Veröffentlicht: 08.08.2019
Liebe Geschwister, Familie und Freunde,
auch wenn wir nun langsam zum Ende unserer Reise kommen, hier mal wieder ein kleines Lebenszeichen.
Wir sind insgesamt eine Woche in Almaty geblieben, denn es ist eine tolle Stadt und hat neben schönen Kathedralen und Moscheen auch herrliche Parks, durch die wir kamen, wenn wir durch die Stadt fuhren. Aber am besten haben uns die vielen Springbrunnen gefallen. Wo wir hinkamen, gab es Wasser in Brunnen, in kleinen Sielen, die gestaut entlang der Straßen fließen, und als Planschbecken mit Fontänen. Überall tümmelten sich bei der Hitze vor allem Kinder, aber auch viele Männer (natürlich keine Frauen) in der herrlichen Erfrischung. Da auch die Menschen in Kasachstan gerne feiern und Vergnügen suchen, gibt es jede Menge Vergnügungsparks mit Achterbahn, Riesenrad, Kettenkarusell und vielem mehr. Alle Parks und Grünanlagen sind kostenfrei und mindestens so gut gepflegt wie unser Luisenpark.
Mit einer Engelsgeduld (3 Stunden) in einem Reisebüro besorgte Stephan unsere Zugtickets nach Astrachan. Da wir leider nicht mit Rädern und Gepäck in einen Schnellzug dürfen (max 25kg), müssen wir einmal 44 Std., dann 24 Std. und nochmals 11 Std. in der dritten Klasse fahren. Zwischendurch können wir uns in Nukus zwei Nächte, in Atyrau eine Nacht und in Astrachan eine Woche erholen.
Wir machten mit dem Rad viele Touren durch diese grüne Stadt Almaty, fuhren mit der Gondel zum Fernsehturm und machten eine zweieinhalbstündige Wanderung herunter, wobei wir uns ganz schön verliefen und durch Gestrüpp mussten. Was wir auch hier sehr genossen, war unser tägliches Eis, was bei der Hitze besonders gut tut. Museen haben wir uns keine angeschaut, es gab nichts, was uns besonders interessiert hätte.
In Taschkent haben wir Juri kennengelernt, einen Radler und Bergsteiger aus Almaty. Er hatte uns aufgefordert, ihn zu kontaktieren, wenn wir in Almaty sind. Dies taten wir und verabredeten uns für eine Gletschertour am Samstag. Morgens holte er uns mit seinen zwei Söhnen (10 und 13 Jahre alt) ab, und schon ging es in die nahen Berge von Almaty.
Der Himmel war strahlend blau und wir freuten uns riesig, vor allem über die Abkühlung in den Bergen. Erst mit dem Auto, dann mit drei Gondeln und schließlich zu Fuß ging es auf 3460 m hoch. Eine kühle erfrischende Brise erwartete uns. Unser Anstieg zu dem Aussichtspunkt, von dem der Gletscher noch zu sehen war, war steil, und wir mussten teilweise über hohe Steine klettern. Mir war etwas bange, denn ich sah schon den Abstieg vor mir und wie es in meine Knie knirschen würde. Doch wollte ich mir auch den Blick auf den Gletscher nicht entgehen lassen. Auch Stephan und die Jungs kamen etwas ins Schwitzen.
Kaum waren wir an unserem Ziel, zog sich der Himmel in einer rasenden Geschwindigkeit zu, Blitze kamen und mit lautem Getöse krachten die Donner über uns. Ein kurzer Blick auf den Gletscher, mit unserer Brotzeit im Mund, und schon brach der Regen los und wir machten uns an den Abstieg. Der Regen entwickelte sich zum Hagel, der gemein weh tat, denn wir hatten bis auf Stephan kurze Hosen an. Doch schlimmer als der Hagel war der schlammige Boden, und ich rutschte ständig weg. Die Steine waren glitschig, und so wurde der Abstieg gefährlich für mich, noch mehr als ich befürchtet hatte. Nach einer guten halben Stunde war alles vorbei und zuerst kam der blaue Himmel zum Vorschein und dann zeigte sich auch die Sonne. Doch die Temperatur war ziemlich gefallen.
