Veröffentlicht: 11.06.2021
Bevor wir uns von Margaret River trennten, stand uns noch ein besonderes Erlebnis bevor: Wir nahmen gemeinsam an einem Yoga-& Adventure Retreat teil. So richtig ein Bild davon, wie das so ablaufen würde, hatte ich nicht, obwohl ich diejenige war, die uns angemeldet hatte. Eigentlich war es als Campingevent auf einer Permakulturfarm gedacht gewesen doch schon als wir von Belindas Familie losfuhren, waren wir froh, dass die Veranstalter eine Alternative gefunden hatten. Es war fleißig am Schütten und nicht besonders warm. Die neue Location war eine Hütte im Wald mit einem geräumigen Wohnzimmer im Erdgeschoss, in dem bereits ein Feuer im Kamin brannte und alles sehr einladend für die Einführungsrunde geschmückt war. Wir beyogen unser schönes Zimmer im Obergeschoss mit Dachschräge, welches definitv komfortabler als unser Zelt. Zunächst gab es entspannt einen ausgemachten Chai Tee mit Meditation, dann gingen wir nach draußen (der Regen legte gerade gnädigerweise eine Pause ein) und spielten ein sehr amüsantes Kennenlernspiel, bei dem Jeder seinen Namen mit einer Bewegung verknüpfte, Alle mussten diese nachahmen und laut den Namen sagen, Später sollten wir die Bewegungen einer Anderen wiederholen und mit dem richtigen Namen verknüpfen. Nach anfänglichen Ladehemmnungen funktionierte diese Form des Lernens für mich super, bei Matze hat auch diese Methode nicht gegen das Namenkurzzeitgedächtnis geholfen. Ich bin aber ziemlich sicher, dass er am 3. Tag den Dreh raus hatte. Nach einem leckeren veganen Mittagessen ging es zu einer kleinen Wanderung entlang der felsigen Küste bei "Cosy Corner", uns wurde ans Herz gelegt, einfach mal ganz bei uns selbst zu bleiben, wahrzunehmen und möglichst nicht zu reden. Ich glaube, Einigen fiel es echt schwer, mir nur dann wenn Matze mal wieder eine etwas zu riskant aussehende Route wählte und ich eine Warnung aussprechen wollte. Ich schluckte sie aber runter und konzentrierte mich auf mich, da wir fast nur auf Felsen liefen, gab es keinen Pfad, also viel Raum für eigene "Wege". Zwischendurch hielten wir 2 Mal kurz an und fanden uns als Gruppe zusammen, es fiel mir schwer als wir an einer Klippe saßen und ich meine Augen schließen sollte, beide Hände in denen Anderer, mir noch ziemlich fremder Menschen. Aber es stärkte mich auch auf eine mir unerklärliche Weise. Nachdem ich abends mit einem der Freiwilligen Farmhelfer, der die ganze Zeitdauer der Veranstaltung für uns kochte, Musik gemacht hatte, fiel ich todmüde ins Bett. Am nächsten Morgen nach dem Frühstück fuhren wir zum Stand Up Paddling an die Flußmündung in Augusta. Schon als wir nach einigen Dehnübungen die Bretter bestiegen- ich war ehrlich gesagt sehr überrascht, dass ich nicht sofort kenterte- regnete es in Strömen. Elisha, eine der Teilnehmerinnen, mit der ich mir bereits sehr auf einer Wellenlänge war, hatte mir netterweise einen Wetsuit geborgt, Matze hatte keinen und es hatte keiner der Männer einen zusätzlichen mit, ihm muss echt kalt gewesen sein. Den peitschenden Regen und die Wellen, die uns inlandwärts schoben ignorierend, gelang es jedoch beiden von uns auch mal zu stehen. Als ich am Ende der Tour ins Wasser sprang, stellte ich überrascht fest, dass meine Zehen (die ja nicht vom Wetsuit eingeschlossen waren) einen deutlichen Temperaturanstieg feststellen konnten, das Wasser war deutlich wärmer als die Luft, ander Oberfläche wurde es stark abgekühlt. Ein sinnesverwirrendes Erlebnis.... Zurück im Waldhaus wärmten wir uns mit Tee und Kaffee am Feuer auf, wärend Taryn und Brett, Veranstalter des Retreats und Besitzer des Waldhauses sowie der Farm, die