Veröffentlicht: 14.11.2018
Der Wecker klingel um 2.15 Uhr mitten in der Nacht, denn wir wollen den Adam's Peak besteigen und dort den legendären Sonnenaufgang bestaunen. 1500 Treppenstufen, 4 Kilometer und (angeblich) vier Stunden Aufstiegszeit trennen uns von diesem Ziel. Wir haben zwar kaum geschlafen, dennoch schaffen wir es relativ frisch in diesen "Tag" zu starten. Bevor richtig gestartet wird, passiert man zwei Mönche, die einen segnen. Acht weiße Stränge, vereint zu einem Faden mit einem Knoten in der Mitte, wird ums rechte Handgelenk gebunden und avanciert mit einem Gebet zum "heiligen Faden". Meine Taschenlampe erweist uns einen guten Dienst, sodass wir im Stockdunklen den richtigen Weg finden. Mittlerweile haben wir einige weitere Pilger getroffen und kämpfen uns den Berg weiter hoch. Dick eingemummelt dauert es gar nicht lange bis man ins Schwitzen gerät. Da einem bei den kühlen 5 Grad und Stillstand recht schnell kalt wird, sind die Pausen auch nicht besser. Also heißt es möglichst langsam weiter gehen. Wir haben uns bei mindestens fünf Menschen (unter ihnen sogar ein Reiseführer) nach der benötigten Zeit für den Aufstieg erkundigt. Alle meinten "startet um 2 Uhr morgens". Nun haben wir das Dilemma und sind viel zu schnell unterwegs. Da ich befürchte oben anzukommen und noch mindestens zwei Stunden in der Kälte auszuharren, ermahne ich uns öfters zu einem gemächlichen Tempo. Das letzte Stück zieht sich dann doch noch ins Unentliche. Die Stufen sind teilweise so steil und hoch, dass meine Laune auf den Tiefpunkt sinkt. Ich kann es nicht fassen, dass ich mich schon wieder unendliche Stufen hochquäle. Innerlich entschuldige ich mich mehrfach bei meinem Körper für die erneute Torture. Dann zeigt sich doch noch der Gipfel und wir sind tatsächlich eine Stunde zu früh oben. Dachte ich die Treppen wären schlimm, folgt nun eine der längsten Stunden auf dieser Reise. Mein Top, Langarmshirt und Pulli sind nass geschwitzt, sodass ich mich in eine windstille Ecke verziehe und auf mildere Temperaturen hoffe. Meine Windjacke verschafft auch keine ausreichende Wärme und ich friere mir den Hintern ab. Nicht einmal am Morgen des Thorung La Passes habe ich so schlimm gefroren. Sehnlichst wünsche ich mir meine Daunenweste und Handschuhe zurück. Unterdessen sichert uns Simone eine Polposition in Sachen Ausblick auf den Sonnenaufgang. Wir sind nämlich nicht alleine. Duzende Touristen haben sich ebenfalls zur frühen Stunde auf den Weg gemacht. Um 5.45 Uhr geselle ich mich dann zu Simone und kann die ersten wärmenden Sonnenstrahlen kaum erwarten. Nach weiteren quälenden Minuten ist dieser Moment dann wahrlich spektakulär. Unter uns liegen die Berge im Nebel und ihre Spitzen ragen aus dem trüben Weiß heraus. Die Sonne taucht die Wolken in ein kräftiges Orange und erzeugt eine Art Fantasiewelt. Minute um Minute entläd die Sonne ihre Kraft und wärmt unsere Gesichter auf. Wir staunen über die sagenhafte Landschaft und genießen den Augenblick. Gegen 7 Uhr steigen wir wieder herab und werden vom Hunger ins Hotel getrieben. Beim Anblick von Roti (landestypisches Brot) und Linseneintopf versiegt mein Appetit auf die erste Mahlzeit des Tages. Mit etwas Eile erreichen wir dafür noch den Bus um 9.30 Uhr nach Hotton. Die Fahrt ist ebenso eindrucksvoll wie die Zugstrecke. Wir sausen dicht an den Teeplantagen vorbei, die sich heute zum ersten mal in ihrer ganzen Pracht zeigen. Die Sonne strahlt die jungen hellgrünen Blätter an, wodurch sie schillern und leuchten. Die einzelnen Sträucher sind in gleichmäßigen Reihen angelegt, die sich die Hügel hochschlengeln. Vereinzelt zeigen sich bunte Tumpfen in Form von Teepflücker in den grünen Feldern. Ich kann von diesem Anblick gar nicht genug kriegen. Und einmal mehr haben wir, anschließend an die Busfahrt, unverschämtes Glück und erstehen in letzter Minute zwei Zweiteklassetickets nach Ella. Leider ohne Platzreservierungen. Nach einer kurzer Stehphase ergattern wir dann tatsächlich noch zwei Sitzplätze nebeneinander und freuen uns auf die folgenden vier Stunden (ein Vogelschiss auf Simones Capi leistet ganze Arbeit in Sachen Glück). Erneut brettert der Zug durch eine immergrüne Landschaft mit Bergen im Hintergrund.
In Ella angelangt checken wir in ein wunderbar kleines und süßes Hotel ein. Drei separate Zimmer in einem Bungalow mit Terasse und Blick in die Berge. Ein Zimmer davon können wir unser Eigen nennen...zumindestens für eine Nacht. In der kleinen Stadt ist ganz schön was los. Viele Restaurants und Bars reihen sich aneinander und beschallen sich gegenseitig mit Musik. Nach unzähligen Tagen Reis, bestelle ich mir für heute einen Burger. Simone bleib bei der Landesküche. Ein absolut langer, ereignisreicher und wunderschöner Tag geht zu Ende.