Veröffentlicht: 01.03.2017
Don Curry fragt sich: Wie endet eigentlich eine Reise? Mit Dankbarkeit?: War das eine schöne Zeit! Mit Wehmut?: Warum muss es schon zu Ende sein! Mit Überdruss?: Bloß weg hier! Mit Vorfreude?: Endlich wieder zuhause! Don Curry ist sich nicht sicher, welches das wirklich passende Gefühl nach fünf Wochen des Unterwegsseins ist. Zumindest endete die Reise nicht ganz so, wie er es sich vorgestellt hatte.
Don Curry hörte das Meer, als er erwachte. Er nutzte gleich das erste Sonnenlicht, um von seiner Veranda noch einmal den unglaublichen Ausblick auf einen herrlichen Strand und ein unendliches Meer gewissermaßen zu inhalieren. Leicht rötlich schimmerten die anbrandenden Wellen und ließen damit die ganze Umgebung fast unwirklich erscheinen. War das alles nur ein schöner Traum? Don Curry legte sich noch einmal ins Bett. Heute war tatsächlich ein Tag, an dem er Zeit haben würde. Und genau das wollte er genießen. Das gleichmäßige Heranwogen der Wellen lullte ihn nochmals ein.
Als er zum zweiten Mal erwachte, lag die ganze Szenerie bereits im hellen Sonnenschein vor ihm. Am Strand breiteten sich die ersten Resortgäste aus, und Don Curry begab sich zu einem der Meerblicktische, um in Ruhe zu frühstücken. Als er dann auschecken wollte, erfuhr er, dass er ausschließlich bar bezahlen könne - nicht mit Kreditkarte. Also musste er einen Teil jenes Geldes nehmen, das er eigentlich als Dankeschön für Prince vorgesehen hatte. Na ja, in Goa würde es schon ausreichend Geldautomaten geben.
Das einzige Besichtigungsziel des heutigen Tages bildeten die alten portugiesischen Kirchen und Klöster von Goa Velha, der ehemaligen Hauptstadt der Kolonie. Gut gepflegte Rasenflächen mit einigen eindrucksvollen Bäumen und blühenden Sträuchern dehnen sich heute zwischen den einzelnen Gotteshäusern aus; Wohnhäuser aus der Zeit sind nicht mehr erhalten. Don Curry begann seine Besichtigungstour in St. Cajetan, der ehemaligen Theatinerkirche, die in ihrer Gestaltung und Größe dem römischen Petersdom nacheifert. Da allerdings in der Kirche eine sehr lärmende Grundreinigung des Fußbodens stattfand, hielt sich Don Curry nur kurz in ihr auf.
Weiter ging er zur Sé, der mächtigen Kathedrale, die bis heute als größte katholische Kirche Asiens gilt. Das gewaltige, ganz in weiß gehaltene Bauwerk, zeigt erst im Inneren seinen prachtvollen Schmuck, vor allem ein völlig vergoldeter Hochaltar und viele kunstvolle Seitenaltäre bezeugen die hohe Bedeutung dieser Kirche. Hier, wie in allen anderen Kirchen von Goa Velha, wird nicht das Fotografieren an sich verboten, aber das Fotografieren von Personen - um so der ausgeprägten indischen Selfie-Manie entgegenzutreten. Mindestens jeder zweite indische Tourist hat einen Selfie-Stick dabei, und es scheint geradezu unwiderstehlich zu sein, sich selbst direkt neben einer hinduistischen Götterfigur oder eben einer christlichen Heiligenstatue abzulichten.
Noch bedeutender als die Kathedrale ist die 200 m entfernt liegende Basilika Bom Jesus, Don Currys nächstes Ziel. Neben der barocken Ausgestaltung zieht hier vor allem das Grab des Heiligen Franz Xaver Scharen von Pilgern und Touristen an.
Don Curry nahm sich noch Zeit für die Franziskuskirche, die schlichte Katharina-Kapelle, die düsteren Ruinen des Augustinerklosters und die etwas abgelegene Rosenkranzkirche, von der aus sich ein herrlicher Ausblick auf den breiten Mandovi-Fluss eröffnet.
Direkt am Ufer dieses Flusses saß er auch eine halbe Stunde später zum Lunch in Goas Hauptstadt Panaji. Hier wollte er sich ein letztes Mal den kulinarischen Schätzen Indiens hingeben, und direkt am Meer lag es natürlich nahe, sich dessen Bewohnern zu widmen. Der Kellner empfahl ihm, auf jeden Fall zwei Hauptgerichte zum Reis zu bestellen; es wäre sonst zu wenig. Als Don Curry dann allerdings die angelieferten Portionen sah, fragte er sich schon, welchen Kalorienbedarf der Kellner ihm zutraute: 2 große gebackene Kingfish-Filets auf einer Art Salatbett und eine üppige Schüssel Prawns Curry samt Reis und Rotis stellten eine echte Herausforderung dar. Doch Don Curry konnte sich Zeit lassen, genoss dazu die wunderbare Aussicht auf den Schiffsverkehr, das begleitende Kingfisher und den abschließenden Kokosnuss-Fenni: hier gab es den speziellen Goa-Schnaps. Sehr zufrieden kehrte er zu Prince zurück. Das einzige was noch fehlte, war ein Geldautomat; doch spätestens am Flughafen würde er einen finden.