Sweatlodge draußen vorbereiteten. Weil es sich draußen durch den Regen so extrem abgekühlt hatte, war es gar nicht so einfach, das aus Decken und Isomatten errichtete "Schwitzzelt" gut abzudichten, aber spätestens beim 2. Aufguß war mir richtig warm. Matze, Elisha und ich hatten uns im Vorfeld erkundigt, ob es ok für die Anderen war, wenn wir nackt in der Lodge war, wir würden uns etwas getrennt hinsetzen, Niemand hatte was dagegen. Die meisten Australier wachsen halt etwas prüde auf und es gibt kaum Nacktbadestrände oder Saunas. Interessanterweise legten immer mehr Menschen im Schutz der Dunkelheit des Schwitzzeltes doch noch ihre Kleidung teilweise oder komplett ab, sodass am Ende viele Nackte das Zelt verließen, um tief durchzuatmen oder am Feuer zu stehen. Ich hatte die Gruppe wirklich lieb gewonnen in der kurzen Zeit und freute mich, dass sie trauten, sich zu zeigen, Einige bleiben sogar nackt während des Abendessens. Am nächsten Morgen wurde ich ziemlich emotional und fühlte mich sehr gut aufgehoben bei Elisha und Marie-Louz, die ich ehrlich gesagt sehr vermissen werde. Sie haben mich aufgefangen, ohne mich zu bemuttern und das Retreat für mich sehr heilsam gemacht. Genauso Taryn und Brett, die so viel Liebe in das Event gesteckt haben. Als wir am nächsten Morgen nach einer adrenalinlastigen Mountainbike-Downhillstrecke alle zusammensaßen und uns sagten, was wir an den Anderen schätzten, sagte ich Ihnen das. Immer Einer war im Zentrum, die Hände der Anderen auf sich ruhend, die Worte aufnehmend, alle hatten ihre Augen geschlossen. Ich habe selten so viel geweint an einem Tag, aber ich werde diese Gruppe nie vergessen, ich habe mich so gut mit diesen Menschen gefühlt, so echt und unverstellt und frei. Unsere spontane Nacktbadeaktion im Anschluss und gemeinsames Nacktyoga haben mir bestätigt, dass wir mit unseren deutschen "Freikörperkulturliebe" (steht dieses Wort eigentlich im Duden) den Anderen auch etwas gegeben haben. Der Abschied fiel mir schwerer, als ich in Worte fassen kann und ich hoffe sehr, ein paar dieser tollen Menschen widerzusehen. Weil wir das Zimmer sehr mochten und die Wettervorhersage nicht allzu toll aussah, beschlossen Matze und ich, noch 2 Nächte länger im Waldhaus zu übernachten. Es fühlte sich eigenartig verlassen an, obwohl 3 der freiwilligen Farm- und Eventhelfer auch mit dort schliefen. Wir besuchten den Leuchtturm in Augusta, der der größte auf dem australischen Festland ist und von dem aus man sowohl auf den Indischen Ocean als auch den südlichen Ocean, der eine kalte Meeresströmung vom Südpol bringt, sehen kann. Der Wind war dementsprechend heftig und ziemlich kühl, was uns aber nicht davon abhielt, noch eine kleine Wanderung zu machen. Sie führte entlang der Küste an Überhängen entlang, die einst Tropfsteinhöhlen waren, nun wuchterte Moos überall und die Mineralien erschienen dunkel statt transparent und glitzernd. Eine noch "lebendige" Höhle besuchten wir mit einer Führung später am Nachmittag, wir waren die einzigen und freuten uns sehr. Um zur Höhle zu gelangen mussten wir eine steile Treppe hinunter in einen riesigen baumbewachsenen Kessel, der aus der vor langer Zeit abgesunkenen Höhlendecke entstanden ist. Ein Teil des unterirdischen Ganges wurde von einem Fluss eingenommen, der vor langer Zeit fast 1m höher gestanden hatte, als er es heute tut. Dadurch hängt eine gigantische Mineralplatte, die mindestens eine Tonne schwer ist, an einem dicken Tropfstein ein Stück über dem Wasser. Eigentlich fließt das Wasser durch die Höhle, aber so langsam dass man die Reflektion der Tropfsteine perfekt sehen kann. Mithilfe einer farbenfrohen