Cassiopeia
Cassiopeia
vakantio.de/cassiopeia

Jaipur - Indien

Veröffentlicht: 10.11.2023

Um erhlich zu sein, gibt es in diesem Eintrag, so wie im folgenden über Delhi nicht allzu viel von den Städten zu berichten. Ich hatte mein Energietief in diesen Städten und freute mich vor allem demnächst in die ruhige und saubere Himalayaregion Indiens zu gelangen. Momentan fühle ich mich so, als ob ich genug indische Metropolen gesehen habe. Zum ersten Mal waren die Massen an Menschen, der mir jetzt unfassbar laut vorkommende Lärm der Stadt, der Schmutz, der Smog und das allgegenwärtige Chaos zu viel. Womöglich kam auch noch hinzu, dass ich es immer bevorziehe Taxis und TukTuks zu vermeiden, um einerseits Geld zu sparen, aber auch weil man durch längeres laufen einen viel besseres Gefühl für die Stadt und die Menschen bekommt und so ziemlich viel und lange laufe. Außerdem kann man im Indien unglaublich gut per Anhalter fahren, sodass es Tage gibt an dem mich bestimmt sechs Leute auf ihrem Roller oder Motorrad mitnehmen, in ein fremdes Auto zu steigen ist mir hier dann doch ehrlich gesagt zu riskant. 

Nachdem ich also den ganzen Tag durch die Stadt in der Sonne lief, der Smog an meinem Kehlkopf kitzelte und die Indern mir festlich demonstrierten wer am längsten und lautesten Hupen kann, kam ich abends endlich in der Natur, auf einem Wanderpfad an, an dem ich alleine war. Selten hat sich das Alleinsein so gut angefühlt. Ich kam in einer wundervollen Schlucht an, in der ein skuril aussehender Hanumantempel auf ein kleinen Teich herabschaute, indem die Frösche quackten und die kleinen Streifenhörnchen ihre Wasservorräte auftankten. Dort las ich länger "Das Café am Rande der Welt" und dachte über das, sich fundamentalen Fragen stellende Buch nach, bis ich von einer Gruppe von jungen Indern aus meinen Tagträumerein gerissen wurden. Wir unterhielten uns amüsiert über den menschenleeren Ort und sie machten sich bei Anbruch der Dunkelheit wieder zurüxk richtung Zivilisation. Da einer der Tempelbewohner uns stolz auf seinem Handy Bilder von Leoparden und Löwen zeigte, die bei Dunkelheit sich wie die Streifenhörnchen zum Teich schlichen um Beute zu fangen und ich heute keine Lust auf eine hoffnungslose Verfolgungsjagd in einer abgelegenden indischen Schlucht hatte, bei der ich als Mitternachtssnack einer Löwenfamilie endete, schloss ich mich ihnen kurzerhand an und sie fuhren mich sogar noch zurück zur Stadt.

Am nächsten Tag verbrachte ich die meiste Zeit an einem anderen wundervollen Tempel, an dem ich mein Buch weiter las und meine Gedanken weiter schweifen ließ.

Ich hatte mich ja bereits schon mit der Frage nach der Glücksehligkeit auseinandergesetzt und ob diese überhaupt zu erreichen ist. Dabei dachte ich immer wieder darüber nach, dass Lust und Freude essentiell sind, man aber auch Trauer und Frust hinnehmen muss, um es kurz zu fassen. Aber die Frage woraus Freude eigentlich entsteht hatte ich bis zu dem Moment an dem ich das Buch las, komplett außen vorgelassen. Mit meinen kindhaften 21 Jahren hatte ich bereits das Privileg und Glück einen Einblick in verschiedene Kulturen zu bekommen und Menschen verschiedensten Wesens kennen zu lernen. Da waren lustige, komische, ernste, schlaue, dumme, ehrgeizige, nervige, interessante, lebhafte, nette und unfreundliche.

