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La Fortuna Teil 1 - Dorfleben, Permakultur und ein kaputter Hühnerstall

Veröffentlicht: 28.01.2023

Am 12. Januar brach ich auf nach La Fortuna, besser gesagt nach Sonafluca, ein kleines Dorf 10 Kilometer außerhalb von La Fortuna. Der eigentliche Plan war es ein paar Tage in La Fortuna zu verbringen, aber da ich dort keine ansprechende Unterkunft fand, buchte ich ein Zimmer etwas außerhalb, das mir auf Anhieb gefiel. So richtig hatte ich das nicht durchdacht, denn in der Region ist es etwas schwierig von A nach B zu kommen ohne ein Vermögen zu bezahlen. Und die Alternativen sind rar. Im Endeffekt war es aber eine gute Entscheidung, da ich die 6 Tage sehr genossen habe und danach bereit war für das etwas touristischere La Fortuna.

Es ging von Tortuguero mit einem Boot ca. anderthalb Stunden die etwa 40 Kilometer zu einem Bootsanleger an der nächstgelegenen Straße und von dort mit einem Bus nach Siquirres. Dort musste ich in einen anderen Bus umsteigen, der mich dann nach La Fortuna brachte. Dort ging ich etwas essen und versuchte dann ein Uber zu bekommen, leider erfolglos. Der Kellner vom Restaurant organisierte mir dann einen Fahrer und so kam ich gegen Abend auf dem wunderschönen Grundstück von Noemy an.

Der Abschied von Tortuguero fiel mir schwer, aber dafür war die Bootsfahrt schön. 
Von Außen würde man nicht erkennen, dass sich eine Unterkunft verbirgt. Das Tor musste immer geschlossen bleiben damit die Gans nicht abhaut. 
Meine Hütte im "Jardín de Permacultura Aguila" (übersetzt: "Permakulturgarten Adler") 
Die Hütte war recht einfach, aber ich habe mich sehr wohl gefühlt. Und nachts konnte man die Geräusche der Natur hören. 
Alles war halb offen und zum Großteil aus Naturmaterialien. 

Am nächsten Tag führte mich Noemy über ihr ein Hektar großes Gelände, der im Grunde ein riesiger Permakulturgarten ist. Permakultur ist ein nachhaltiges Konzept für Landwirtschaft und Gartenbau bei dem natürliche Ökosysteme nachgeahmt werden und diese ökologisch bewirtschaftet werden. Für viele ist die Permakultur eine Lebensphilosophie und auch bei Noemy spürt man die Leidenschaft und den Idealismus, für den sie sogar ihre Ehe aufgegeben hat. 

Sie erzählte mir, dass die Regierung vor einigen Jahrzehnten armen Familien Land geschenkt hat. Ihre Eltern bekamen damals 11 Hektar Land in Sonafluca und als beide starben, vererbten sie ihren 10 Kindern jeweils ca. einen Hektar. So kam Noemy vor etwa 20 Jahren zu ihrem Grundstück und begann nach den Prinzipien der Permakultur anzupflanzen. Vor allem Diversität ist dabei wichtig und so pflanzte sie verschiedenste Arten an Bäumen und anderen Pflanzen. Vor allem solche die bedroht, selten oder für die Tierwelt wichtig sind. 

Ein Teil von Noemys Grundstück von oben. Ganz rechts im Bild ist meine Hütte, das oberste ist Noemys Haus und das Gebäude nebenan ist eine weitere Hütte die man zum Übernachten buchen kann. Einen Teil ihres Gartens hat Noemy kreisrund angelegt, in Anlehnung an ein Mandala. 
Ein Teil des Gartens. Überall stehen Bananenbäume und andere Nutz- und Wildpflanzen. 
Hier baut Noemy unter anderem Süßkartoffeln an. Aber auch Kurkuma, Kakao, Salate usw. 
Am unteren Teil ihres Grundstücks hatte sie vor einer Weile Papayasamen gestreut. Gemeinsam haben wir dann die mittlerweile gewachsenen kleinen Papayapflanzen umsetzt (Das kleine Bäumchen links mit den spitzen Blättern und das daneben was leider schon den Kopf hängen lässt) 
Es gab auch viele wilde Ecken auf ihrem Grundstück. Dort konnte sich die Natur frei entfalten. 
Noemy verteilte einen kleinen Teil ihrer biologische Abfälle auf dem Grundstück, den einige Tiere für sich nutzten wie hier die Ameisen. Aber auch die Falter gingen gerne an die frischen Schalen von Bananen, Papaya usw. 
Das war mein Lieblingsplatz zum Sitzen. Hier habe ich immer Kaffee getrunken und die Vögel beobachtet. 

Die Gans "Coqueta" lebte auch bei Noemy. Außerdem gab es noch einen Kater namens Rodolfo. 

