Veröffentlicht: 23.10.2024
6.8.2024
Wir schlafen aus - versuchen es zumindest, denn ab 5 Uhr ist die Straße hinter unserem Camper gut frequentiert. Ich bin ab 6:30 endgültig wach und nutze die Zeit für die Internetrecherche. Wir werden erst wieder in Whitehorse WLAN haben, da ja meine eSim seit Stewart ihre Dienste verweigert. Wahrscheinlich hätte ich aber bis Whitehorse sowieso kein Telefonnetz mehr.
Wir verlassen den Hitch RV Park bei blauem Himmel und Sonnenschein gegen 11 Uhr und fahren zum Chilkoot Lake. Das Wetter ist auf unserer Seite. Nach wie vor herrscht hier in Alaska eine "Hitzewelle", heute sind wieder knapp 30 Grad vorhergesagt. Wahnsinn!!!
Im Hafen liegt die Norwegian Sun und Haines wird von Kreuzfahrttouristen überrannt. Die, sie nicht in Haines bleiben, sind in Gruppen oder individuell auf Fahrrädern zum Chilkoot Lake unterwegs.
Wir erreichen den Campground um 11:30 und hoffen auf eine schöne Site - und wir haben Glück: es gibt 4 Sites mit Seeblick und tatsächlich ist eine davon frei: Nummer 17!
Wir beziehen die Site, sind schwer begeistert davon, dass unsere Picknicksite etwas tiefer am See mit Blick auf See und Wasserfall liegt.
Wir laufen zurück zur Infotafeln, wo sich der Bezahlautomat für den Campground befindet. Ausschließlich Kartenzahlung! Die Site muss man nicht angeben, nur Nummernschild, Name und Datum.
Ich kaufe unsere Permit für heute und warte auf den Gatten, der sich die Day Use Area ein paar Meter weiter anschauen will. Aus dem Augenwinkel sehe ich auf der Site 3 neben mir, wie ein großer Hund auf dem Tisch sitzt. Ohne Nachzudenken gehe ich auf die Site zu, da kommt mir ein Bär entgegen 😱😱😱
Schockstarre - er ist scheinbar genauso irritiert wie ich. Ich gehe rückwärts, schreie "Bär", er geht ebenfalls rückwärts ins Gebüsch, schaut dann um die Ecke und futtert seelenruhig Beeren am Straßenrand, bevor er wenige Meter vor mir die Straße auf unsere Nachbarsite überquert und die draußen stehenden Sachen der Zeltcamper plündert 😱
Sie hatten wohl leere Kaffeetassen und Verpackungen draußen stehen lassen, die den Bären anlocken. Der Kanadier von der Site gegenüber sprintet auf die Campsite und brüllt den Bären an, mit Bärenspray bewaffnet. Der Bär sucht das Weite und raschelt sich unterhalb der Sites durchs Gebüsch auf unsere Site 😱😱😱
Hoffentlich bleibt Sohnemann im Camper sitzen und macht keine Tür auf!!!
Die Parkranger-Assistentin fährt gerade auf uns zu und wir weisen sie auf den "großen" Bären hin. Sie schaut nach, sagt mir, das sei ein "Youngster". Er sei auf Erkundungstour. Wir sollen aber keine Lebensmittel draußen stehen lassen und vorsichtig sein, den Bären mit lauten Geräuschen verscheuchen. Als hätte das Bärchen das Wort "Lebensmittel" gehört, kommt er aus dem Gebüsch und macht sich am Müllcontainer direkt vor unserer Site zu schaffen. Prima, jetzt weiß ich, warum die Site frei war 🤣
Er versucht den Container umzuwerfen, was aber nicht klappt, da dieser an der Betonplattform, auf der er steht, festgekettet ist.
Die Kanadier mit dem Bärenspray verscheuchen ihn schließlich.
Ok, wenn DAS ein Grizzly-"Baby" war, dann will ich heute der Mama nicht mehr begegnen...
Nach dem ersten Schreck laufen wir den Campground ab, suchen das WC und sammeln Feuerholz (hier gibt es weder gratis Holz, noch etwas zu kaufen), was in den benachbarten leeren Sites liegen geblieben ist. Wir sehen den Bären dann im Loop auf Site 25, wie er eine weitere Zeltsite plündert. Hier ist er erfolgreicher, denn die Zelter haben alles Mögliche draußen auf dem Tisch stehen lassen, die Bärenboxen bekommt er allerdings nicht auf, er katapultiert sie aber in die Ecke und steht auf dem Tisch, während er alles darauf abräumt. Auweia! Aus sicherer Entfernung beobachten wir, wie randaliert und dann im Wald verschwindet. Krass!!!! Bär auf dem Campground am hellichten Tag!
Die Zeltcamper werden blöd schauen, wenn sie zurück kommen und hoffentlick vom Park Ranger eine Ruhe bekommen. Der Kanadier gegenüber unserer Site erzählt uns, dass er seit 1 Woche hier ist und der Bär zum 3. Mal auf dem Campground randaliert. Wenn die Camper weiterhin ihr Zeug offen liegen lassen würden, wäre der Bär bald ein Problembär...
Wir erkunden die wirklich kleine Day Use Area ( hier hätten wir den Camper nicht Mal parken können, wenn wir nicht auf den Campground gewollt hätten) und treffen auf eine Familie, die mit Fahrrädern die knapp 20 km vom Kreuzfahrtschiff Norwegian Sun hierher geradelt sind.
Sie sind entsetzt, dass es hier "nur" einen Aussichtspunkt gibt, kein Restaurant, keinen Shop, sie hätten weder Essen noch Trinken dabei 😯 Hm, das sollten die Kreuzfahrt Veranstalter vielleicht erwähnen, bevor sie ihre Gäste alleine auf 20 km lange Radtouren (one way!) schicken.
