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Von Timisoara zur Donau auf EV 6/13

Veröffentlicht: 07.06.2023

ICT-Radtag 8: Timisoara - Bela Crkva 120 km

Vor der letzten  Flachlandetappe möchte unsere Gastgeberin Adel unbedingt noch ein Foto von uns machen, da sie so begeistert von unserer Unternehmung ist. Dann geht es dank Navi und komoot schnell raus aus der Stadt. Wir stellen etwas überrascht fest, dass wir auf der E 70 Richtung Belgrad fahren müssen, die vierspurig und verkehrsreich nach Süden führt. Doch je weiter wir uns von Timisoara entfernen desto weniger Verkehr hat es, und nach 20 km sind wir auf einer einspurigen Landstraße. Da der Wind von hinten kommt, die Landschaft topfeben und die Straße frisch asphaltiert ist, fahren wir die 50 km bis Deta ohne Pause. Kurz vor der Grenze wird Dominique noch von einem dieser berüchtigten rumänischen Straßenhunde verfolgt, dieser ist jedoch zum Glück nicht sehr ausdauernd. Nach einem kurzen Trinkstopp ist es nicht mehr weit bis zur Grenze, die wir zügig passieren dürfen. Die Straße auf serbischer Seite bis Vrsac ist in allerbestem Zustand, und dadurch, dass wir noch eine Stunde Zeit gewinnen, sind wir kurz nach Mittag beim Kaffee auf dem Hauptplatz von Vrsac. Danach wird es landschaftlich interessanter, es wird wellig mit schönen Weinbergen und einem Ausblick auf die umliegenden Hügel. Auf guten Straßen rollen wir durch die schöne Landschaft und sind gegen 16 Uhr in Bela Crkva. Der Ort wirkt nicht sehr einladend, doch gibt es Übernachtungsmöglichkeiten, Läden und Restaurants. Mehr brauchen wir heute nicht mehr. Bis zum Ende des II. Weltkrieges waren mehr als 60 % der Bewohner deutschsprachig, der Ort hieß Weißkirchen, und im Umland wohnten vor allem Serben. Nach dem Krieg wurden die Deutschstämmigen von den jugoslawischen Partisanen vertrieben und hatten eine schlimme Flucht vor sich, da sie nirgendwo willkommen waren. 

ICT-Radtag 9: Bela Crkva - Donji Milanovac 105 km

Heute haben wir die 1000 km-Marke geknackt. Wir freuen uns sehr, haben aber erst am Abend Zeit darauf anzustoßen. Und nun machen wir das, was Tausende jedes Jahr mit dem Rad machen - wir fahren auf dem EV 6, dem Donau-Radweg. Doch in diesem südlichen Abschnitt hier scheinen wir (fast) die einzigen zu sein. Lediglich beim Übersetzen mit der Fähre von Stara Palanka nach Ram treffen wir ein tschechisches Paar, das allerdings noch nicht genau weiss, wohin es nach Ram bei ihnen weitergeht. Von Bela Crkva waren es nur 15 km bis wir das Donauufer mit der Anlegestelle für die Fähre erreichten, doch hatten wir mit extremem Gegenwind zu kämpfen. Der begleitete uns fast den ganzen Tag. Mit uns warteten 20 Motorradfahrer und 20 Autos. Die Fähre fuhr mit Sicherheit schon zu jugoslawischen Zeiten. Und so fühlte sich auch die Überfahrt an: etwas unsicher und wild! Sie bestand aus einem Fährteil, das von einem alten Boot seitlich angetrieben wurde. Über Stahlseile wurden die beiden miteinander verbunden. Es gab einige Diskussionen bis die Fähre voll beladen war - einige Autos mussten drei Stunden warten bis die Fähre fahrplanmäßig wieder zurückkam. 30 Minuten dauerte die abenteuerliche Überfahrt bei starkem Wellengang. In Ram kämpfen wir gleich weiter gegen den Wind an und fahren ohne Pause bis Golubac. Die Donau ist mit 2888 km der zweitlängste Fluss Europas, fließt durch zehn Länder und bildet dabei häufig auch die Grenze zwischen zwei Ländern. Hier bildet sie die Grenze zwischen Rumänien und Serbien. Da es wegen der enormen Breite und der dünnen Besiedlung auf beiden Seiten auf den nächsten 160 km keine Brücken oder Fähren gibt, muss man sich entscheiden, auf welcher Seite man radelt. Wir haben uns wegen des geringeren Verkehrs für die serbische Seite entschieden. Die Donau ist nach den Regenfällen der vergangenen Wochen weder schön noch blau, doch sehr beeindruckend. Unterwegs begleiten uns serbische Straßenhunde, doch zum Glück kläffen sie nur. In Golubac ist die Donau wie ein riesiger See bevor sie an der beeindruckenden Festung durch die Gebirgszüge rechts und links einen Durchbruch schafft. Die Festung mit neun Türmen erhebt sich teilweise direkt aus der Donau und diente Türken, Österreichern und Serben zur Kontrolle des Flusses. Die sehr gut ausgebaute Straße führt nun durch den Nationalpark Derdap, und wir haben noch über 50 km und 21 Tunnel bis Donji Milanovac vor uns. Unangenehm sind die unbeleuchteten Tunnel, da es stockdunkel ist und wir etwas unsicher sind, ob uns LKW und PKW sehen…. Kurz vor 18 Uhr haben wir dann die wegen des Gegenwindes und einiger Steigungen anstrengende Etappe geschafft. Donji Milanovac bietet uns eine Unterkunft, mehr nicht. Es wirkt sehr ärmlich und wir fragen uns, ob im Hochsommer mehr los ist. 

