Veröffentlicht: 26.10.2021
Don Curry suchte während seiner Reise durch Anatolien bereits mehrmals Kirchen. Tatsächlich fand er welche, doch fast immer dienten sie als reine Museen oder als pittoreske Ruinen. Erst gestern in Diyarbakir gelang es ihm, eine tatsächlich noch "aktive" Kirche zu finden.Aber es gibt ein Gebiet in Anatolien, in dem bis heute christliches Leben sehr aktiv ist, in dem sogar noch belebte Klöster existieren. Es ist das Gebiet südlich und östlich von Mardin. Dieses Gebiet wollte Don Curry heute erforschen.
Vorher kam er aber in den Genuss seines bisher besten Frühstücks während dieser Reise, allerdings nicht unbedingt wegen kulinarischer Höchstleistungen, sondern wegen des Ortes. Das Frühstück wurde ihm auf seiner kleinen privaten Terrasse serviert, während er sich an der spektakulären Aussicht weiden konnte. Außer den inzwischen fast schon selbstverständlichen Frühstücksbestandteilen gab es hier Spiegeleier, Nuss-Nougat-Creme und Rosenmarmelade, die tatsächlich blumig-süß nach Rosen schmeckte.
Eigentlich wollte Don Curry den Tag vor allem Mardin und seiner unmittelbaren Umgebung widmen. Doch die Mitarbeiter des Hotel erklärten, dass die wichtigen Gebäude in Mardin montags geschlossen sind, er solle sich lieber die Klöster anschauen. Sie machten ihm sogar einen Plan, in welcher Reihenfolge er die Klöster und anderen Sehenswürdigkeiten abfahren solle. Im Service ist dieses Hotel wirklich unschlagbar.
Don Curry fuhr zunächst zum Kloster Zafaran, nur 7 km südlich von Mardin in einer imposanten Berglandschaft gelegen. Dieses Kloster diente lange Zeit als Sitz des syrisch-orthodoxen Patriarchen und wurde in den letzten Jahren intensiv restauriert. Schon der große und gefüllte Parkplatz ließ Don Curry erkennen, dass er hier nicht allein sein würde. Weit über 50 Personen warteten bereits in der Cafeteria des modernen Besucherzentrums. Als Don Curry am Ticketschalter eine Eintrittskarte erwerben wollte, erhielt er die Antwort, er müsse noch 15 Minuten warten. Die Zahl der Besucher stieg weiter an. Dann, nach der angekündigten Pause, kam Bewegung in die Menge; man kaufte für 2 € ein Ticket, dieses wurde 2 m weiter kontrolliert, und dann öffnete sich die Barriere, so dass der gesamte Pulk von inzwischen wohl 80 Personen aufwärts zum Klostergebäude marschierte. Dort wurden zwei Gruppen gebildet, doch vorn der Führung auf türkisch verstand Don Curry fast nichts. Besonders bemerkenswert war ein völlig leerer Raum im Untergeschoss, der einst ein Sonnentempel gewesen sein soll. Seine Decke besteht aus tonnenschweren Steinen, die ohne Mörtel aneinandergefügt wurden und sich allein aufgrund des seitlichen Druckes, den sie aufeinander ausüben, in ihrer Position bleiben.
Auch beim nächsten Ziel überraschte Don Curry die hohe Zahl anderer Besucher, denn hier war man nur noch wenige Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. In Dara haben sich beeindruckende Reste einer byzantinischen Stadt erhalten. Don Curry hielt zunächst bei der weitläufigen Nekropole, am Rande des heutigen Dorfes. Neben vielen Felsgräbern konnte man auch auf Metallstegen einen großen Höhlenraum betreten, in dem sich Sammelgräber befanden. Zahlreiche Schädel und andere Knochen kündeten noch von den einstigen Bewohnern Daras. In der Dorfmitte gab es Ruinen des einstigen Stadtzentrums, besonders das freigelegte Pflaster der einstigen Hauptstraße hatte sich nahezu vollständig erhalten. Eigentlicher Höhepunkt der Besichtigugen in dieser antiken Stadt stellte allerdings die Zisternen dar. Über eine unscheinbare Kellertreppe unter einem bewohnten Haus stieg man fast endlos in die Tiefe, bis man in einem riesigen unterirdischen Raum landete, der einst das Wasser Daras sammelte und frisch hielt. Mehr als 15 Höhenmeter schätzte Don Curry. Er kann sich nicht erinnern, jemals so einen Raum gesehen zu haben.
