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Der Anfang

Veröffentlicht: 02.12.2021

Ich bin wieder auf dem Weg zur Arbeit. Es ist wirklich weit zu fahren. Und auch fremd dort, gar nicht wie Leipzig, dass ich mir eigentlich zum Leben ausgewählt habe.

Heute hatte ich gut geschlafen, der morgen läuft routiniert ab, im Zug dann Zeit für Nachrichten und Handy. Dort der Blog von felix, den ich gespannt lese. Mich durchfährt es mit Schauern. Durch was er da emotional geht! Das hört sich neben der Aufregung auch nach viel leid an, das wünsche ich ihm nicht. Im Vergleich zu gestern, als ihn anklagend und verzweifelt kritisierte, sind heute Weichheit, Interesse und sogar etwas Gelassenheit da.

Und dann wird sie geboren, die Idee: ich mache das auch, so einen Blog. „Die zuhause gebliebene“, auch eine Art von Reise.

Die Chronologie fällt hier schwer, es gibt kein Anfang und kein Ende. Oder doch: der Abschied von felix, der Beginn meines Lebens hier allein ist der Anfang, ein Ende steht nicht fest. Doch einiges geht durcheinander: bei mir wird einiges gleich bleiben und anderes sich verändern. Was, weiß auch ich noch nicht.

Thema 1: Arbeitsstelle. Seit 8 Monaten arbeite ich im Kinderheim und in den letzten Monaten war oft unklar, ob ich dort bleiben möchte. Ich hatte mich entschieden zu gehen, mit dem Wechsel zur ambulanten Tätigkeit und meiner Reise nach Kolumbien ab 14.2 dort aufzuhören. Aber ich möchte nicht kündigen und überrasche mich selbst dabei. So eine Anstrengung in dem Job, viel Hilflosigkeit, schlechte Kommunikation, wenig Team, Selbständigkeit, ein Fachgebiet, für das ich nicht direkt ausgebildet bin. Doch je öfter ich dort bin, desto mehr lerne ich! Ich lerne, mich einzufügen, lerne die Erzieherinnen verstehen, knüpfe immer differenziere Bindung mit den Jugendlichen, die Abläufe vereinfachen sich, ich vertraue mir selbst mehr, teilweise gelingen Gespräche sehr schön und ich komme immer mehr dort an. Es entsteht eine langfristige feste Beziehung! Es ist, als ob ich durch „die erste Verliebtheit“ und „den ersten Streit“ durch bin. Hier kehrt etwas Ruhe ein. Will ich das, bin ich bereit für so eine feste Bindung? Ich nehme mehr und mehr wahr, welche Ängste mir auch das dort sein macht. Ich habe diese Kinder in mein Herz geschlossen und muss sie eines Tages gehen lassen. Ich wünsche ihnen alles gute, aber muss immer wieder miterleben wie sie leiden und wie Unperfekt auch ich bin. Ich mache Fehler und füge anderen unabsichtlich leid zu. Ich bin sehr verantwortlich für vieles, vieles andere kann ich nicht ändern und muss mich raushalten. Paradox, wie ich mir teilweise vorstellen kann ein Kind zu bekommen, aber wie schwer es noch ist, einen Job mehr als 9 Monate zu machen. Naja, nach vielfältiger therapeutischer Beratung steht (fast) fest, dass ich mich „comitten“ werde. Ich bleibe.

Ist nur noch der Rat meiner Schwestern abzuwarten, der drei klugen Frauen. 

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#zuhause#leipzig

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