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Peru: Machu Picchu

Veröffentlicht: 16.10.2018

Endlich war er gekommen: der langersehnte Tag, an dem wir nach Machu Picchu fahren würden, eines der absoluten Top-Highlights des ganzen Kontinents. Da Jörg schon mal hier war, war seine Vorfreude nicht gerade überschwänglich, das tat meiner Begeisterung allerdings keinen Abbruch.


Machu Picchu ist eine traumhaft gelegene Inka-Stätte, die in keiner Chronik der spanischen Eroberer erwähnt wird, folglich nie von ihnen gefunden (und geplündert) wurde. Bis zum Jahr 1911, als der amerikanische Historiker Hiram Bingham von Einheimischen hergeführt wurde, wussten nur die einheimischen Quechua von der Existenz der Stätte. Aber seither strömen jedes Jahr mehr und mehr Besucher nach Machu Picchu, so dass im Jahr 2017 der Zutritt stark begrenzt (und stark verteuert wurde). Jörg hatte also noch Glück, als er vor 6 Jahren hier war, damals konnte er sich noch komplett frei und ohne zeitliche Limiten (und um einiges günstiger) bewegen. Aber dazu später mehr.
Archäologen können nach wie vor nur Vermutungen über den Zweck der Festung anstellen. Ihre Lage und die 8 ausgegrabenen Zugangswege (Inka-Trails) weisen darauf hin, dass die Festung ein Handelspunkt gewesen sein musste. Eindrücklich ist in jedem Falle die Arbeit, die nötig ist, um eine solche Anlage an diesem schwer zugänglichen Ort zu planen und zu errichten. Man weiss bis heute nicht genau, wie die Inka das bewerkstelligt haben.

Um nach Machu Picchu zu gelangen, muss man zunächst einmal ins kleine Kaff Aguas Calientes gelangen, welches der Stätte am nächsten liegt. Und dorthin führen nicht so viele Wege, bzw. zumindest keine kostengünstigen. Die meisten Reisenden fahren von Cusco direkt mit dem Touristenzug, welcher tatsächlich sehr teuer ist. Eine alternative Route führt mit dem Bus nach Santa Teresa, von wo aus man ca. 3-4h entlang der Zuggeleise hinauf nach Aguas Calientes marschieren kann. Es gäbe auch noch einen günstigeren Zug ab Santa Teresa, aber diesen kann man als Ausländer leider nicht vorreservieren, sondern nur am Tag der Reise am Bahnhof in Santa Teresa kaufen (und wer will schon seinen teuren vorgebuchten Machu-Picchu Eintritt versäumen, weil es dummerweise keinen Platz im Zug mehr gegeben hatte. Haha). Wir entschieden uns für die zuverlässige und zugleich halb faule / halb geizige Tour: von Cusco nach Aguas Calientes fuhren wir mit dem Zug, aber den Rückweg würden wir zu Fuss via Santa Teresa antreten, da wir ohnehin noch durchs heilige Tal reisen wollten.


Also trafen wir frühmorgens um 6:00 Uhr am Bahnhof ausserhalb Cuscos ein und traten die ca. 3.5-stündige Fahrt nach Aguas Calientes an. Die Fahrt war wirklich angenehm, der Zug bot angemessenen Komfort und man hatte unterwegs tolle Aussichten auf die Berge rund um das tiefe Tal, durch welches die Gleise führten. In Aguas Calientes angekommen schauten wir uns erstmal um, suchten die Bushaltestelle und kauften die Bustickets. Da auch hier wieder saftiges Geld verlangt wird, entschieden wir uns auch hier für die halb faule / halb geizige Variante: wir würden frühmorgens mit dem Bus nach oben fahren und Nachmittags runter zurück nach Aguas Calientes laufen. Geistesgegenwärtig reservierten wir in der örtlichen französischen Bäckerei auch noch Sandwiches für den nächsten Tag zum Frühstück vor.