Die Familie erzählt, sie hätten auf dem Weg am Fluss einen Bären auf Lachsfang gesehen - zwischen den vielen Anglern 😱
Boa, das wird ja immer besser 😅
Wir kochen Nudeln im Camper und laufen dann die 1,5 km lange Strecke an der Straße parallel zum Fluss bis zur Brücke.
Als wir an der Day Use Area starten, sehe ich eine Kopf aus dem See schauen. Eine Robbe!? Im See??? Wie kommt die denn hierher!? Sie taucht ab und dann Richtung Fluss wieder auf und schwimmt den Fluss hinunter.
Wir laufen hinterher, sehen mehrere Weißkopfseeadler am Fluss in den Bäumen sitzen, aber keinen Bären.
Am Wehr, wo die Lachse wegen der Zählung am Weiterschwimmen gehindert werden, bleibt die Robbe zurück. Sie kommt definitiv nicht durch den schmalen Spalt, wo die Lachse durchschwimmen sollen, um gezählt zu werden.
Wir laufen die Straße entlang bis auf die Brücke , wo man schon aufs Meer schauen kann und sehen noch 5 weitere Robben im Fluss herumschwimmen, zwischen den Fliegenfischern.
Fischen scheint hier Nationalsport zu sein. Der ganze Fluss ist voller Angler/Fliegenfischer.
Nach etwa einer 2 Stunden ohne Bär laufen wir zurück zum Campground. Dem Gatten ist nicht wohl bei dem vielen Bären "Pooh", das wir neben und auf der Straße sehen. Wir machen es uns auf unserer Bank mit Seeblick gemütlich und hören mehrfach die Alarmtröte im Loop über uns - hier ist der Bär unterwegs, aber zu uns kommt er nicht mehr.
Der Campground ist seit 16 Uhr voll belegt, die letzten Camper ziehen um 18 Uhr ihre Kreise, danach wird es ruhig. Wir stellen unsere Stühle auf unsere Site und beschließen, mit dem Womo vor an die Straße zum Bärenviewing zu fahren. Als wir an der Fischleiter ankommen, steht bereits eine Gruppe Beobachter mit riesigen Kameras und Stativen oberhalb der Fischleiter, eine andere Gruppe unterhalb an den Infotafeln. Wir finden einen Parkplatz unterhalb und setzen uns auf die Mauer bei den Infotafeln. Wir bekommen mit, dass eben eine Grizzlybärin mit Cups hier war.
Mist, knapp verpasst. Wir warten ca 1 Stunde und schauen gebannt auf die gegenüberliegende Seite, aber nichts passiert. Einige Weißkopfseeadler drehen ihre Kreise vor uns und die Lachse springen, da der Zugang zum Fluss oberhalb der Fischleiter geschlossen ist. Die Lachse werden einzeln gezählt, die Zählung geht wohl erst morgen früh weiter.
Zwei Männer arbeiten an der Fischleiter, sieht nach Kontrolle und Reparatur aus, denn einer der beiden steht im Wasser. Plötzlich ein Aufschrei, der Arbeiter rennt über die Fischbrücke und schreit!?
Wir sehen einen kleinen Grizzly von der Brücke über die Straße zurück in den Wald rennen, mit Lachs im Maul, den er den Männern auf der Brücke geklaut hat (sie hatten 1-2 tote Lachse rausgefischt und auf die Brücke gelegt).
Super, jeder hat auf die andere Seite geschaut, keiner hat den frechen Bären bemerkt!!! Wir sehen ihn von der Straße aus von im Wald sitzen, wie er seinen Fisch futtert.
Wir fahren zurück auf den Campground und essen Burger - wieder aus der Pfanne, die Feuerstelle hat keinen Grillrost, außerdem ist mir nicht wohl dabei, dem Bären etwas "vorzugrillen".
Nach dem Essen kommt der Camphost vorbei und erklärt uns, dass der Campground seit 2 Wochen ein Problem mit einem "Problembären" hätte, der die Campsites zu jeder Tageszeit unsicher machen würde, egal ob mit oder ohne Menschen, er hätte keine Angst und würde sich weder von Tröten noch von Bärenspray verjagen lassen. Letzte Woche hätte er eine 7 köpfige Familie vom Fruhstückstisch verjagt und dann alles geplündert.
Da er heute wieder unterwegs war, stellt der Host uns frei, zu bleiben oder mit unserer Permit in den Chilkat SP zu wechseln. Den Zeltern hätte er schon dringend geraten, den Campground zu verlassen, da es nicht sicher sei. Der Bär hätte ihn letzte Woche bereits angegriffen, trotz Bärenspray 😱😱😱
Auf die Frage, was der Ranger mit dem Problembären machen würde, zuckt der Host nur mit den Schultern.
Ok, verstehe. Dass der Bär hier sein Unwesen treibt und sich nicht mehr verjagen lässt, sogar Menschen angreift, ist wohl sein Todesurteil 😞
Und er ist doch noch so klein....😳😭
Wir werden trotzdem bleiben. Unsere Campsite liegt direkt am See und viele Campsites sind um uns herum, der Bär scheint sein Unwesen im Loop zu treiben, direkt im Wald. Da hören wir zumindest dauernd die Tröten.
2 Zeltcamper und 2 Wohnwagen verlassen den Campground tatsächlich. Mit gemischten Gefühlen sitzen wir bis 21 Uhr draußen am Lagerfeuer. Einen Bären sehen wir nicht mehr, die Tröte aus dem Loop hören wir auch nicht mehr, stattdessen beschließen wir, einen weiteren Tag zu bleiben, da uns die Site so sehr gefällt 🥰