18273km
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Jollies Pass oder auch: Nicht immer liegt Google falsch

Veröffentlicht: 29.07.2018

„Drive carefully! Southern roads are different!“ Dieser Satz begrüßte uns als erstes, als wir nach unserer Fährfahrt in Picton ankamen. Dick und fett stand es auf einem großen und kaum übersehbaren Schild. Klar, das hatte man uns ja schon ein paar Mal gesagt. Wir sollten uns auf Gravelroads (Schotterstraßen) einstellen und auch auf enge und kurvige Straßen. Also gut, Vorsicht war geboten und vorsichtig wollten wir auch sein. Dass wir nur ein paar Stunden später uns in den Hintern beißen wollten, weil wir diese Warnungen doch etwas zu leicht genommen hatten, konnten wir da noch nicht ahnen...

Unser erstes Ziel auf der Südinsel war eine Tankstelle zu finden und dann in Richtung Nelson aufzubrechen. Wir hatten bereits auf der Nordinsel angefangen so eine Art Bonustankkarte zu füttern, für die wir nur zu zwei bestimmten Tankstellen fahren konnten (Caltex und BP) und daher machten wir uns auf die Suche nach eben diesen Tankstellen. Nur so wirklich wollte es davon keine geben. Und die anderen Tankstellen hatten uns mit so absurd hohen Preisen (ja, die Südinsel war wirklich anders) abgeschreckt, sodass wir dann schon fast ehrgeizig weiterfuhren, bis wir eine Caltex gefunden hatten. Nur lag diese in der komplett anderen Richtung als Nelson. Nach einem kurzen Hin und Her und einem Wettercheck, Regen für die nächste Woche, haben wir uns dann entschieden, doch erst die Ostküste herunterzufahren. In Nelson bzw. im Abel Tasman Nationalpark wollten wir den Abel Tasman Great Walk machen, eine mehrtägige Wanderung und das möglichst nicht im Regen. Daher war der spontane Planwechsel kein großes Problem.

Wir suchten uns dann kurzerhand ein neues Ziel: Nach Kaikoura sollte es gehen, um Wale und Delfine anzusehen, immerhin hatte Chantall keine auf der Fährfahrt sehen können. Mit einem randvollen Tank (über den wir kurz darauf mehr als glücklich waren) und einem Ziel ging es dann los. Die Straßen waren gar nicht so schlimm wie erwartet, der Highway 1 schlängelte sich immer weiter südwärts und auch das Wetter war nicht schlecht. Allen in Allem eine tolle Fahrt, bis zu dem tollen Schild: Highway 1 ab Clarence gesperrt wegen Überflutung. Nun ja, das hieß dann eine erneute Plananpassung und mit Google Maps an sich ja auch kein Problem. Die Rechnung hatten wir nur ohne die Straßenführung der Südinsel gemacht. Um an unserem Ziel anzukommen hätten wir gefühlt einmal um die halbe Südinsel fahren müssen und vor allem wieder ein gutes Stückchen zurück. Angestachelt von dieser Herausforderung suchten wir dennoch weiter nach einer anderen Umleitung und siehe da, es gab doch eine andere Straße. Ganz klein schlängelte sich diese durch das Gebirge und sollte gute 125 km lang sein. Das kam uns nicht wirklich viel vor. Nur die von Google angesetzte Zeit von 5,5 Stunden kamen uns etwas Spanisch vor. Aber hey, wo war unser Abenteuersinn? Und wie schlimm konnte eine Straße schon werden? Also Blinker Gesetz und auf den Jollies Pass abgebogen...

Die ersten Kilometer waren wie die letzten und wir waren ziemlich schnell einer Meinung: Google musste sich geirrt haben. Mit 80 km/h sausten wir immer weiter voran...bis sich die Straße relativ plötzlich von einer normalen Asphaltstraße in eine Schotterstraße wandelte. Ein kleiner Teil unserer Vernunft sagte ganz laut etwas wie „Ehm nein?!“, dieser wurde aber von einem anderen Teil, auch Stolz genannt, untergebuttert, der meinte „Na komm, jetzt drehen wir nicht wirklich um, oder?“. Also weiter...