Eine Art von Menschen stich jedoch schon immer heraus. Es waren Menschen, die Gutmütig waren, viel Energie hatten, bodenständig lebten und einfach glücklich schienen. Es waren Menschen die einen mit ihrer Leidenschaft und Energie anstecken und man sie beneidete und sich fragte was dieser Mensch gemacht hat um so zu sein wie er ist. Ich traf bis jetzt zwei solcher Menschen, einen 22 jährigen Biologen in Sri Lanka und eine Krankenschwester in Uniklinikum Aachen. Beide redeten über ihren Job, jedoch nicht so als ob es ein Weg sei um an Geld zu kommen und das kleinste Übel ist, sondern vielmehr ihre Leidenschaft, die Sie Tag für Tag ausüben dürfen und eine Faszination teilten die ich sonst nur von meiner kleinen Nichte kenne, die sich mit einem Strohhalm eine halbe Stunde, ohne den Hauch von Desinteresse, beschäftigen kann. Es scheint als ob diese Menschen für sich herausgefunden haben, warum sie hier sind und den Zweck ihrer Existenz kennen.

So viele Menschen stellen sich diese Frage nie oder so spät, dass sie keine Kraft mehr haben, nicht mehr flexibel genug sind oder zu viel Angst haben ihren Traum in die Realität umsetzen. Und was macht nun einmal das Sozialwesen Menschen, wenn es keinen eigenen Antrieb hat. Es folgt der mehrheitlichen Masse und glaubt, nur weil alle nach der Schule sofort mit dem Studium beginnen muss ich es auch machen und immer weiter auf die nächste Strebe der Karriereleiter hinarbeiten um mehr Geld und Ansehen zu bekommen. Das Geld hat dann den Zweck, sich als Art 'Entschädigung', dafür das man so viel Zeit in die Arbeit steckt, diese vergangene Zeit mit Gegenständen, die einem angeblich glücklich machen sollen, wieder auszugleichen. Wenn man sich dann die neue designer Couch kauft, erlebt man dann das Gefühl von Glück, weiß aber auch wie viel sie gekostet hat und dass man jetzt wieder mehr arbeiten muss um es auszugleichen oder das nächste Objekt zu kaufen. Man verbringt noch mehr Zeit mit der Arbeit und braucht größere Entschädigungen und so kann man leicht in einen Teufelskreislauf des Konsums kommen, der einem Glücklichkeit vortäuscht. Hinzu kommt, dass Menschen in den Urlaub fahren um ihre Batterie wieder vollzutanken und um das Leben zu genießen, statt den Alltag so auszuleben, dass man nicht vor ihm flüchten möchte. Wenn man dann auch noch Tag für Tag auf die Rente hinarbeitet, um am Tag X endlich seine Träume zu verwirklichen sollte man sich vielleicht wirklich fragen ob man irgendwo auf dem Weg des Lebens falsch abgebogen ist.

Aber nur weil man vielleicht den Grund seines Daseins kennt, heißt ja auch noch lange nicht ein erfülltes Leben zu haben. Die Erkenntnis in die Realität umzusetzen ist vermutlich sehr viel schwieriger als man denkt. Zweifel ob man damit auch genug Geld verdient, für sein Alter vorsorgen kann und von anderen ernst genommen wird, sind da vermutlich ganz normal. Aber wie ich sagte, haben diese Menschen die es bereits herausgefunden haben und dabei sind es auszuleben, eine Art an sich, die eigentlich immer mit Erfolg verbunden ist. Manchmal scheint es so, dass diese Menschen richtige Glückspilze sind, da man das Gefühl hat, dass ihnen so viel positives passiert und alles nach ihrem Plan läuft. Doch wer so viel Leidenschaft, Freude und Zeit in etwas investiert hat kein Glück, es ist vielmehr das Ergebniss und die Bezahlung all dieser Sachen. Und selbst wenn man sich das worst-Case-Scenario vorstellt und zum Beginn der gesetzlichen Rente keine anständige Altersvorsorge hat, dann ist das schlimmste, dass man halt weiter macht mit dem was man liebt. Man kann also nur gewinnen, man muss sich halt nur trauen.