An der Gondel tranken wir einen heißen Grog, trockneten unsere Sachen und machten uns auf den Heimweg. Wir alle waren ziemlich erledigt und froh, im Auto zu sitzen. Da alles gut ausgegangen ist, sind wir froh über diesen erlebnisreichen Tag und somit Juri sehr dankbar.
Zurück im Guesthouse packten wir und bereiteten uns seelisch und moralisch auf die bevorstehende 44-stündige Zugfahrt im 3. Klasse Abteil vor.
Die Zugfahrt dauerte sehr lange, war aber nicht so schlimm wie wir es befürchtet hatten. Wie der Zug einfuhr, entwickelte sich am Gleis ein Chaos. Es begann zu regnen und alle stürmten auf die Waggons zu, es wurde geschubst, gedrängelt und gestoßen. Die Mitfahrer hatten nämlich zentnerschwere große Packtaschen, die verstaut sein wollten, und die Zentralasiaten sind sehr ungeduldig und versuchen immer, sich vorzudrängen. Innerhalb von ein paar Minuten hatte ich 10 blaue Flecken. Der arme Stephan stand im Platzregen und lud ab, und mit Hilfe einer jungen Frau, die gut englisch sprach, verstauten wir unser Gepäck. Patschnass kam Stephan dazu, und langsam beruhigten sich alle wieder. Das Abteil war gerammelt voll, und die armen Gepäckträger hatten alle Hände voll zu tun, das ganze Gepäck zu verstauen.
Am nächsten Tag erreichten wir die Grenze von Kasachstan nach Usbekistan. Insgesamt dauerte dieser Übergang 4 Stunden, der Zug stand in der Mittagshitze (40 Grad, gefühlt 55 Grad), kein Windhauch und eine stickige Luft im Abteil. Viele riesige Gepäcktaschen wurden durchsucht, ständig ging der Drogenhund durch unseren Waggon. Dann ging es endlich weiter.
Die nächste Katastrophe passierte in Taschkent. Der Zug hatte durch die Grenze fast zwei Stunden Verspätung. Eigentlich sollten wir eine Stunde in Taschkent bleiben. Doch ohne Vorwarnung fuhr der Zug los, obwohl die Hälfte der Menschen aus unserem und anderen Waggons noch nicht eingestiegen war, sie blieben einfach zurück. Kinder heulten, und das Personal telefonierte, aber ergebnislos. Doch der Lockführer ließ sich nicht beirren und fuhr weiter. So kam es, dass der Zug fast leer war und es nicht mehr so stickig war. Hatten in der ersten Nacht noch einige Leute auf dem Boden geschlafen, waren jetzt viele Betten frei.
Von einem Schaffner bekamen wir, damit wir besser schlafen konnten, einen Wodka spendiert, spielten schon wie am Vorabend Kniffel, und ich schlief im ruckelnden Zug wie immer nicht schlecht.
Nun verbringen wir ganz gemütlich in Nukus die zwei Tage, wir können kaum das Guesthouse verlassen, denn es ist, wie schon das letzte Mal, glühend heiß.
Wie immer hoffen wir, dass es euch allen gut geht, ihr eine gute Zeit habt. Einige haben ihren Sommerurlaub noch vor sich, andere sind schon wieder am Arbeiten.
Bei uns geht es jetzt langsam zurück, natürlich freuen wir uns sehr auf unser Zuhause, auf unsere Freunde und Familie. Doch bin ich sehr traurig, dieses Reise Gefühl zu verlassen und wieder ein geregeltes Leben zu führen.
Damit wir uns dann auch bald wiedersehen, wollen wir am Sonntag, den 27.10. ab 11 Uhr bei uns zum Brunch einladen. Es gilt wie immer: Grundnahrungsmittel von uns sowie die Getränke, und wir freuen uns auf eure kulinarischen Gerichte, die das Büffet füllen. Wir bitten um Rückmeldung – corrina_54@web.de –bis zum 23.09.19
Es grüßen euch alle ganz herzlich
Die Radler Stephan und Corrina