ICT-Radtag 10: Donji Milanovac - Kladovo 65 km

Heute nur eine kurze Etappe, da auf den folgenden 50 km keine Unterkunft  zu finden war. Die ersten 20 km geht es flach direkt am Ufer der Donau entlang. Nach der ersten Steigung kommt ein Tunnel, und danach können wir einen spektakulären Blick auf das Eiserne Tor, die engste Stelle des Donaudurchbruchs genießen. Der mächtige Fluss ist dort zwischen den Felsen nur 150 m breit. Auf der weiteren Fahrt gibt es immer wieder wunderschöne Ausblicke auf die atemberaubende Landschaft. Nach einer knackigen Steigung können wir von oben nochmals zurückschauen und das Panorama auf uns wirken lassen. Bis zur Fertigstellung des Staudamms im Jahr 1974 war dieser Abschnitt ein Albtraum für alle „Donaudampfschifffahrtskapitäne“. Wegen der Stromschnellen, der tückischen Strudel, der  Schluchten und des schräg im Strom liegenden Felsenriffs verunglückten hier unzählige Schiffe. Kaum vorzustellen, dass sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts zahlreiche Familien auf das Werben von Zar Alexander I. hin auf den Weg von Ulm bis ans Schwarze Meer machten, wie die Banater Schwaben auch in Ulmer Schachteln, um in Bessarabien zu siedeln. Und auf den kleinen Booten mussten sie durchs Eiserne Tor. Dies ist nach dem Bau des Staudamms vorbei. Heute ist die ganze Strecke für die Schiffe gut befahrbar. Der Wasserstand der Donau wurde um 35 m angehoben, so dass mehrere Dörfer sowie die alte Römerstraße überflutet wurden. Die meisten Orte wurden an höher gelegener Stelle wieder aufgebaut. Das Eiserne Tor war 1969 auch Ort der Flucht von Katharina Weinel und Eva Görner, die sich mutig mit Schwimmwesten gesichert ins Wasser warfen. Der reißende Fluss trug sie in irrwitzigem Tempo drei Kilometer flussabwärts bis sie sich ans jugoslawische Ufer retten konnten. Nach längerem Suchen fanden sie ihren westdeutschen Freund, der sie bis zur österreichischen Grenze brachte. Dort konnten sie auf dem Gepäckdach zweier Kleinbusse unkontrolliert die Grenze passieren. Wir kommen an einem Hinweisschild an die Gedenktafel ‚Tabula Traiana‘ vorbei, die der römische Kaiser Marcus Ulpus Traianus anbringen ließ. Sie erinnert an die Vollendung der römischen Straße entlang der Donau im Jahr 100 n. Chr. Bei der Errichtung des Staudamms musste die Tafel aus dem Fels geschnitten und 40 m höher wieder angebracht werden. Sie ist trotzdem nur von der Donau aus zu sehen. Wir fahren also nicht nur dem Eisernen Vorhang entlang sondern auch dem römischen Limes , der Orient und Occident begrenzte. 

