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Sobral: Familie, Mensch und Natur

Veröffentlicht: 25.02.2018

Rodoviária Fortaleza (Busbahnhof)

Am Samstag (24.2.) sind Ági und ich Mittags aus Fortaleza abgereist um ca 4 1/2 Stunden mit einem sehr komfortablen, klimatisierten Reisebus nach Sobral zu unserem Onkel Marci und seiner Frau Val zu fahren. 

Bereit für die nächste große Etappe: Sobral

Sobral ist eine Kleinstadt, etwa 235 km westlich von Fortaleza mit einer Einwohneranzahl von Heidelberg (150 000). Die Stadt erstreckt sich aber auf eine Fläche von 2 000 qkm, was vorallem mit der Bauart der Häuser zu tun hat. 

Schöne bunte Häuser in Sobral

Die Häuser sind meistens einstöckig, wenn überhaupt, klein, haben eine Mauer (hohe Einbruchsquote), ein Eisentor und meistens einen oder mehrere Wachhunde.

Sobral Armenviertel

Es gibt auch noch die gefürchteten Favellas, in denen die ärmsten der Armen leben. Als Tourist ist es kaum möglich in so ein Wohnviertel hineinzukommen, da die Favellas meistens von Drogenkartellen oder anderen Mafiabanden beherrscht werden und man nicht hineingelassen wird, ausgeraubt oder schlimmstenfalls tatsächlich getötet wird. 

Sobral ist ca 150 km vom Äquator entfernt, das macht sich vorallem im tropischen Klima bemerkbar, das sich aber deutlich von dem Regenwaldklima in Porto Velho unterscheidet. Trockne Luft, flimmernde Hitze, tagsüber fast 40 Grad, nachts so zwischen 25 und 30 °C. 

Ágnes und ich schliefen in einem kleinen Zimmerchen mit ar condicionado (Klimaanlage),  einem Bett und einer Hängematte :-) Ich habe 3 Nächte in einer Hängematte geschlafen und gemerkt, dass das wirklich bequem ist....auch, wenn man eine ganze Nacht darin verbringt!

Unser Zimmer: Bett + Hängematte

Tagsüber war es so heiß, dass man höchstens vormittags oder nach 18:00, wenn die Sonne untergegangen ist, das Haus verlassen konnte. Abends in ein Lokal gehen, Sambamusik hören, spazieren gehen am Rio Acaraú, Sorvete (Eis) essen (es gibt oft ca 50 Eissorten, soviel Fruchteis wie das Herz nur begehren kann), echtes brasilianisches Churrasco genießen (man geht in eine Churraskaria, bestellt eine bestimmte Menge Fleisch, z.B. 500g, und der Grillmeister bringt das gegrillte Fleisch an einem Spieß an den Tisch und schneidet einem Stücke ab. Das macht man solange, bis man platzt, oder das Fleisch alle ist! Schmeckt herrlich!), einen Einkaufsbummel auf dem Markt machen (als Tourist wird man eigentlich immer etwas verschaukelt und man bekommt den doppelten Preis gesagt, aber das muss man einfach mit einkalkulieren),  mittags einfach eine Kokosnuss kaufen und Agua de Cocó trinken. So sah unser Alltag in Sobral aus. Eher gechillt und ruhig.

Apropos gechillt und ruhig: Marci und Val haben 2 Katzen Ophelia und Plato mit denen wir große Freundschaft geschlossen haben :-)

Ich muss zugeben, dass ich Plato tatsächlich liebgewonnen habe :-)

Chillen mit Plato


Zu den Höhepunkten zählten definitiv die Kochkünste unserer Tante, die einfach bezaubernd ist und wunderbar kocht, der Besuch auf der Sítio (Grundstück mit Haus) von Marci und Val wo alle meine Lieblingsfrüchte haufen-, bäume- und sträucheweise zu finden waren. Ein Traum!!!