Durch sehr trockene, spaäter auch ziemlich gebirgige Landschaft ging es weiter gen Osten. Don Curry sah erst später auf der Karte, dass die Straße unmittelbar an der syrischen Grenze entlangführte. Deutlich weiter von der Grenze entfernt, inmitten einer hügeligen Landschaft voller Olivenbäume lag sein nächstes Ziel, das Kloster Mor Gabriel, ebenfalls ein syrisch-orthodoxes Hauptkloster. Wieder war Don Curry auf eine türkische Führung angewiesen, erhielt aber beim Kauf der Eintrittskarte ein Infoblatt auf englisch und arabisch. Hier wirkte alles noch filigraner, noch kunstvoller. In der Hauptkirche konnte am sogar noch byzantinische Fresken bestaunen.
Über die Stadt Mydiat gelangte Don Curry zu seinem nächsten Kloster, das nur über eine Schotterstraße in wildromantischer Landschaft erreicht werden konnte. Die Muttergotteskirche in Hah gilt als die schönste syrisch-orthodoxe Kirche Anatoliens. Als Don Curry eintraf, war er zwar der einzige Tourist; ein Filmteam bereitete allerdings gerade Probeaufnahmen für eine geplante Dokumentation vor, dachte sich zumindest Don Curry, denn er wollte die ständig diskutierenden Kameraleute nicht stören. So schlüpfte Don Curry einfach in das Innere der Kirche, die eigentlich nur sonntags zum Gottesdient geöffnet ist, und bestaunte die teils uralte liturgische und künstlerische Einrichtung. Über Treppen gelangte er auf das Kirchendach, um nicht nur den Kirchturm, sondern auch die quadratische und überreich mit Reliefs verzierte Kuppel aus der Nähe bestaunen zu können - das alles im weichen Licht der allmählich sinkenden Sonne. Was für ein Glücksfall!
Das nahegelegene Kloster Mor Dismas im Dorf Zaz erreichte Don Curry auch nocht, doch ein Zettel am Tor zum Kirchengelände wies darauf hin, dass aufgrund der Covid19-Pandemie eine Besichtung nicht möglich sei.
Don Curry fuhr zurück in sein Synagogenzimmer, erreichte es aber erst nach Sonnenuntergang. Er bat einen Mitarbeiter, wieder eine Restaurantreservierung vorzunehmen, und machte sich dann genen 20:00 Uhr auf den beschwerlichen Aufstieg, wieder begleitet vom gestrigen Mitarbeiter, der ihm verriet, dass er in seien ersten Monaten in Mardin 9 Kilo abgenommen habe - aufgrund der ständigen Treppen. Das Restaurant "Leylis" wurde vom ehemaligen Museumsdirektor von Mardin betrieben und war vollgestopft mit alten Radios, Fotoapparaten, usw. Leider war es nahezu vollständig gefüllt, so dass die Kellner heillos überfordert schienen. Als Don Curry auch nach 30 Minuten Wartezeit noch keine Bestellung abgeben konnte, verließ er das Lokal und fand im benachbarten "Bagdadi" eine deutlich ruhigere Lokalität. Hier konnte er auf einer windgeschützten Terrasse sogar noch draußen sitzen, umgeben von mittelalterlicher islamischer Architektur. Er bsetellte eine Bagdadi-Joghurtsuppe, einen Bagdadi-Salat mit Granatapfelkernen und ein Bagdadi-Rindergeschnetzeltes mit Walnüssen, Feigen und Pflaumen.
Gut gesättigt und zufrieden stieg er wieder zu seinem Hotel hinab, dass er diesmal auch fast auf Anhieb erreichte. So langsam kannte er sich in Mardins Altstadt aus. Wieder konnte er auf einen spannenden Tag zurückblicken. Eines hat ihn am meisten gefreut: auch in Anatlolien gibt es immer noch aktives chsistliches Leben...