Beleuchtungsshow sieht die Höhle dann aus wie aus einem Fantasyfilm. Nach diesen tollen Erlebnissen verabschiedeten wir uns nun von Margaret River- nicht ohne noch in der "Giniversity" vorbeizuschauen und die interessanten und von der australischen Flora beeinflussten Gins zu verkosten. Weil die Wettervorhersage für die nächsten Tage richtig bescheiden aussah, hatte ich uns einen niedlichen Wohnwagenanhänger auf einer Lavendelfarm in Nannup gebucht. Es gab eine Heizung und auch eine kleine Küchenzeile. Wir gingen die nächsten Tage entspannt an, genossen die grüne Natur und einen gemütlichen urigen Pub mit tollem Bier. Von einem Esskastanienbier hatte ich noch nie zuvor gehört! Als Matze die Besteigung des "Bicenntenial Trees" wagte, regnete es zum Glück nicht, sonst hätte ich noch mehr Herzrasen gehabt beim Zugucken. Auf solche großen Bäume sind früher die Feuerwächter draufgeklettert, um eine bessere Sicht zu haben, man hännerte einfach nach wendeltreppenprinzip Metallstäbe im rechten Winkel in den Baum. Um es ein wenig sicherer zu gestalten, wurde heutzutage am Kletterbaum noch eine Art Drahtnetz um die Außenseite der Stäbe gewunden. Matze hat die auf etwa sechzig Metern gelegene Plattform natürlich ganz locker lässig erreicht, ich stand nach dem ersten Viertel kurz vor einer Ohnmacht und bin mit zitternden Knien wieder runtergestiegen. In Denmark, was schon durchaus wieder zu den ländlicheren Gegenden zählt, gönnten wir uns eine wunderschöne Suite auf einem Hang mit Sonnenuntergangsterrasse. Bei einer Wanderung im Hinterland hatte ich dann mal wieder eine Begegnung mit einer Schlange, die letzte ist sicherlich schon Monate her. Wobei Begegnung vielleicht das falsche Wort ist, ich bin beinah auf sie draufgetreten, sie lag zusammengerollt halb auf dem Weg und ich war kurz mit meinen Gedanken woanders. Als Matze hinter mit einen überraschten Ton ausstieß, wusste ich irgendwie sofort, dass es nicht um die Sichtung eines Schmetterlings ging. Ich erstarrte und drehte mich behutsam um: Die schwarze Schlange mit weiß- rötlichem Muster lag zusammengerollt und mit eingedelltem Kopf da, ich war darüber etwas verwirrt, davhte sie sei verletzt. Später lasen wir, dass das bei den Tigerschlangen, als welche wir das Exemplar identifizierten, die entgültige Drohgebärde vor dem Angriff ist. Dass wir da nun zu beiden Seiten standen passte ihr nicht und mit einem beeindruckenden Tempo drehte sie sich um und verschwand blitzschnell in den Büschen. Danach guckte ich wieder sehr genau, wo ich hintrat. Die Nächte waren wirklich nicht gerade campingfreundlich, aber wir machten das Beste draus und hatten sogar mal eine richtig tolle und windstille Nacht am Meer mit einem gemütlichen Lagerfeuer. Nördlich von Albany, was abgesehen von Perth vermutlich die größte Stadt in Westaustralien ist, wanderten wir in den Stirling Ranges, der einzigen Gebirgskette inmitten endloser flacher Ebene. Wir hatten bei unserer Besteigung auf den zweithächsten Gipfel, den Toolbrunup (1050 Meter), großes Glück dass wir nicht in den Wolken standen sondern eine schöne Aussicht genießen konnten. Am kommenden Tag guckten wir uns eine nicht weit entfernte Plattform an, die einfach so mit Stahlträgern auf einem massiven Granitblock in einiger Höhe befestigt wurde. Man kann durch die Lücken in den Bodenstreben den Boden besser sehen, als einem lieb ist, ich bin sehr stolz auf mich, dass ich darüber gelaufen bin. Nach diesem Inlandabstecher fuhren wir nun wieder die Küstenlinie entlang. Besonders gut gefiel uns die Bremer Bay, wo sich das Wetter von seiner besten Seite zeigte und wir an einem sehr schönen Abend in