Kleine Kirche in der Nähe der Sítio
Jaca-Baum (sucht die gelben fußballgroßen Früchte)

Banana-Baum mit Bananenblume und drüber die Bananenstaude

Ein sehr besonderer Moment und eigentlich auch der wirklich erschütterndste war die Essensausgabe an Obdachtlose und Arme, an der wir am Sonntag mit Marci  und Val, deren Gemeinde regelmäßig solche Ausgaben macht, teilgenommen haben. Ich habe keine Bilder gemacht, weil ich es schlichtweg unethisch fand, und sich die Bilder und Erlebnisse in mein Gedächtnis gebrannt haben. Vielleicht könnt Ihr Euch ja anhand meiner Beschreibung ein Bild machen. Als wir auf dem Platz, wo die Ausgabe stattfinden würde, ankamen, wurden Ágnes und ich von einem sehr alten Mann, der keine Zähne mehr hatte, schrecklich ungepflegt war, eine offensichtlich von der Sonne verbrannte Haut hatte angesprochen, umarmt und haben uns seine Lebensgeschichte angehört (leider habe ich gefühlt kaum etwas verstanden), doch für ihn war es sehr wichtig, dass wir zugehört haben. Viele der Menschen, die zu Ausgabe gekommen sind haben Drogenprobleme. Das erste Mal habe ich bewusst gesehen, was die neue Droge Crack mit dem Menschen anrichtet. Die Konsumenten sind viel zu ruhig, sind völlig teilnahmslos und ihr Körper verfault durch die Zersetzung des Gehirns, und dem daraus folgenden Ausfall der verschiedenen Organe, von innen heraus. Das Suchtpotenzial ist ab dem ersten Gebrauch von Crack sofort da, und viele Menschen hier verfallen in die Beschaffungskrimiinalität oder auch Beschaffungsprostitution, nur um weiterhin konsumieren zu können. Ein weiteres Probelm, welches die Menschen denen wir begegnet sind haben, ist der Alkoholismus, dessen Spuren nahezu jeden gezeichnet haben. Viele trinken den billigen Fusel, selbstgebrannten Schnaps oder sonst irgendwie illegal erworbene Getränke, die noch viel schneller kaputt machen, erblinden lassen und körperliche Beschwerden auslösen. Manche hatte nichts als einen Lumpen an, andere waren gut gekleidet, arbeitslos und hatten einfach nicht genügend zum Essen.

Viele leere Baustellen, da die finanziellen Mittel ausgehen

In Sobral haben wir insgesamt 4 Tage verbracht und sind dann am Dienstagabend (27.2.) um 23:00 Uhr auf eine lange Rückreise aufgebrochen. 4 1/2 Stunden hochklimatisierter Langstreckenbus, nächtliche Taxifahrt in Fortaleza von der Busstation zum Flugafen Pinto Martins, 3 Stunden Flughafen mit anschließendem emotionalem Abschied von Ágnes (sie kommt erst im Juli wieder), einem 3 1/2 stündigen Flug nach Sao Paulo, ewige Warterei auf mein Gepäck, verpasster Bus, dann endlich einstündiger Flughafenbus nach Sao Paulo rein, halbstündige Metrofahrt nach Villa Marianna und Schluß endlich gutes und heiles Ankommen im Haus meiner Großtante. Zu diesem Zeitpunkt war ich über 30 Stunden am Stück wach, hatte Rückenschmerzen und war mega hungrig. 

Heute (1.03.) nach viel Schlaf, einem guten Frühstück (was für ein Luxus, wirklich!) und keine Vehikel die sich unter mir und mit mir fortbewegen fühlt sich das Leben wirklich gut an :-D

Soviel über Sobral. Meine Erlebnisse mit den Indianern und aus Fortaleza werden nachgeliefert, doch irgendwie habe ich letzte Woche kaum Zeit gefunden meine Erlebnisse niederzuschreiben und wollte möglichst viel Zeit mit Ágnes verbingen.

Herzliche  Grüße nun wieder aus der Megametropole :-)

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