Pünktlich um 04:40 standen wir tags darauf in der Bäckerei, um unsere Sandwiches abzuholen. Ironischerweise kam 1 Minute später ein Grüppchen Franzosen herein, die meinten, sie könnten sich vordrängeln, da sie schliesslich einen Bus nach Machu Picchu erwischen müssten. Aha. Wir ja nicht. Wir stehen ja aus lauter Freude zu dieser gottlosen Zeit auf, um Sandwiches abzuholen, die wir ja im Gegensatz zu ihnen sogar extra vorreserviert hatten. Wie sich herausstellte, hatte scheinbar jedermann in diesem Kaff einen Bus nach Machu Picchu zu erwischen, denn als wir um 04:50 zur Haltestelle kamen, mussten wir uns bereits in eine ewig lange Warteschlange, die die ganze Strasse entlang führte, einreihen. Und das, obwohl der erste Bus erst um 05:30 fuhr!
Ab 05:30 gings dann aber rasant zu und her, alle 2 Minuten fuhr ein Bus voller Leute los. Die Fahrt den Berg hoch dauerte gute 20 Minuten. Beim Eingang angekommen konnte man noch ein letztes Mal aufs Klo zu gehen, denn innerhalb der Anlage gab es keines mehr (was für ein Witz). Man darf übrigens auch kein Essen und keine Getränke (genaugenommen nicht einmal Wasser) mit hinein nehmen, aber das wird zum Glück nicht wirklich kontrolliert.


Der Zutritt zu Machu Picchu ist seit 2017 auf täglich 2500 Personen beschränkt. Das klingt erstmal nach viel (ist es auch) trotzdem kann es in der Hochsaison vorkommen, dass keine Tickets mehr verfügbar sind. Die Tickets sind in 2 Gruppen aufgeteilt: morgens von 06:00 – 12:00 und Nachmittags von 12:00 – 17:00 Uhr. Zusätzlich gibt es täglich je 400 Tickets, die die Besteigung der Berge Huayna Picchu und Machu Picchu Mountain beinhalten. Der Huayna Picchu gilt als der heilige Berg der Inkas, und als das absolute Must-See eines Besuchs, weshalb jeder Hinz und Kunz unbedingt dort rauf will. Entsprechend muss man die Tickets je nach Saison 3-6 Monate im Voraus buchen. Wir hatten uns daher entschieden, Tickets für den Machu Picchu Mountain zu kaufen, und diesen (höheren) Berg in Angriff zu nehmen. Zusammen mit 200 anderen, die in der 07:00 Uhr Gruppe waren, machten wir uns also auf den Weg. Wie gesagt ist dieser Berg noch höher als der Huayna Picchu und der Aufstieg war die blanke Hölle. Man überwindet knapp 700 Höhenmeter auf 2km Marschdistanz. Die meiste Zeit klettert man hohe Steinstufen aus der Inka Zeit hinauf. Die Peruaner nennen es die „Treppe zum Himmel“ und das ist sie wahrhaftig. Je näher man dem Ziel kommt, umso steiler wird der Weg, absolut perfid. Auf dem letzten Stück geht es neben der schmalen Treppe senkrecht nach unten, also definitiv nichts für Leute mit Höhenangst. Unterwegs kamen wir mit 2 jungen Peruanern ins Gespräch, bzw. wir keuchten, schnauften und fluchten nebeneinander her. Einer der beiden bekam unterwegs Angst und machte Kehrt.
Als wir nach einer gefühlt endlosen Tortur endlich oben ankamen, war die Aussicht: beschissen. Tatsächlich waren die Anlage und die benachbarten Berge in dichten Nebel gehüllt und alles was man sah, war eine weisse Wand. Die Ersten, die oben angekommen waren, machten sich (sozusagen unverrichteter Sicht) bereits wieder auf den Rückweg. Dies vor allem, weil sie davon ausgingen, dass sie die Anlage um 12:00 Uhr wieder verlassen haben müssten (wie es auch auf dem Ticket steht) und ja schliesslich auch noch die Zitadelle besichtigen wollten. Uns hatte man gesagt, man dürfe mit diesem Ticket bis um 15:00 Uhr in der Anlage bleiben, man müsse aber den Berg bis um 12:00 verlassen haben. Niemand scheint hier so richtig draus zu kommen. Wir entschlossen uns jedenfalls, es zu riskieren, und halt schlimmstenfalls für den nächsten Tag nochmals ein Ticket zu kaufen, um die Zitadelle zu besichtigen. Wir haben ja schliesslich Zeit. Aber wir würden nach dieser Qual ganz bestimmt nicht von diesem Berg hinunter klettern, ohne so lange wie möglich auf klare Sicht gewartet zu haben!