Eigentlich hätte er es sich ja denken können: Vor dem Flughafen Vasco da Gama herrschte ein typisch indisches Verkehrschaos. Kaum hatte Don Curry den Wagen verlassen, als sich ein junger Mann anbot, ihm beim Gepäcktransport zu helfen. Don Curry fragte ihn, ob sich im Flughafen ein Geldautomat befinden würde; der junge Mann bestätigte das, erklärte aber, Don Curry müsse beim Betreten des Gebäudes sein Ticket und seinen Pass vorzeigen. Tatsächlich bildeten sich bereits an den diversen Eingangstüren lange Schlangen, da schwerbewaffnete Sicherheitskräfte sorgfältig die Kontrolle der Papiere vornahmen. Doch Don Curry gelangte problemlos in das Gebäude, fand einen Geldautomaten und füllte seine Rupienreserven wieder auf, um Prince ein angemessenes Dankeschön für 3 Wochen wunderbare Begleitung in die Hand drücken zu können. Schnell wollte er den Flughafen wieder verlassen, um sich von Prince zu verabschieden; der Sicherheitsmann wies ihn aber barsch und unmissverständlich zurück. Also versuchte es Don Curry an einer anderen Tür, zeigte seinen Pass, wurde aber abermals brüsk am Verlassen des Gebäudes gehindert. Inzwischen kam der junge Mann mit dem Gepäck zu Don Curry und erklärte, er könne den Flughafen nicht mehr verlassen - das sei unmöglich. Don Curry machte deutlich, dass er sich nur ganz kurz von seinem Fahrer verabschieden wollte. Dazu sei es zu spät, meinte der junge Mann, Prince dürfe ohne gültiges Ticket nicht hinein und Don Curry nicht mehr hinaus. Schließlich erklärte er sich bereit, zumindest die Rupien und Dollar an Prince weiterzugeben, denn als Flughafenmitarbeiter dürfe er ungehindert zwischen drinnen und draußen wechseln. So blieb Don Curry nur ein herzliches Zuwinken, während der junge Flughafenmitarbeiter Prince die Situation erklärte und das Geld überreichte. Welch unwürdiger Abschied! Prince winkte herzlich zurück, wurde aber bereits von Sicherheitsleuten gedrängt, endlich fortzufahren.
Der junge Mann zeigte Don Curry derweil den Weg zum Check In - Schalter. Hier erfuhr er, dass alle Flüge tatsächlich stattfinden würden, dass sein Gepäck aber 10 kg zu schwer sei. Bei dieser Differenz konnte auch ein Umpacken ins Handgepäck nicht viel helfen, also musste Don Curry eine erhöhte Beförderungsgebühr für sein Gepäck entrichten. Wieder führte ihn der junge Mann zum passenden Büro, wo eine junge Inderin in einem smaragdgrün funkelnden Sari hektisch an mehreren Computern zugleich arbeitete, einen Schalter voll wartender Fluggäste bediente und jetzt auch noch Don Curry mit seinem Übergewichtsproblem hinter sich sitzen hatte; sie selbst bot ihm den Platz an. Fasziniert beobachtete Don Curry, wie die Frau mit vollendeter Multitasking-Fähigkeit tatsächlich mehrere Vorgänge gleichzeitig bewältigte. Während sie z.B. mit einer Klientin am Schalter sprach, blätterte sie in einer Mappe nach, wie Swiss Air mit Gepäckgebühren umgeht. Schließlich sollten umgerechnet rund 120 € nachgezahlt werden, und sie warnte Don Curry vor, dass das Gerät zum Zahlen per Kreditkarte vermutlich defekt sei. Sie sollte Recht behalten. Der junge Mann, der Don Curry bisher begleitet hatte, wurde langsam ungeduldig. Da Don Curry all sein Bargeld an Prince gegeben hatte, gab es nur eine Möglichkeit: zurück zum Geldautomaten. Allerdings kann man in Indien pro Karte nur einen sehr begrenzten Betrag am Tag abheben, und Don Curry hatte eine seiner Karten vor 30 Minuten bereits kräftig genutzt. Dennoch gelang es ihm, die geforderte Summe mithilfe beider Karten zusammenzubekommen. Selbst die Multitasking-Inderin zeigte sich ziemlich überrascht: sie wusste wohl, dass die Summe mit einer Karte nicht abzuheben war. Eifrig begann sie nun, neue Tickets auszustellen - und zwar handschriftlich und in mehrfacher Ausführung für alle drei Flüge, die noch vor Don Curry lagen. Nebenbei führte sie Telefonate, beantwortete Fragen am Schalter und tippte Daten in diverse Computer. Der junge Mann rollte ziemlich genervt mit den Augen. Endlich war das Werk getan, und die junge Frau führte Don Curry zum Check In-Schalter zurück, gefolgt von seinem bisherigen Begleiter. Schnell erklärte sie der dortigen Mitarbeiterin, was sie tun müsse, und entschwand smaragdgrün funkelnd.
Eine Stunde hatte das Einchecken insgesamt gedauert. Der junge Flughafenmitarbeiter brachte Don Curry noch zum Fuß einer Rolltreppe, dann verabschiedete er sich. Durch Pass- und Sicherheitskontrollen fand Don Curry selbst seinen Weg und flog kurze Zeit später zu seinem ersten Zwischenstopp in Mumbai. Ohne weitere Vorkommnisse ging es von diesem überraschend angenehmen Flughafen über Zürich nach Hannover, wo sein Auto bereits auf ihn wartete. Ob er auch ohne Prince zurechtkommen würde?