder ihre gegenständlichen Objektivationen ganz aus der Nähe beschauen zu können. Durch Gassen, über Plätze und die Straßen entlang zu spazieren und immer wieder nur in Anbetracht der Objektivation dann stehenzubleiben, innezuhalten und in tiefgreifender Weise zu staunen, um anschließend wieder, von unbeschreiblicher Neugierde getrieben und entflammt von der Lust zu entdecken, mit großer Leidenschaft und fast ebensolchem Tempo die Stadt selbst bei großer Hitze oder im strömenden Regen zu erkunden.

Bei prachtvollem Wetter dann im Sonnenschein durch die Weinberge zu den exponierten Punkten hinauf zu spazieren, hatte mir ganz besonders große Freude und ein erhabenes Glücksgefühl während meines Aufenthalts in Würzburg vermittelt. Als Freigeist, Schelm und Müßiggänger, als der ich, mit wunderbarem Blick auf die Stadt, durch die Weinberge wandelte. Als Schelm, der, seinem Schatten nachjagend, vergeblich den im Nacken sitzenden Schalk dabei einzufangen versucht. Als Freigeist und Müßiggänger zudem, die beide nur unterschiedliche Objektivationen und Erscheinungsformen der grundlos und absichtslos gegebenen, ewiglich und unabänderlich einmal seienden Wesenhaftigkeit des Reisenden und Aufsatzschreibers zu dieser Zeit hier gewesen sein mochten.

Erscheinungsformen jener eigentlichen und an sich gegebenen Wesenhaftigkeit, der mit angeborenem ethischen Kompass und intuitivem Sinn die gegenständliche Welt mit der epigenetisch formbaren Plastizität des Gehirns nach der individuell bedingten Auffassungsgabe und dem innewohnenden Vorstellungsvermögen nun erscheint. Begnadet, prädestiniert und in hohem Maße inspiriert, das auf einer Reise Wahrnehmbare und wahrnehmbar zu Entdeckende genau auf diese Weise wahrzunehmen und zu erleben, wie man es, von inneren Befindlichkeiten und äußeren Umständen ganz unabhängig, nun einmal wahrnimmt, entdeckt und erlebt.

Der verbreitete Irr- und Aberglaube unseres fortschrittsoptimistisch gesinnten, von sozialromantischem Weltverbesserungseifer ideologisch oft noch angetriebenen und götzenhaft dem Diesseitsgedanken ergebenen Zeitgeistes ist die Annahme einer Nullität im Moment der Geburt, wodurch alles Eigentliche und Wesentliche, vom sozialen und soziokulturellen Hintergrund umrandet, durch Sozialisation und Förderung und hier vor allem durch den Fetisch „Bildung“ vermittelbar wäre. Als ob Gnadenwahl, von tiefgreifendem Interesse und intrinsischer Motivation angefangen bis hin zu ihrer Krönung durch Inspiration und im allerbesten Falle Intuition, sich sozial- und bildungspolitisch produzieren ließe.

Weiter aber nur spaziert der Freigeist, Schelm und Müßiggänger durch die Weinberge wieder ins Pfarrhaus hinab. Von ebensolchen Gedanken geleitet und von Gefühlen erfüllt. Beseelt aber vom wahrscheinlich wesentlichsten, tiefsten und zutiefst intuitiven Gefühl, dem Gefühl der Liebe. Der Liebe zu all dem wunderschön Wahrnehmbaren. Dem reich Erlebten. Und der Liebe zu jenen ganz bestimmten Menschen, denen man in einer von der Vorsehung gegebenen Art verbunden ist und ein Leben lang auch verbunden bleibt, ob sie gegenständlich jetzt räumlich und zeitlich da sind oder auch nicht . . .

Mit dieser Liebe wandelt der Reisende, der Aufsatzschreiber, der Protagonist dieses Blogs hier als Freigeist, Schelm und Müßiggänger durch die Weinberge um Würzburg.

Mit dieser Liebe.

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