der örtlichen Brauerei von den Mitarbeitern auf ein paar Bier und eine Riesenladung Pommes und Kichererbsensalat eingeladen wurden. Wir unterhielten uns angeregt mit den drei Schotten, die auch nur ganz zufällig zu dem Job gekommen waren. Sie würden bald wieder weiterziehen, also falls wir einen Job suchten.... verrückt, wie viele verlockende Jobangebote wir in der letzten Zeit bekommen haben. Anstatt auf dem Weg weiter Richtung Nordosten die Autobahn zu nehmen, schlängelten wir uns, den ekelhaften Bodenwellen auf der unbefestigten Straße trotzend, durch den Fitzgerald River Nationalpark zum Point Ann, wo wir in einem sehr schönen Camp übernachteten. Beim Kochen bekamen wir Besuch von einer Wallabymama und ihrem Kleinen, die keine Scheu vor uns hatten, aber schließlich das Interesse verloren, als wir ihnen nichts zu fressen gaben. Am nächsten Morgen brachen wir zeitig auf eine Wanderung auf, der Sonnenaufgang über dem Meer sah wunderschön aus und wir begegnetem Niemanden. Als wir auf dem Rückweg beschlossen, einen Teil der Route den Strand entlangzulaufen, trafen wir dort auf eine etwa Gruppe von etwa zwanzig Delfinen, die nur wenige Meter von uns entfernt schwammen. Sie schwammen in dieselbe Richtung in die wir mussten und ich könnte schwören, dass sie einmal sogar auf uns warteten, weil wir einen Hüge überwinden mussten. Spontan wagten wir uns am Ende der gemeinsamen Strecke auch ins Wasser, hielten aber sicherheitshalber einen gewissen Abstand zu den Tieren. Sie wirkten neugierig und nicht aggressiv, aber es waren dennoch wilde Delfine, mit deren Körpersprache wir keine Erfahrung hatten. Das i-Tüpfelchen unseres Tages bildete eine Walkuh mit ihrem Kalb, das wir in ein Stück weiter draußen auf dem Meer durch unser Fernglas entdeckt hatten. Nach unseren schönen Erlebnissen in Bremer Bay hatte ich ehrlich gesagt gar nicht so große Lust auf Esperance, ein Ort an dem es laut Reiseführern und Reisebroschüren die weißesten Strände Australiens gab. Aber wir wollten uns ranhalten und einpaar Nächte in Nationalpark verbringen, bevor uns laut Vorhersage eine wirklich ekelhafte Schlechtwetterfront erreichen sollte. Da es schon auf den Nachmittag zuging, schlug ich vor, eine kleine Runde entlang der diagonal abfallenden Granitfelsen entlang zu unternehmen. Da sollte es ein paar vom Wasser ausgeschürfte Überhänge geben. Bei trockenen Bedingungen wäre der Anstieg sicherlich kein Problem gewesen, aber da es die letzten Tage geregnet hatte, waren die leicht bemosten Stellen an denen sich Feuchtigkeit sammelten und den Felsen herunterlief recht rutschig. Ich verfluchte mich und meine Schnapsidee, vor allem als ich Matze aus den Augen verlor und mir Sorgen machte, dass er hingefallen und den Felsen bis hinab ins Wasser gerutscht war. Zum Glück war alles in Ordnung, ich war nur vom Kurs abgekommen und zu weit gelaufen, er hatte die Höhlen bereits gefunden. Eigentlich brauchte ich nach der Aktin wirklich keine Adrenalinschübe mehr, aber da offiziellen Campingplätze ausgebucht waren (Pfingstwochenende), mussten wir uns bis zu dem etwas inoffizielleren Strandcamp durchschlagen. Das hieß: Allradmodus an und im Dunkeln bei beinah Tidenhöchststand am absolut menschen-und autoleeren Strand entlang. Zu meiner Freude gab es wenigstens ein nagelneuen Klohäuschen und es gab keinen Regen, nichtmal Wind. Außer uns schien Niemand anderes da zu sein, was sich am nächsten Morgen bei meiner Strandjoggingrunde bestätigte. Das Meer schimmerte glasig und meine nackten Füße froren zunächst, bis ich feststellte, dass der Sand direkt an der Wasserkante deutlich wärmer war. Wir brachen zu einer Wanderung von