Veröffentlicht: 02.11.2017
Ich werde langsam wach. 7:30 Uhr. Sabrina schläft noch. Leise krieche ich aus dem Zelt, schnappe mir meine Kamera und mache einen morgendlichen Spaziergang. Die Landschaft ist eine Mischung aus grauer Wüste und trockenem Wald. Ich verhalte mich leise und hoffe einige Tiere zu sehen. Es ist ruhig, friedlich. Eine Stunde ist vergangen und ich habe nichts entdeckt. Ein wenig frustriert kehre ich zurück zum Zelt. Sabrina ist bereits wach. Die Sonne ist angenehm warm, wir sind entspannt. Wir frühstücken, bauen unser Lager ab und fahren wieder zum "Grand-Canyon-Nationalpark". Im Dorf gönnen wir uns eine warme Dusche und etwas zu essen. Vorm Waschhaus entdecke ich plötzlich eine kleine Gruppe Hirsche, zwei Weibchen und zwei Kälber. Mit meiner Kamera bewaffnet nähere ich mich den riesigen Tieren. Langsam. Ich gewinne ihr Vertrauen und werde erstaunlich nah herangelassen. Es ist ein sehr schöner Moment. Wir entscheiden uns den "Grand-Canyon-Nationalpark" hinter uns zu lassen und ziehen weiter. Auf dem Weg nach draußen entdecke ich dann glücklicher Weise noch einen männlichen Hirsch mit mächtigem Geweih. Warnblinklichter an, Kamera in die Hand, Schnappschuss, weiter. Nach einigen Stunden Autofahrt erinnert sich Sabrina plötzlich, dass die historische "Route 66" irgendwo durch Arizona verläuft. Wir halten also Ausschau nach Schildern und sie hat Recht. Wir folgen den Hinweisen und kommen plötzlich in ein kleines Dorf namens "Seligman". Und plötzlich waren wir mittendrin. Das kleine charmante Dorf gebaut auf Nostalgie, Geschichte, Souvenirläden und jeder Menge Fotomotiven, hat uns eingesaugt. Wir gehen in jeden Laden, machen etliche Fotos und nehmen einige Souvenirs mit. Die Sonne steht tief und wir fahren weiter, denn wir haben noch keinen Schlafplatz für die Nacht. Wir fahren also weiter diese historische Straße entlang. Rechts grüne Felder, rote Felsen im Hintergrund, links die Silhouette eines Güterzuges, der parallel zu unserer Straße im Licht der untergehenden Sonne durch die grünen Felder zieht. Würden jetzt eine Gruppe maskierter Cowboys von einem Hügel herunter geritten kommen und den Zug überfallen, ich wäre nicht verwundert. Die dunkelgelben Sonnenstrahlen scheinen durch die staubige Windschutzscheibe und stehen wie Säulen im Raum. Ich schaue zu Sabrina und alles wird langsamer. Es scheint als wolle der Sekundenzeiger nun die Minuten anzeigen. Der besondere Moment wird von einem kleinen panischen Gedanken gestört, der von ganz hinten darauf aufmerksam macht, dass wir keinen Schlafplatz mehr finden werden. Wir fahren weiter und weiter. Es ist bereits dunkel als wir in "Peach Springs" ankommen. Die kleine und einzige Siedlung im Hualapai-Indianerreservat wirkt sympathisch. Wir stellen unser Auto neben einem großen Wohnwagen auf dem Marktplatz in der Mitte des Dorfes ab. Hier werden wir nächtigen. Wir kommen mit einem älteren Paar ins Gespräch, das gegenüber im Hotel unterkommt. Sie empfehlen uns das gute und günstige Essen im Restaurant. Wir nehmen die Empfehlung ernst und setzen uns hinein. Wir sind schon fast fertig mit Essen als der Kellner mit einer großen Pizza an den Tisch kommt. Wir sind verwirrt. Er klärt uns auf: "ein älterer Herr war soeben da, hat eure Rechnung beglichen und euch eine große Pizza zum mitnehmen bestellt". Wir sind sprachlos. Die große Pizza in der Hand verlassen wir das Restaurant und laufen auf die Parkbank zu, auf der unsere Samariter den Abend genießen. Wir bedanken uns herzlich und setzen uns zu ihnen. Beide sind Anfang 60 und stolze Amerikaner. Er, Vietnamkriegsveteran und Waffenfanatiker. Sie eine selbständige Frau, die während der Flower-Power Bewegung zur Frau wurde. Ich halte nicht viel von Patriotismus, Nationalismus und Waffen und eigentlich haben wir mit ihnen auch nicht viel gemeinsam, doch irgendwie haben wir einen sehr schönen Abend mit interessanten Gesprächen.