Veröffentlicht: 26.07.2019
Die Fahrt nach Nara dauerte keine Stunde und kostete nur CHF 4.00 pro Weg. Besser noch, die Fahrt startete direkt bei unserer Unterkunft in Juso.
Von 710 bis 784 war Nara die Hauptstadt Japans. Nach der Verlegung der Hauptstadt nach Kyoto verlor Nara an Bedeutung. Übrig blieben die buddhistischen Tempel und Shinto-Schreine. Viele der Tempel, Schreine und Ruinen in und um Nara sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Nebst den historischen Kultstätten zählen auch die Sikahirsche zu den Hauptattraktionen.
Im Park gibt es rund 1200 freilebende Hirsche. Die Tiere gelten bei der lokalen Bevölkerung als göttliche Boten. Ihre Bedeutung geht auf eine alte Legende aus dem 8. Jahrhundert zurück. Die Hirsche bewegen sich frei auf dem Gelände und dürfen mit speziellen Crackern (Shika Senbei) gefüttert werden. Bevor die Tiere den Snack verdrücken, verneigen sie sich höflich. Wer nicht aufpasst, ist seinen Cracker allerdings bereits vor der obligaten Verneigung los. Hunger leiden müssen die Tiere auf jeden nicht. Die Fütterung der Hirsche gehört zur Hauptattraktion des Parkes. Da einige Hirsche bereits mehr als genug genascht hatten, verzichteten wir aufs Füttern und verteilten stattdessen Streicheleinheiten. Zudem amüsierten wir uns ganz köstlich über die asiatischen Städter, die wohl noch nie ein Tier in 'freier Wildbahn' gesehen haben. Durch den Gestank liessen sie sich zwar nicht abschrecken (Ausdünstung eines Schafbocks), dafür hatten sie schreckliche Angst vor den Geweihen. Diese sind im Übrigen mit einer öligen Schicht und feinen Härchen überzogen. Das Fell ist eher grob, fast schon strohig. Sobald sie die Leckereien in den Händen hielten, wurden sie von mehreren Tieren umgeben. Die führte zu witzigen Situationen. Einige sprangen über Zäune, andere liefen schreiend durch die Gegend und die Mehrheit liess einfach alles fallen. Wir kraulten die gutmütigen Tiere und beobachteten die Szene – besser als in jeder Komödie. :-)
Nach dem Mittagessen unternehmen wir einen Spaziergang durch den weitläufigen Park und besuchten einige der Tempel und Schreine. Besonders beeindruckend fanden wir den Todaiji Tempel. Die Haupthalle des Todaiji, Daibutsuden (Halle des Großen Buddhas), ist das größte Holzgebäude der Welt – und das, obwohl die Rekonstruktion aus dem Jahr 1692 ein Drittel kleiner ist als die Originalhalle. In Inneren steht eine der grössen, aus Bronze gegossenen Buddha-Statuen (Daibutsu) Japans. Das Konstrukt ist wirklich gewaltig. Es ist einer der beeindruckensten Tempelanlangen, die wir bisher gesehen haben. Auf dem Weg zum Kasuga Taisha Schrein besuchten wir noch weitere, kleine Tempel und Schreine. Wir genossen vor allem die Natur und die Ruhe. Zwar gab es viele Besucher, aber diese verteilten in der grossen Parkanlage sehr gut.
Knapp 2000 steinerne Laternen weisen den Weg zum Kasuga Taisha Schrein. Innerhalb der Schrein-Anlage sind rund 1000 bronzerne Laternen aufgehängt. Das bronze und gold der Laternen steht im Kontrast zu den orangen Gebäuden und den grünen Bäumen. Wirklich ein magischer Ort. Auf dem Rundgang durch die Anlage findet sich ein abgedunkelter Raum – durch das Licht kommen die Muster auf den Laternen zur Geltung. Keine sieht aus, wie die andere. Es scheint sich um Einzelanfertigungen zu handeln. Die Anlage gefällt uns sehr gut.
Als letztes besuchen wir den Kohfukuji Tempel. Dieser Tempel stammt ursprünglich aus dem 7. Jahrhundert. Die fünfstöckige Pagode wurde im Jahr 1426 wieder aufgebaut, nachdem sie zuvor fünf Mal abgebrannt war.
Aufgrund der Grösse des Parks ist es praktisch unmöglich, an einem Tag alle Tempel und Schreine zu besichtigen. Zumindest dann nicht, wenn man an einem Ort etwas mehr Zeit verbringen möchte. Wir haben uns für die gemütliche Variante entschieden. Weniger ist manchmal mehr. Nara ist ein wunderschöner und friedvoller Ort. Wir haben den Tag ausserhalb der Stadt in vollen Zügen genossen.
Von Osaka geht es mit dem lokalen Zug weiter nach Kyoto. Hier warten viele weiter Schrein- und Tempelanlagen auf uns.