Rossiter Bay nach Lucky Bay auf, die Landschaft sah wunderschön aus. Obwohl es nicht viele Bäume gab, sah man Blüten und viel Grün. Die Ausblicke auf das Meer waren traumhaft, Lucky Bay sah auch tatsächlich filterlos so aus wie in den Hochglanzbroschüren. Ich dachte gerade darüber nach, mich trotz nicht so badewetterfreundlicher Temperaturen ins Wasser zu wagen, als Matze einen Hai sichtete, der im türkis schimmernden Wasser entlang des Strandes patroullierte. Ich überdachte mein Vorhaben daraufhin. Wir beschlossen, dass man diese Rein-Raus-Wanderung sicherlich auch als Rundweg machen konnte, halt am Meer lang statt durchs Inland. Wir sind echt Zwei... So ganz einfach gestaltete sich das natürlich nicht, an einigen Abschnitten fiel die Küste steil ab. Wir bekamen zumindest tolle Ausblicke geboten und sogar ein paar versteckte Höhlen. Dafür musste ich mich meiner Höhenangst stellen und mehr als einmal einen Umweg suchen. Als wir dann gerade noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang den Wanderweg wiederfanden, beschlossen wir nochmal an unserem isolierten Strandcamp zu übernachten. Diese Nacht stellte sich jedoch leider als nicht so freundlich und mild wie die Vorherige heraus und ich konnte kaum schlafen, mir lief die Nase und ich hatte Kopfschmerzen. Eine fette Erkältung bahnte sich an. Zum Glück hate Matze angesichts einer grauenhaft miesen Wettervorhersage für die kommenden Tage einen Bungalow auf einem Campingplatz gebucht. Ich konnte die wärmende Heizung und Windstille gut gebrauchen, mir ging es gar nicht gut. Man hätte aber ohnehin nicht viel unternehmen können, es schüttete fast 48 Stunden ohne Pause und wurde danach nur abschittsweise netter.
Matze bastelte an unserer Campingbeleuchtung herum, ich las und kochte und schlief sehr viel. Am 25.5. verließen wir Esperance dann bei etwas netteren Wetterverhältnissen und brachen auf zu unserer Nullarborüberquerung. Der Nullarbor ist eine extrem karge Küstenlinie, die da wo sie auf das Meer trifft komplett abgeschnitten aussieht, die Klippen sind bis zu 80 Metern hoch. Das hängt wieder mal mit der geografischen Entstehung Australiens zusammen, der Süden Australiens war mal mit der Antarktis verbunden und der Meeresspiegel weitaus höher, das was nun als Kalksteinfelsen aus dem Wasser ragt ist eine ehemalige Riffkante. Inlandwärts ist, bis auf ein paar weitere Riffkante die nun zu Hügelketten abgetragen sind, alles flach. Es gibt zahlreiche Höhlen, die durch den porösen Charakter des Muschelkalks und deren Bearbeitung durch Regen und Wind entstanden sind. Wir guckten uns mehrere davon an, es fühlte sich toll an, Höhlenforscher zu spielen. Wir sahen in einer ein paar Fledermäuseund zahlreiche Tierskelette. Manche dieser Naturwunder sind gesperrt wegen Einsturzgefahr, andere sind nur unterirdisch mithilfe von Tauchausrüstung zugänglich. Ich fühlte mich wieder gesund und abenteuerlustig, nachts wärmte ich mich am Lagerfeuer und frierte dadurch kaum. An einem Aussichtspunkt am östlichsten Punkt der Steilküste konnte man Wale beobachten, sie kamen zu der Zeit des Jahres aus den antarktischen Gewässern um ihre Kälber zu gebären und sich zu paaren. Wir lernten ein deutsches Pärchen kennen, mit dem wir uns echt gut verstanden, schade dass sie in die entgegengesetzte Richtung reisten. Wir wollten gerade vom Aussichtspunkt wieder auf die Schnellstraße, als wir ihr Auto und noch zwei weitere am Straßenrand sahen. Wir hielten an und guckten, was los war: Ein Ire, der mit einem Mietwagen unterwegs war, hatte bei einem Tierausweichmanöver Steinein die Felge bekommen, das Auto selbst sah unbeschädigt aus. hatte sich