Jetzt ist halt nur noch die Frage wie man herausbekommt was sein eigener Zweck der Existenz ist und das ist vermutlich eine Frage auf die niemand eine konkrete Antwort hat. Manche Menschen finden es heraus indem sie viel Zeit in der Natur verbringen, viele Berufe ausprobieren, sich Fortbilden, Meditieren, Reisen und somit andere Kulturen und Sichtweisen kennen lernen, Bücher lesen oder es schon als Jungendlicher herausfinden. Unabhängig davon sind, denke ich, aber zwei Faktoren obligat. Es gibt niemanden der dir diese Frage beantworten kann, auf die Lösung muss man schon selber kommen und man muss sich nun einmal Zeit nehmen um darüber nachzudenken und dass alleine damit man sich auch halbwegs konzentrieren kann.

Das tolle ist ja dann auch das damit bei diesen Menschen die Angst vor dem Tod auch schon erledigt ist. Soweit ich denken kann gibt es vor allem zwei Gründe Angst vor diesem Geschehniss zu haben. Die eine ist, dass man noch so vieles machen möchte und seine Träume verwirklichen will. Wenn man das aber ja Tag für Tag schon macht was man möchte und liebt, warum sollte man dann Angst davor haben etwas verpasst zu haben? Der zweite Grund ist die Angst vor dem Ungewissen. Eigentlich sollte diese gar nicht mehr aufkommen. Egal ob man an das Nirwana, den Himmel, das Paradis oder nur an den natürlichen Zerfall der biologischen Einzelteile des Organismus glaubt, weiß man ja eigentlich was auf einen zukommt. Bei diesen Menschen scheint es aber doch so, als ob sie ihren Glauben nicht 100% vertrauen und es anzweifeln. Warum sollte man sonst vor dem perfekten Zustand Angst haben. Hier sehe ich den Vorteil von Atheisten, die wissenschaftlich an dieses Thema herangehen. Sie haben gar keine andere Wahl den Tod als endgültiges Ende der Existenz zu sehen und wissen somit was auf sie unwiederruflich zukommt. Natürlich gibt es noch andere Gründe Angst vor dem Tod zu haben, wie z. B. das man sich nicht mehr um seine Familie kümmern kann, die vielleicht durch das Einkommen auf einen angewiesen ist. Darauf habe ich aber auch noch keine gescheite Lösung, bis auf, dass man als Elternteil alles versuchen sollte was in seiner Macht steht seine Kinder zu selbstständigen Menschen zu erziehen die sich selbstverwirklichen können und das durch Liebe, Bildung und moralischen Normen die man den Kindern auf den Weg gibt.

So saß ich also mehrere Stunden dort im Tempel, schlief ein wenig und dachte länger nach. Als ein Angestellter des Tempels dann schon zum dritten Mal zu mir kam und mich fragte ob alles okay sei und dann sogar misstrauisch fragte ob ich betrunken sei oder andere Drogen genommen habe, da ich hier so geistesabwesend sitze, verneinte ich es lachend, wobei er mir ziemlich sicher nicht glaubte. Dann ging er weg und ich hörte wie er sich auf Hindi mit einem Kollegen unterhielt und auf mich ab und zu Mal hindeuten. Der einzige Anglizismus den ich heraus hörte war "Security" und als ich das hörte packte ich schnell meine Sachen und schlenderte davon. Schon frech, dass man als Sicherheitsproblem angesehen wird, wenn man sich als Tourist Mal Zeit nimmt und versucht etwas wie eine Tempelanlage zu genießen und versucht ihre Ausstrahlung als Inspiration zu nehmen um über das Leben zu philosophieren. Er hätte wahrscheinlich lieber gesehen, wie ich, wie auch alle anderen Touristen, durch die Anlage hetzte und sie mir durch meine 10 Megapixel Kamera anschaue. Was für ein Rabauke, ich würde ihn sogar als Halunke, Schuft, Taugenichts oder Schelm bezeichnen (⁠◠⁠‿⁠◕⁠)

Antworten

Indien
Reiseberichte Indien