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Esskultur in China

Veröffentlicht: 14.08.2024

Die Einnahme der Mahlzeiten in China ist wohl eines der größten Unterschiede zwischen der westlichen und chinesischen Kultur. Deshalb ist es für einen Europäer sehr gewöhnungsbedürftig und bedarf der größten Anpassungsanstrengung.
Die Chinesen essen gern und viel, ich hatte den Eindruck, dass die Mahlzeiten nicht nach Frühstück, Mittagessen und Abendbrot aufgeteilt sind, sondern gefühlt stündlich stattfinden. Die zahlreichen Gerichte und Beilagen werden auf Tellern und Schüsseln auf dem großen runden Tisch gestellt, wo jeder mit seinen Stäbchen direkt von jedem Teller ist. Alle sitzen um den großen runden Tisch. Oft wird zum Essen Mantou gereicht, was kleine Hefeklöße sind, die auch mit Datteln gefüllt sein können. Manchmal gibt es dazu in kleinen Schüsseln für jeden eine Suppe, die mangels Löffeln geschlürft wird. Apropos Löffel, ich habe die ganze Zeit auf mein mitgebrachtes Besteck verzichtet und kann stolz berichten, dass ich ausschließlich mit Stäbchen gegessen habe. Allerdings habe ich immer um eine kleine leere Schale gebeten, wo ich mein Essen „zwischengelagert“ habe, damit es mir nicht beim weiten Weg von der Tischmitte bis zu meinem Mund abstürzt. Aber die Technik des Essens mit Stäbchen kann man lernen. Weil die Stäbchen am Ende dünner werden, kann man die Spitzen zum Greifen des Essens nicht so leicht zusammenpressen. Um dies zu erreichen (denn sonst stürzt das Essen ab), halte ich mit meinem Daumen einen Abstand der Stäbchen. Mit Zeige- und Mittelfinger presse ich das eine Stäbchen an der Spitze gegen das andere Stäbchen, welches ich mit dem Ringfinger ausbalanciere. Der kleine Finger hat dabei nichts zu tun und lacht sich über meine unbeholfene Stäbchenführung wahrscheinlich kaputt. Ich muss zwar oft die Länge der Stäbchen nachjustieren, aber so klappt es sehr gut und selbst kleinste Zucchinistreifen lassen sich von mir wie ein Profi greifen. Man kann mit den Stäbchen nur sehr wenig Essen greifen, weshalb der Weg ständig von den Tellern zum Mund führt. Die Berge von Essen werden erstaunlich schnell abgetragen. Aber auch Chinesen lassen Essen fallen oder brauchen ein paar Versuche zum Greifen. Warum sie in ihrer Kultur nicht längst die bequemeren Messer, Gabel, Löffel eingeführt haben, bleibt mir ein Rätsel. Es bleibt bei den immensen Mengen an Gemüse, Fleisch, Tofu, Seafood, Pilzen und Nüssen immer viel Essen übrig, denn es gilt als schlechtes Zeichen, wenn aufgegessen wird. Dann fühlt sich der Gastgeber unwohl, weil es vielleicht zu wenig war. Ständig wird Essen den anderen Essteilnehmern angeboten, indem man Essen nimmt und es vor den anderen legt oder gleich den Teller in die Richtung schiebt. So wandert das Essen herum. Dieser Brauch bewirkt dann eine missliche Situation in einem Hotel am Frühstücksbuffet. Denn da nimmt sich nicht nur jeder das Essen für sich selbst, sondern schafft auch Essen für die anderen heran. Das Ergebnis ist leicht vorstellbar: Unmengen von Essen steht dann auf dem Tisch, eine Vielzahl der benötigten Menge, wobei sich das Gespräch die meiste Zeit darum dreht, wer denn jetzt noch welche Speise isst.
Soweit so gut, aber jetzt zum gewöhnungsbedürftigen Teil der gemeinsamen Mahlzeiten. Man lässt sich nicht einfach durch ein Gespräch vom Essen abhalten, es wird mit vollem Mund weitergesprochen. Übrigens zählt zu den Top-Themen des Gesprächsstoff, dass ich kein Fleisch esse, wobei man penibel darauf achtet, dass die vegetarischen Speisen in meiner Nähe stehen. Ungewöhnliche Tischmanieren sind vor allem das Schmatzen und lautes Rülpsen. Letzteres geht noch Stunden nach dem Essen weiter und ist für mich besonders unangenehm. Essensreste, wie Knochen, Gräten, Eierschalen, Bananenblätter usw. landen günstigstenfalls auf der Tischplatte, aber oft auch unter dem Tisch. Die Schalen von Sonnenblumenkerne oder Erdnüsse werden auf den Boden ins Zimmer geschleudert. Nach dem Essen sieht alles wie ein großes Schlachtfeld aus und man muss aufpassen, dass man nicht in die Essensreste tritt und in der Wohnung verteilt. Nun erklärt sich auch die Abneigung gegen Teppichboden in chinesischen Wohnungen.
Bei einem Brauch versage ich gänzlich. Es ist üblich, dass die Jüngeren den Älteren die Getränke nachgießen. Ich kenne den Brauch verpasse aber immer den richtigen Zeitpunkt, denn man wartet nicht, bis ausgetrunken wurde. Aber zum Glück erledigt das meine Frau für uns. Dagegen glänze ich beim Anstoßen mit den Getränken und halte meinen Becher tiefer als den anderen, was Respekt ausdrückt. Diese Regel kannte ich schon und konnte damit Punkte sammeln, denn selbst wenn mein Gegenüber versuchte tiefer zu gehen, war ich schneller.

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