jedoch fast auf die Seite gelegt. Die Männer versuchten, die Steine aus der Felge zu bekommen und schließlich ploppte mit Matzes Wunderschmiere der Reifen wieder an Ort und Stelle. Der Ire musste dringend nach Ceduna, was knapp 3 Fahrstunden entfernt gerade so hinter der Grenze nach Südaustralien lag, er musste einen Flieger erwischen. Da Matze und ich auch in die Richtung mussten, boten wir an vor ihm zu fahren, falls es doch noch ein Problem gab. Die nächste Werkstatt lag fast 200 Kilometer entfernt. Wir fuhren zügig, vielleicht war der Flug ja doch noch zu schaffen. Hmm.. das Auto fraß ziemlich viel bei dem Wind und dem Tempo. Wir blieben nichtmal 2 Kilometer vor der heiß ersehnten Tankstelle liegen, Matze wurde mit dem Benzinkannister hingefahren und dann konnte es weitergehen. Das Mietauto des etwas pechgeplagten Iren hielt gut durch, ob er seinen Flug noch geschafft hat, wissen wir nicht, aber wir Alle haben unser Bestes gegeben. Als wir die Grenze nach Südaustralien passierten, gab es wieder eine Obst- und Gemüsekontrolle, wegen Fruchtfliegen und anderen Schädlingen. Wir verbrachten 2 Nächte in einer kleinen Cabine in Elliston auf der Eyre Peninsula, die Küste war zerklüftet und es gab nur einige kleine Buchten, das Wetter war im Moment stürmisch und die Luft sehr salzig, was eine Art Salzwassersprayeffekt auslöste, mir lief ständig die Nase. In Wyalla, nur 400 Kilometer von Adelaide entfernt, stellte Matze fest, dass unser Radiator Kühlmittel verlor und das Kühlsystem Wasser verlor. Wir kauften am nächsten Morgen eine Versiegelungsflüssigkeit, die kleinere Lecks verschließen kann und drückten die Daumen, dass der Radiator noch das letzte Stück der Etappe durchhalten würde, bis wir eine angemessene und preisgünstige Auswahl an Ersatz hatten. In Augusta, von wo aus es nur 380 Fahrkilometer bis zu den Südausläufern des meist komplett trockenen Inlandsees, dem Lake Eyre. Also auch nicht mehr so weit bis zur Simpson Wüste, wo wir vor etwa 9 Monaten das Herz Australians entlang der Grenye zwischen dem Northern Territory und Südaustraliens durchquert hatten. Obwohl Port Augusta an einer sehr weit ins Inland reichenden Meeresbucht liegt, kann man hier selbst im Winter schon an der Vegetation eine salzige Trockenheit ausmachen, die Temperatur stieg mittags trotz einer kühlen Brise so weit an, dass ich nur im T-Shirt unterwegs war. Der Sand der Dünen entlang der Bucht hat bereits einen deutlich rötlichen Schimmer, aber am feuchten flachen Abschnitt zu ihren Füßen wachsen hier Mangroven. Ich habe seit Broome in Western Australia keine mehr gesehen, sie wirken hier total fehl am Platz in diesem alles andere als tropischen Klima. Verrückt, die Natur. Weil das Meerwasser sich kilometerweit nach Norden schlängelt, ist der Entdecker Flinder, nach dem die in Sichtweite liegende Bergkette "Flinders Ranges" benannt wurde, zu der Annahme gekommen, dass Australiens Landmasse durch eine Art Kanal zweigespalten ist und er nach etwas 2000 Kilometern den Carpentaria Golf im Norden erreicht. Hat sich als Fehlannahme herausgestellt, aber er hat einiges an wundersamer Tier-und Pflanzenwelt entdeckt bei seinen Abstechern ins Inland und deswegen war die Expediation ein voller Erfolg. Wir verbrachten noch eine letzte Übernachtung vor Adelaide im Nieselregen auf einem Campingplatz- der Radiator schlug sich tapfer- am 2.6. kamen wir bereits Morgens in Adelaide an, weil Matze gleich einen Job hatte. So lernten wir Adelaide ganz anders kennen als alle anderen Städte bisher, nicht nachmittags im Bummeltempo sondern mit der vollen Dröhnung Berufsverkehr und dem dringend nötigen Kaffee beim Fahren.