Veröffentlicht: 27.10.2021
Don Curry hat inzwischen viele Erfahrungen beim Reisen gesammelt. Ihm ist klar, dass es immer wieder zu unvorhergesehenen Problemen konnt, die einer Lösung bedürfen. Manchmal kann er auf bewährte Lösungen zurückgreifen, manchmal muss die Lösung vor Ort erst entstehen. Zu finden ist sie fast immer.
Beim Frühstück bestand das einzige Problem darin, was Don Curry aus dem überreichen Angebot auswählen sollte. Hier gab es wieder ein Buffet mit echter Selbstbedienung, nur am Omelettestand versah eine Angestellte ihren Dienst, bereitete die Eierspeise nach Wunsch zu und servierte sie anschließend am Tisch. Die Stadt Van ist landesweit berühmt für ihre tollen Frühstücksrestaurants mit ausufernder Auswahl. Da muss natürlich auch das Ramada Hotel zumindest versuchen mitzuhalten. So gab es mindestens 10 Käsesorten, in der Gemüseabteilung zusätzlich rohen Brokkoli in kleinen Röschen, Rosenkohl und einen Pilz-Paprika-Salat, außerdem frittierte Zwiebelringe, Pommes, Hühnerschnitzel und Stücke von einer Art Quiche.
Sein wichtigstes Tagesziel wollte er gleich als erstes ansteuern: die armenische Kirche vom Hl. Kreuz, die nach einer sorgfältigen Restaurierung zu den am besten erhaltenen armenischen Kirchen des Landes gehört. Ihr Besuch bringt allerdings ein Problem mit sich - sie liegt auf einer Insel im Van-See. Doch an der Küste existiert ein gut ausgeschilderter Bootshafen mit einem Dutzend Ausflugsbooten für jeweils bis zu 50 Personen, die nur darauf warten, kunstinteressierte Besucher zur Inselkirche zu bringen. Als Don Curry am Hafen geparkt hatte, fragte er im Büro der Bootsverwaltung, wann das nächste Schiff zur Insel ablegen würde? Die Antwort lautete: "Sobald 20 bis 30 Besucher da sind und gemeinsam transportiert werden können." Da Don Curry zum jetzigen Zeitpunkt der einzige Besucher war, muss er ziemlich zweifelnd geschaut haben. "Die kommen schnell zusammen. Er müsse nur etwas warten." Don Curry wartete. Tatsächlich tauchte nach ca. 10 Minuten ein Paar auf, das ebenfalls zur Insel wollte. Danach geschah lange Zeit nichts mehr, bis das Paar nach 30 Minuten Wartenzeit aufgab und wieder verschwand. Als Don Curry fast 60 Minuten im Hafen verbracht hatte, ohne dem Ziel auch nur einen Zentimeter näher gekommen zu sein, ging er noch einmal zum Büro und fragte nach andedren Möglichkeiten, um zur Insel zu kommen. Er könne ja für ein ganzes Boot bezahlen; das wären 250 Lira (umgerechnet 23 €). Das schien wohl halb scherzhaft gemeint zu sein, doch Don Curry sagte sofort: "Ok!", zückte die geforderten Geldscheine und wurde zu einem besonders großen Boot gebracht, das er nun für sich hatte. Auch auf der Insel, stellte er schnell fest, würde er der einzige Besucher sein. Die beiden Ticketverkäuferinnen zeigten sich ziemlich irritiert, dass Don Curry ganz allein übergefahren war, doch der Kapitän erklärte ihnen die Situation, woraufhin alle schmunzelten. Don Curry zahlte noch 3,50 € Eintritt für die Kirche und konnte außen und innen völlig ungestört fotografieren. Erst 40 Minuten später erreichte ein weiteres Boot die Insel, doch da schloss Don Curry seine ausgiebige Besichtigung bereits ab und erkundete noch etwas vom Rest der Insel, die von zahlreichen Kaninchen bewohnt ist. Mit seinem "eigenen" Boot schipperte er dann zum Hafen zurück, dankte dem Kapitän und konnte zum nächsten Ziel aufbrechen.
Zwanzig Kilometer entfernt erhebt sich in der Nähe des kurdischen Dorfes Altinsac eine weitere armenische Kirche aus dem Mittelalter. Als Don Curry in die Zugangsstraße einbog, landete er unvermittelt in einer Kontrollstation des Militärs und sollte den schwer Bewaffneten erklären, wo er hinwolle.. Als er sich als Tourist aus Deutschland outete, bekam er die Genehmigung zur Weiterfahrt. Die Straße führte wunderschön direkt am Ufer des Sees entlang und konnte, obwohl sie eine Schotterstraße war, recht gut befahren werden. Doch fünf Kilometer vor der Kirche musste Don Curry in einen holprigen Feldweg steil bergan abbiegen. Als Insignia auf den ersten hundert Metern immer wieder wegrutsche bzw. die Räder schlecht Halt fanden, drehte er wieder um. Diese Strecke konnten wohl nur Allradfahrzeuge bewältigen, aber keine behäbige Limousine mit abgefahrenen Reifen.
Mehr Glück erfuhr Don Curry beim nächsten Ziel, einer Festung der Urartäer bei Cavustepe. Im 8. Jhdt. v. Chr. errichtete dieses geheimnisvolle Volk mehrere Bergfestungen von au'erordentlicher Qualität. Die einzelnen Steinquader ihrer Mauern wurden so exakt eingepasst, das sie fast wie genormte Erzeugnisse unserer modernen Zeit wirken. Neben großartigen Ausblicken in die Umgebung bot die langgezogene Festung auf dem Bergrücken auch einige Steine mit Inschriften in urartäischer Sprache und ihrer eiegnen Keilschrift.
Weiter fuhr Don Curry Richtung Süden der iranischen Grenze entgegen, als plötzlich auf einem Hügel eine Ritterburg wie aus dem Màrchen in der Ferne auftauchte, die Kurdenfestung von Hosap, ein weiteres Ziel des heutigen Tages. Auf dem Parkplatz vor der Burg traf er auf Mohammed, einen Jugendlichen, der ihn neugierig ansprach, aber leider nur 4 bis 5 englische Worte kannte. Trotzdem begleitete er Don Curry bis zum Burgtor, das allerdings verschlossen war. Mohammed versuchte ihm wohl zu erklären, dass es irgendwo im Dorf einen Schlüsselbewahrer gäbe, aber so richtig schlau wurde Don Curry aus seinen ständig wiederholten Hinweisen nicht. Der niedrige Sonnenstand wies außerdem darauf hin, dass es Zeit für den Heimweg wurde. Don Curry nutzte das weiche Abendlicht noch für einige Aufnahmen der grandiosen Bergwelt um Van; eine weitere armenische Kirche strich er vom Tagesplan, da er sie vor Sonnenuntergang nicht mehr erreichen konnte.
Da er keinesfalls noch einmal im drögen Hotelrestaurant speisen wollte, hielt er kurz bei einer Pideria und ließ sich eine Pide backen. Die Speisekarte zeigte nur Bilder, so dass Don Curry keine Ahnung hatte, welchen Belag er bekam; es stellte sich als eine sehr würzige Lammhackmasse mit verschiedenen Gemüsen heraus, dazu ein frischer Salat und eine ziemlich säuerliche Chilipaste. Alles zusammen kostete ihn 2,50 €.
So konnte auch das regelmäßige Problem des Abendessen elegant gelöst werden. Und Don Curry zeigte sich erwartungsvoll gespannt, mit welchen unvorsehbaren Situationen ihn der kommende Tag konfrontieren würde. Eine Lösung gab es fast immer...