Anfangs war alles sehr entspannt, die Schotterstraße bremste uns zwar leicht aus, aber mit lauter Musik und dem tollen Sonnenuntergang vor der Nase machte der Tripp wirklich viel Spaß. Nach einer halben Stunde mussten wir zwar die ersten Kühe von der Straße vertreiben, aber hey, das war Neuseeland. Das Gebirge war wirklich toll und immer wieder hielten wir für Fotos an. Doch so langsam dämmerte uns, dass das hier wohl nicht der normale Umweg überhaupt irgendwohin war. Kaum wer kam uns entgegen und wenn, dann nur Farmautos und dicke Jeeps. Unser kleiner Voxy kämpfte sich aber immer weiter voran. Nach einer Weile wurden die Schlaglöcher jedoch immer tiefer und es gab auch immer mehr von diesen fiesen Dingern. Dann wurde es langsam dunkel. Mittlerweile mit nur noch 40 km/h schlängelten wir uns immer weiter durch das Gebirge. Radio und Handyempfang hatten wir schon lange keines mehr und so hörten wir das einzige Hörbuch, das wir dabei hatten: Einen fiesen Psychothriller (vielleicht nicht die beste Idee in diesem Moment). So langsam wurde uns diese Fahrt auch nicht mehr ganz geheuer. Immer mehr Kühe standen auf dem Weg und mussten weggehupt werden und dann fing es auch noch an zu regnen. Die Schlaglöcher verwandelten sich in halbe Gruben und von den umgebenden Felswänden hatten sich so große Brocken gelöst, dass mehrmals ausgestiegen werden musste, um halbe Felsen von der Straße zu räumen. Auch die Überquerung eines Minibaches, der sich aus den Regenfällen gebildet hatte, und das gelegentliche Öffnen eines Gatters gehörte zu den Übungen des Abends.

Nach gut 4,5 Stunden hatten wir es dann endlich fast geschafft und die letzten 5 km standen bevor, als wir (mal wieder) vor einer mit einer Ketten verhangenen one lane Bridge (ja, das ist hier ein Ding...Offensichtlich ist es zu teuer überall zwei Spuren zu bauen, auch auf Highways) standen. Kein Ding, raus aus dem Auto Kette auf...oder auch nicht…Kette fest verschlossen. Joa, da standen wir also im Regen, Mitten in der Nacht nach Stunden und kamen nicht weiter ohne einen Schlüssel. Mittlerweile doch etwas am Rande der Nerven angekommen waren wir gerade dabei Kriesenrat zu halten, als uns ein Glücksengel wohl geküsst haben musste. Weit hinten und doch zügig auf uns zukommend sahen wir die Scheinwerfer eines Autos. Rufend und winkend liefen wir so schnell es ging auf das Auto zu, dessen Besitzer sich als Anwohner (wer zur Hölle wohnt denn da?!) entpuppte. Sichtlich erstaunt über unser Dasein klärte der nette Herr uns auf, dass diese Straße im Winter eigentlich überhaupt nicht befahren werden durfte und an beiden Enden verschlossen sein sollte. Wäre es mal so gewesen... Überglücklich über diesen Zufall konnten wir dann die Brücke passiere und weiterfahren. Zwanzig Minuten standen wir dann auf einem kleinen Campingplatz in Hamner Springs und konnten nicht ganz glauben, wo wir da die Nacht lang durchgefahren sind. Erschöpft und mit blanken Nerven fielen wir ins Bett. Vergessen werden wir diesen Tag garantiert nicht!

Den nächsten Morgen haben wir dann ganz entspannt angehen lassen. Hamner Springs ist ein total süßer kleiner Ort, an dem man gemütlich Wandern und Baden gehen kann. Ursprünglich wären wir hier überhaupt nicht vorbeigekommen und haben daher diesen kleinen Aufenthalt dort noch mehr genossen. Doch lange hat es uns dort nicht gehalten und, nach einem kleinen Check, dass unser Auto keinen Schaden von der Tour des vorherigen Tages genommen hatte, haben wir uns auf in Richtung Christchurch gemacht.

Nach dieser Erfahrung können wir definitiv sagen, ja, die Südinsel ist anders....sobald man von den Highways abfährt. Und ja, ab und zu ist Google doch kein schlechter Ratgeber. Aber eine Sache war uns nach diesem Tripp klar: Unser kleiner Voxy macht so einiges mit uns mit und nachdem wir gemeinsam unbeschadet diesen ‚Höllentripp’ überlebt haben tauften wir unseren Voxy stolz Fred 4.0.

Zur Namenserklärung: Nachdem Tobis drei Pflanzen Fred 1 bis 3, die wir gemeinsam gekauft hatten, noch am Leben sind und unsere „grünen“ Daumen überleben, dachten wir uns, dass dieser Name ein gutes Omen sein muss. Und Fred 4.0 hat ihn sich wirklich verdient!

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