Veröffentlicht: 25.12.2023
Also, Weihnachten in Island...
Am 23. Dezember ging es traditionell Fisch essen. Da Ingveldur verständlicherweise den Fisch nicht selbst kochen wollte, sind wir zu dritt in das Restaurant bei der Tankstelle hier im Ort gefahren. Schon beim Eintreten konnte ich kaum atmen, weil es so heftig und beißend gestunken hat. An der Wand war ein Buffet aufgestellt und nachdem wir "Eintritt" bezahlt hatten, haben wir uns Teller genommen und uns angestellt. Ingveldur hat gleich schon auf einen Pizza-Warmhalter gezeigt und gemeint, dass ich lieber gleich Pizza nehmen und bei ihr dann probieren sollte. Ich war noch nie so dankbar für Pizza. Vor einer ganzen Weile habe ich schon mal Hai an sich probiert und es hat wirklich eklig geschmeckt, aber das? Der Fisch hat genauso geschmeckt, wie er gerochen hat. Alleine die halbe Stunde, die wir dort gesessen und gegessen haben, hat mir gefühlt die Nase weggeätzt. Trotzdem waren alle 20-25 Tische bis zum letzen Platz belegt. Ich verstehe wirklich nicht, wie man sich das freiwillig antun kann. Aber ich habe auch einige Familien auf deutsch reden hören und auch andere Sprachen.
Nachdem wir noch einkaufen waren, ging es Zuhause erstmal unter die Dusche, da sich der Gestank nicht nur in allen Klamotten sondern auch in den Haaren festgesetzt hatte.
Der 24. Dezember ging ganz entspannt los. Alle haben ausgeschlafen, sodass ich um kurz nach elf nicht die einzige beim Frühstücken war. Dann ging es ans Hütten putzen. Es ist interessant. Die letzten zwei Monate waren so gut wie gar keine Touristen hier und über die Feiertage waren wir wieder fast ausgebucht.
Nachmittags ging es dann ans Kochen, wobei ich nicht viel geholfen habe, da zwei der Söhne sammt Freundinnen bereits am Helfen waren und die Küche irgendwann zu voll wurde.
Abends gab es dann gegen sieben Essen - echt leckeres Essen. Es gab Braten mit Kartoffeln und Pilzsoße. Dazu gab es Apfelstücke in irgendwas in Richtung Schlagsahne, was total lecker war und Süßkartoffelbrei mit Mandeln und karamellisiertem Zucker darüber, die meiner Meinung nach eher zum Nachtisch hätten gehören sollen. Zum Nachtisch gab es dann noch selbstgemachtes Eis - irgendwas in Richtung Snickers oder Mars oder sowas - und etwas, das in Richtung eingefrorene Schlagsahne mit Nüssen und Karamellsoße ging.
Nach dem Abräumen und Aufräumen ging es dann an die Geschenke. Ich glaube, wir haben insgesamt eine halbe Stunde Geschenke ausgepackt und ich hatte mir schon vorher Gedanken darüber gemacht, ob ich dieses Jahr überhaupt GEschenke bekomme, oder nicht, doch am Ende habe ich sogar zwei Geschenke bekommen - von einer Freundin von einem der Söhne polnische Kekse (sie kommt aus Polen) und von Ingveldur und Stani eine Teetasse, weil sie sich schon öfter darüber lustig gemacht haben (Natürlich nicht böse gemeint), dass ich so viel Tee trinke. Danach haben wir noch im Wohnzimmer gesessen und die Freundin vom anderen Sohn hatte ein kleines Weihnachts-Quiz vorbereitet. Einige Fragen konnte ich mit beantworten, aber die meisten Fragen waren über Filme oder Lieder, die ich nicht kannte. Und obwohl sich alle offensichtlich Mühe gegeben hatten, teilweise Englisch zu sprechen, lief das Meiste doch auf Isländisch. Auf der einen Seite verstehe ich natürlich vollkommen, dass man eher in seiner Muttersprache miteinander redet und so, aber ich habe mich trotzdem irgendwie blöd gefühlt, weil ich die meiste Zeit nichts verstanden habe und somit auch nicht mitreden konnte. Dafür haben sich die Hunde zu mir gesellt, weil ich dadurch genug Zeit hatte, sie zu streicheln.
Irgendwann gegen elf Uhr bin ich dann aufgestanden und in mein Zimmer gegangen. Einerseits, weil ich wirklich müde war und mich der ganze Abend ziemlich ausgelaugt hatte, andererseits aber auch weil ich ziemlich Heimweh bekommen habe. Vielleicht lag es nur daran, dass ich ziemlich fertig war oder daran, dass es für mich das erste Weihnachten ohne meine Familie war oder daran, dass alle anderen hier bei ihrer Familie waren und ich mich durch die Sprache ungewollt irgendwie ausgeschlossen gefühlt habe. Wahrscheinlich war es alles zusammen. Spontan habe ich mich dann doch dazu entschieden, bei meinen Eltern anzurufen, bevor ich schlafen gegangen bin.