20 km später kommen wir zum Staudamm, auf dem man auf die rumänische Seite fahren kann. An dieser EU-Außengrenze hat sich eine lange Schlange von LKW gebildet. Wenige km später biegen wir zum Castrum Diana ab, einer militärischen Festungsanlage der Römer aus dem 1. Jahrhundert, die bis zum 6. Jahrhundert mehrfach zerstört und wieder aufgebaut wurde. Am Ortseingang von Kladovo besichtigen wir noch die kleine osmanische Festung Fetislam. Teile davon wurden aus den Überresten der Traian-Brücke gebaut, die ab dem 2. Jahrhundert auf 1070 m die Donau überspannte und für ein Jahrtausend die längste Brücke der Welt war. Viel Geschichte auf wenigen Kilometern. 


ICT-Radtag 11: Kladovo - Negotin - Rogljevo 105 km

Nach wenigen Kilometern sind wir an der Stelle, wo man vor 1800 Jahren über die Traian-Brücke zum anderen Ufer gelangen konnte. Heute stehen dort nur noch die Reste eines Brückenpfeilers. Wir radeln weiter auf dem gut ausgeschilderten EV 6/13 in der Nähe der Donau und biegen dann rechts ab ins Hinterland. Dort treffen wir wieder einmal Fernradler, ein belgisch-französisches Paar, die seit fast einem Jahr in Südeuropa unterwegs sind und nun nach der Winterpause in Samos auf dem Donauradweg nach Wien wollen. Die Strecke ist flach und zumeist gut befahrbar, so dass wir gut vorankommen und dann auf die Hauptstraße nach Negotin treffen. Nach wenigen Kilometern biegen wir ab und können dann auf Schotterpiste direkt am Donauufer entlangfahren. Man fährt auf landschaftlich reizvoller Strecke durch Waldstücke oder an der Donau bevor man den Staudamm Derdap II erreicht. Bis Negotin ist es dann nur noch ein kurzes Stück.  Es wird nun hügeliger ehe sich die Routen des Donauradwegs EV 6 und des ICT EV 13 trennen. Die Donauradler fahren über die Grenze nach Bulgarien, während wir nach Rogljevo radeln. Was uns dort erwartet ist kaum zu beschreiben und fast schon alleine die Reise wert. Ein Besuch des Ortes soll sich wegen der außerhalb des Dorfes gelegenen Weinkeller lohnen, die den Weinbauern während der arbeitsintensiven Zeit in den Weingärten dienten. Wir buchten also, weil es von der Tagesetappe gut passte, ein Apartment in dem Ort. Die Anfrage, ob wir zu Abend essen möchten, bejahten wir. Wir kamen an in einem fast verlassenen Dorf - mehr Hunde als Menschen (das Dorf hat noch 40 Einwohner)- und radelten bis zum Ende der Hauptstraße, wo unsere Unterkunft war. Goran, der Besitzer, empfing uns wie alte Freunde und erklärte uns über Google Translate Geschichte und Zusammenhänge über den biologischen Weinbau in der Region und über das Dorf und Serbien. Mit dem Auto brachte er uns zu seinem Weinkeller, der urig eingerichtet war und in dem uns unser Abendessen verbunden mit einer Weinprobe offeriert wurde. Es ist einer von acht Weinkellern von einstmals 300, die heute so genutzt werden. Und wir als einzige Gäste, die das in vollen Zügen genießen konnten. Unglaublich! Wir hatten das Gefühl, in einer völlig anderen Welt zu sein und waren sehr berührt von der Gastfreundschaft der Menschen. Ein unvergessliches Erlebnis!

 



Antworten (3)

Horst
Wow. Was für tolle Geschichten. Passt weiterhin gut auf Euch auf. GLG aus der Heimat

Lisa
Lisa ist mal wieder Stift ! Toll und wie in einem guten Roman eure Reise zu lesen. Uli und ich sind auch unterwegs allerdings etwas bequemer mit dem Campingbus.Zur Zeit an der südlichen Fersenspitze bei ganz fiesem Wetter. DOHA - Euch noch einen wunderschönen Verlauf der Radreise ! Grüssla Stift und Uli

Harald
Liebe Lisas😉 ich denke, das Wetter bessert sich ab Montag! So sagt es unser Wetterfrosch. Also durchhalten und sich an der schönen Landschaft , am Essen und Wein erfreuen. Liebe Grüsse aus Komotini( GR.-Bulg. Grenze