Veröffentlicht: 17.06.2018
Unsere letzte Etappe nach Venedig... der Tag startet mit einem Frühstück, das für italienische Verhältnisse echt gut ist und unsere Gastgeber sind unglaublich nett und bemüht- innerlich leiste ich Abbitte, weil ich dachte, der Typ ist ein Serienkiller.
8 Uhr- rauf auf die Räder und los! Es sind bis 29 Grad vorher gesagt, da wollen wir keine Zeit verlieren. Die längste Strecke liegt heute vor uns. 138 km.
Die Gedanken kreisen... Ziel zu hoch gesteckt? Hintern tut weh. Gibt es einen Zug nach Mestre zum letzten Hotel? Wie sollen wir das schaffen?
Wir erreichen den Lago di Santa Croce. Ein wunderschöner See in den venetischen Alpen. Türkisfarbenes Wasser - wie im Märchen. Hier könnte man schön verweilen und das Leben genießen, aber wir haben ja noch 110 km vor uns.
Danach geht es den letzten Pass hoch. Die Grenze zwischen der Provinz Belluno Dolomiti und Veneto. Oben angekommen verabschieden wir uns dankbar mit einem letzten Blick zurück, von den beeindruckenden Bergen der Dolomiten.
Jetzt sausen wir den Berg runter unter der Autobahn durch! Das macht riesig Spaß - runter, runter immer weiter! Wir haben auch kein Mitleid mit denen, die uns entgegen den Berg hochtreppeln.
Anstrengend wird es dann wieder, wenn man am Samstag durch die Städte fahren muss. Warm, viel Verkehr, aufpassen, wo der Weg ist. Mario voraus, Petra hinterher. (Wenn Petra den Weg finden müsste, wären wir jetzt wahrscheinlich in Wuppertal-Süd)
Übrigens: Hintern tut weh. Oberschenkel sind müde. Noch nicht mal die Hälfte der Strecke geschafft!
Und auf einmal ist man nicht mehr in den Bergen. Es ist so ein gigantisches Gefühl, sich das mit dem Fahrrad zu erarbeiten. Du spürst, die Wärme ist anders, es riecht anders, die Bäume und Pflanzen sind anders. Große Weingärten, wir fahren auf der Prosecco-Straße durch Venetien.
In Santandrà, es sind noch 56 km, mir (Petra) tut so unglaublich der Hintern weh, dass mir die Tränen runter laufen. Ich will nicht aufgeben, aber vielleicht ist schon mal jemand an Hinternschmerzen gestorben und es wurde nur nie bekannt? Spaß beiseite, wir müssen Pause machen. Mario tröstet und bedauert mich ein bisschen und wir trinken eiskalte Cola. Gegenüber in der Kirche ist gerade eine Hochzeit und wir beobachten die schön zurecht gemachten Hochzeitsgäste. Wir fragen uns, wie die Frauen mit derartig hohen Absätzen laufen können. Der Hintern wird besser.
Wir erreichen Treviso. Ab hier noch 46 km. Eine schöne Stadt, in der man auch mal einen Tag verbringen könnte. Wir fahren weiter und entdecken direkt an unserer Strecke ein kleines Bistro- wir sitzen direkt am Wasser- am Fluss Sile.
Ob wohl irgendjemand die Fahrräder und uns mit nach Venedig nehmen könnte? Ist doch egal, was die anderen denken. Dann haben wir es halt nur fast geschafft...oder wir erzählen es einfach niemand. Datenschutz!
Nach leckerem Essen und Cappuccino geht es weiter, mit dem Hintern auf dem Fahrradsattel.
Wir fotografieren die Reste der alten Lastkähne auf dem „Cimitero dei burci“ und verwerfen die Gedanken an einen Transport der Fahrräder auf dem Wasserweg.
Die Strecke ab hier ist eben, man könnte auch sagen flach....es geht über viele kleine Straßen, durch kleine Orte und Weiler, es sieht plötzlich alles gleich aus. In der Ferne sieht man schon Flugzeuge im Landeanflug. Wir kommen immer näher ans Ziel, was auch die am Horizont sichtbar werdenden Lastkräne des Hafens bestätigen.
Wir erreichen unser Hotel in Mestre! Nach 782 Kilometern haben wir es geschafft. Im ersten Moment sind wir glücklich unser Ziel erreicht zu haben. Kurz durchatmen, die Fahrräder wegschließen, duschen und los geht’s mit dem Zug nach Venedig. Für alle, die so viel über Venedig wissen, wie ich noch vor wenigen Tagen:
Mestre gehört zu Venedig. Es macht wenig Sinn, mit dem Fahrrad direkt nach Venedig zu fahren, dort kann man das Rad nur schieben, das macht keine Freude, daher ist unser Hostel in Mestre.
Mit dem Zug geht es in 12 Minuten nach Venedig
Venedig besteht aus 118 beieinander liegenden Inseln. Die Stadt wurde mit Hilfe von Holzpfählen, die in den Meeresgrund gerammt wurden, erbaut.
Venedig zu beschreiben ist schwierig, wir finden es wunderschön! Ja, Venedig ist sicher maximal touristisch vermarktet und als wir am frühen Abend ankommen sind noch sehr viele Besucher hier. Je später es wird, lichten sich die Menschenmengen in den kleinen Gassen.
Nach Sonnenuntergang, die unzähligen Lichter in der Lagune spiegeln sich im Wasser, es wird ruhiger - Zeit, Bruchstücke unserer Reise in Gedanken nochmal Revue passieren zu lassen.... für all die großartigen Impressionen, Gefühle und Gedanken ist es noch zu früh. Wir gönnen uns nach Aperol und Essen direkt an der Rialto-Brücke noch eine Fahrt mit dem Wassertaxi.