Der 25. Dezember lief dann bis auf das Abendessen auch wieder normal ab. Zum Abendessen hatte Julia (die Freundin von einem der Söhne - und ja, wir haben den selben Namen), die aus Polen kommt, ein polnisches Weihnachtsessen vorbereitet. Es gab etwas, was mich ziemlich stark an selbstgemachte Maultaschen erinnert hat, dazu im Grunde Nudelsalat, aber anstatt Nudeln waren es Kartoffeln und noch ein paar andere Sachen, die ich nicht mal wirklich beschreiben kann. Es war lecker, aber noch mal brauche ich das nicht.
Bevor jetzt noch mehr Leute fragen, schreibe ich es jetzt hier noch mal für alle: Ja, es geht mir gut. Nein, unsere Farm ist vom Vulkan nicht betroffen, da wir rund drei Autostunden vom Ausbruch entfernt wohnen. Nein, bis auf ein Mini-Erdbeben, das man kaum gespürt hat, haben wir hier nichts mitbekommen. Auch wenn ich gerne Fotos gemacht hätte, war es am Anfang noch zu unsicher, da man nicht genau wusste, wo es für Touristen sicher zum langlaufen ist und inzwischen ist der Ausbruch auch schon wieder vorbei. Wobei zum Glück keine großen Schäden entstanden sind.
Auch ein kleines Abenteuer hatte ich am 14. Dezember. Ingveldur und Stani waren für zwei Tage in Reykjavik und ich wollte die Zeit nutzen, um das Weihnachtsgeschenk für die beiden fertigzumachen. Ich hatte in den Tagen davor eine Tasche selbst gehäkelt und es hatten noch Süßigkeiten gefehlt, mit denen ich die Tasche füllen wollte. Also bin ich mit dem Auto ins Dorf gefahren, um die Süßigkeiten und Orangensaft für Punsch zu kaufen. Die Hinfahrt war kein Problem und im Supermarkt habe ich alles bekommen.
Aber als ich mich dann ins Auto gesetz hatte, um zurückzufahren, war irgendwas komisch. Das rechte Vorderrad hatte irgendwie geschleift und das Lenkrad hat sich die ganze Zeit nicht ordentlich drehen lassen. Da ich vom Supermarktparkplatz schon fast runter war, bin ich neben dran auf den Parkplatz von der Bank gefahren. Der rechte Vorderreifen war irgendwie komplett verzogen und stand auch nicht mehr grade. Zuerst habe ich dann einen Mann auf dem Supermarktparkplatz angesprochen und gefragt, ob er mir helfen kann, der meinte aber, er hat keine Ahnung von Autos und dass ich drinnen, also im Supermarkt mal nachfragen sollte. Dort habe ich dann einen Mann gefunden, der mitgekommen ist zum Auto und anscheinend auch die Familie hier kennt - die kennen sich hier ja sowieso alle untereinander. Der Mann wusste zwar auch nicht wirklich weiter, aber er meinte, dass ich auf keinen Fall an diesem Abend mit diesem Auto noch nach Hause fahren kann.
Ich war natürlich total fertig mit den Nerven, bis mir dann eingefallen ist, dass Isabella, die eine Tochter in meinem Alter, die noch auf der Farm wohnt, zu der Zeit gerade an der Tankstelle keine fünf Minuten entfernt gearbeitet hat. Sie hat sich das Auto dann auch noch mal angeschaut, konnte aber auch nichts machen. Da ihre Schicht erst um 21 Uhr zu Ende war und es da erst halb sechs war, hat sie mich in den hinteren Teil der Tankstelle verfrachtet - eine Art Veranstaltungsraum - und dort habe ich dann dreieinhalb Stunden gesessen und mit meiner besten Freundin und mit meinen Eltern telefoniert und so die Zeit totgeschlagen. Von Isabella habe ich sogar zwischendurch eine kostenlose Pizza bekommen.
Am Ende waren wir dann um halb zehn wieder auf der Farm und ich musste mich erstmal von dem Schreck erholen. Stani meinte, dass die Achse von dem Rad durchgebrochen ist, dass das aber schon öfters und mit allen Autos passiert ist, einfach weil die Straße zur Farm so schlecht und voller Schlaglöcher ist. Im Endeffekt hatte ich an dem Abend mehr Glück, als mir anfangs bewusst gewesen war. Wer weiß, was passiert wäre, wenn die Achse mitten auf dem Weg im Nirgendwo oder bei voller Fahrt kaputt gegangen wäre, oder was passiert wäre, wenn Isabella nicht gerade gearbeitet hätte. Inzwischen ist das Auto wieder repariert, aber da die Straßen hier wegen den niedrigen Temperaturen völlig vereist sind und das Wetter im Moment auch nicht unbedingt das Beste ist, bleibe ich im Moment lieber auf der Farm.
Bis dann
Julia