Und tatsächlich: etwa eine halbe Stunde später klarte der Himmel plötzlich auf. Die Aussicht auf Machu Picchu, auf Huayna Picchu, die umliegenden Berge und das tiefe Tal war absolut atemberaubend, mit Worten kaum zu beschreiben. Leider kommt die Schönheit des Ortes auf den Fotos in keinster Weise so zur Geltung, wie sie tatsächlich war. Tatsächlich bin ich richtig froh, haben wir diesen Berg erklommen, denn nur von hier hat man die Sicht auf die Inka-Stadt UND auf den Huayna Picchu dahinter. Obwohl ich selbst nicht auf dem Huayna Picchu war, wohl aber Fotos von Jörgs Besuch vor 6 Jahren gesehen habe, bin ich absolut davon überzeugt, dass die Aussicht von hier um einiges schöner ist, heiliger Berg hin oder her. Wenn man also keinen Wert auf Inka-Schamanen-Heiliger-Berg-Hokus-Pokus legt, sondern die bestmögliche Aussicht haben möchte, sollte man sich definitiv für den Machu Picchu Mountain entscheiden!
Eine Siegeszigarette, ein Sandwich und hunderte Fotos später machten wir uns wieder auf den Rückweg zur Hauptanlage. Als ich mich während des Aufstiegs bereits sehnsüchtig auf den Absteig gefreut hatte, hatte ich definitiv einen üblen Denkfehler begangen. Der Abstieg war keinesfalls leichter, sondern durch die wahnsinnig hohen, rutschigen und unregelmässigen Stufen, die man hinunterklettern musste, genauso anstrengend. Diesmal ging es vor allem in die Knie. Ausserdem musste man sich wahnsinnig konzentrieren, denn wie bereits gesagt, ging es neben den Stufen teilweise steil hinunter, da will man definitiv nicht wegen eines Moments der Unachtsamkeit hinuntersegeln. Tatsächlich hatte es vor einigen Jahren bereits einen Selfie-Toten auf dem Gipfel des Machu Picchu Mountain gegeben, der in die Tiefe gestürzt war.
Irgendwann kamen wir dann völlig erschöpft wieder in der Hauptanlage an, und es stellte sich als wahr heraus, worauf Jörg und ich bereits spekuliert hatten: da der Eingang zum Berg-Wanderweg mitten in der Hauptanlage liegt, kontrolliert beim Hinausgehen kein Mensch die zeitliche Gültigkeit des Tickets. Obwohl unser Ticket also offiziell nur bis 12:00 Uhr Gültigkeit hatte, konnten wir unbehelligt noch den ganzen Nachmittag in der Anlage verbringen, uns die Zitadelle mit all ihren Sehenswürdigkeiten (Hütte vom Verwalter des Grabfelsens, Sonnentempel, Heilige Plaza, Tempel der 3 Fenster, Haupttempel, Intihuatana, Tempel des Kondors) in Ruhe anschauen, den Lamas hinterherjagen, weitere tausend Fotos schiessen und ein wenig auf den Inka-Terrassen im Gras liegen und uns sonnen.


Als wir endlich genug hatten, machten wir uns auf den langen Rückweg nach Aguas Calientes. Da wir uns entschieden hatten, das Geld für den Bus zu sparen, hatten wir einen weiteren Marsch über 8km vor uns. Und wieder ging es hauptsächlich bergab, meine Knie und Beine hassten mich bereits dafür, was ich ihnen antat, jeder Schritt tat unsäglich weh. Und als wäre das noch nicht genug des Elends, begann es plötzlich wie aus Kübeln zu schütten und es hörte nicht mehr auf zu regnen, bis wir vollkommen durchnässt in Aguas Calientes ankamen.
Dummerweise hatten wir den grössten Teil unseres Gepäcks in Cusco gelassen. Seit Wochen hatten wir keinen Regen mehr erlebt (generell hatten wir auf der gesamten Reise bisher nur sehr wenig Regen), wer rechnete also auch mit Sowas. Entsprechend hatten wir auch nur die eine Hose dabei, die jetzt komplett nass war, und die Wanderschuhe, die ebenfalls komplett nass waren. Freude herrscht. Aus diesem Grund, und auch weil wir uns am nächsten Morgen vor lauter Schmerzen i ganzen Körper kaum noch bewegen konnten, entschieden wir uns, die Weiterreise um einen Tag zu verschieben und noch einen Tag in Aguas Calientes auszuharren. Die nassen Kleider konnten wir in der Zwischenzeit wenigstens waschen und trocknen lassen. Und obwohl der gute Jörg die Schuhe stundenlang mit Engelsgeduld über unseren kleinen Elektroherd hielt, wurden sie trotzdem leider nicht ganz trocken.


In Aguas Calientes gibt es ausser Machu Picchu nicht besonders viel zu tun. Es handelt sich um ein absolutes Touriloch, mit schlechten (und teuren) Hotels, noch schlechteren (und teuren) Restaurants, generell miesem Service und einem Haufen Souvenir-Plunder. Benannt ist der Ort nach den Termalbädern, die es dort gibt. Wir hatten im Internet allerdings ziemlich unappetitliche Bilder gesehen und eher schlechte Reiseberichte gelesen, weshalb wir auf einen Besuch verzichteten. Entsprechend nutzten wir den Tag, um ein wenig im Hotel rum zu gammeln, am Blog zu arbeiten und wie gesagt, die Schuhe zu trocknen.


Am nächsten Tag machten wir uns dann frühmorgens auf den Weg nach Santa Teresa. Unterwegs machten wir noch im Machu Picchu Museum halt. Das Museum war sehr informativ und interessant gestaltet. Zu sehen gab es vor allem Keramikstücke, die man in der Anlage gefunden hatte. Ausserdem gab es viele Informationen zur Ingenieurskunst der Inka und deren Stadtplanung. Beispielsweise wurde illustriert, wie die Terrassen angelegt worden waren, und das ist wirklich wahnsinnig eindrücklich, vor allem in Anbetracht der Tatsache wie viele es davon gibt und wie steil das Gelände ist. Ausserdem wurde das Wegenetz dargestellt, welches die Inka-Stadt mit den umliegenden Regionen verbindet. Reichtümer hat man nicht viele geborgen aus Machu Picchu. Das einzige Stück aus Gold fand man in einer der Terrassen vergraben.

Nach dem Besuch im Museum marschierten wir gemütlichen Schrittes etwa 3h entlang der Bahngleise hinunter nach Santa Teresa. Wir waren sehr überrascht zu sehen, wie viele Menschen auf dieser Strecke unterwegs waren, aber angesichts der horrenden Preise für die Zugfahrten ist dies eigentlich nicht wirklich verwunderlich. Es gibt nicht viel Bahnverkehr auf dieser Strecke, und die Züge sind schon von weitem zu hören, so dass es auch nicht gefährlich ist. Es war eigentlich ein recht idyllischer Weg im Wald zwischen den hohen Bergen hindurch, von unterwegs konnte man auch immer mal wieder die Machu Picchu Zitadelle erspähen. Findige Menschen hatten auch schon Profit gerochen und unterwegs kleine Stände mit Snacks, Früchten und Getränken aufgebaut. Und wir hatten keinen Stress, so dass wir es trotz immer noch höllischer Schmerzen im ganzen Körper (diese würden uns noch einige Tage begleiten) gemütlich nehmen konnten. Der Weg endete beim Wasserkraftwerk ausserhalb von Santa Teresa. Dort warteten bereits Taxis auf die Wanderer, um sie nach Santa Teresa zu bringen.
Und weiter geht die Reise durch das heilige Tal.....

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