Da es in der Nähe meiner Unterkunft kein Restaurant oder ähnliches gab und ich in meiner Hütte nur eine kleine Küche mit einem Wasserkocher hatte, musste ich etwas kreativ sein. Morgens gab es wie immer frische Früchte mit Joghurt und Granola und abends habe ich manchmal mit Amy gegessen. Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich gar nicht von was ich mit dort ernährt habe. Baguette mit Frischkäse oder Instantnudeln oder irgendein Snack. Aber da Noemy alleine mit ihrem 20 jährigen Sohn lebt und der im Moment viel unterwegs ist (Ausbildung, Freundin usw.), freute sie sich, wenn sie ab und zu Gesellschaft beim Essen hatte. Dann gab es traditionelle costarikanische Küche mit Zutaten die zum Teil aus eigenem Anbau stammten. Zum Nachtisch gab es dann manchmal frische Kakaobohnen, deren Fruchtfleisch richtig lecker ist. Oder verarbeitete und zermahlene Kakaobohnen, die fast wie fertige dunkle Schokolade schmeckten. Wenn Noemy Zeit hat, stellt sie auch selber Schokolade her. Leider kommt sie im Moment mit der Arbeit nicht hinterher, dadurch dass ihr Sohn oft nicht da ist und sie den Hektar Land nicht alleine bewirtschaften kann. Ab und zu hat sie Freiwillige, zumeist Touristen, die bei ihr aushelfen. Aber oft haben diese keine Erfahrung in Permakultur oder sind es nicht gewohnt hart zu arbeiten und machen somit mehr Arbeit als dass sie eine Hilfe sind. Und so wirkte der Garten etwas vernachlässigt. Vor allem im Vergleich zu den Bildern die sie mir zeigte oder die online zu finden sind. Ihr Sohn macht gerade eine Ausbildung zum Kellner und möchte dann in den USA oder auf einem Kreuzfahrtschiff arbeiten. Wenn er genug Geld verdient hat, möchte er wiederkommen und das Grundstück ausbauen, vielleicht mit 2 schönen neuen Hütten für Touristen und ertragreicherem Anbau. Und Noemy möchte gerne Führungen und Kurse im Bereich Permakultur und Verarbeitung der Pflanzen anbieten. Und sie möchte auch selbst noch mehr lernen über Permakultur und zu Seminaren gehen. Allerdings fehlt im Moment die Zeit und das Geld um das alles zu verwirklichen. Sie erzählte mir auch, dass sie die Küche in meiner Hütte ausbauen möchte, also einen Herd und einen Kühlschrank anschaffen. Aber selbst dafür fehlt ihr das Geld im Moment.

Man spürte, dass beide einen Traum haben und sie diesen auch leben wollen. Dieser ist aber schwer zu verwirklichen und ich hatte das Gefühl, dass Noemy etwas verzweifelt ist. Sie möchte gerne die Hälfte des Grundstücks abgeben und sucht derzeit Käufer. Wer also Interesse hat...

Bei dem Rundgang über das Gelände zeigte sie mir auch den Hühnerstall, der leider etwas undicht war und ihre Hühner dadurch wohl von einer Schlange getötet wurden. Da sie aber keine Erfahrung hat und auch keine Zeit für die Reparatur, überlegte ich mir den Hühnerstall für sie zu reparieren.

Ein leckeres Abendbrot aus Reis, Bohnen, Salat und Rührei mit einer spinatähnlichen Pflanze aus dem Garten. Eigentlich mag ich ja keinen Reis und Bohnen auch nicht wirklich, aber irgendwie schmeckte es mir trotzdem sehr gut. 
Hier gab es mal Bananen und mit selbstgemachten Kakaonips. 
Der Hühnerstall für die Nacht. Wir haben ihn vom Garten unters Dach getragen, damit ich beim reparieren trocken bleibe. Vor allem die großen Lücken mussten geschlossen werden und Noemy wollte gerne eine Tür eingebaut haben. Also entfernte ich einen Teil des Kaninchendrahtes, baute einen Rahmen, setzte den Kaninchendraht dort wieder ein, installierte Scharniere und einen Riegel zum Schließen der Tür. Coqueta kam auch öfter vorbei um zu schauen oder mich zu attackieren. Gans eben. 
Et voilà: Der fertige Hühnerstall. Alles dicht und mit integrierter Tür. Insgesamt 3 Tage habe ich daran gewerkelt und viel Schweiß und Tränen vergossen. Nein, so schwer war das gar nicht. Ich hatte ja zum Glück Werkzeug und einen Tacker von Noemys schweizerischen Nachbar bekommen und einen kleinen Baumarkt gab es auch im Dorf. Und auch danke an dich Papa, dass du mir so viel beigebracht hast. 
Und da steht er wieder an seinem alten Platz. Hoffentlich ist jetzt alles schlangendicht. 

Auf dem Weg zum Baumarkt und zum Supermarkt hab ich auch ein Bilder von Sonafluca gemacht. Im Grunde gab es fast alles was man braucht. Naja, kein gutes Brot. Und der Joghurt war einmal ausverkauft.

Ich glaube das ist das Zentrum von Sonafluca. Spielplatz, Gemeindehaus und Fußballfeld. Alles da. Und die Kirche war auch gleich um die Ecke. 
Ich vermute das war mal (oder ist) eine Bushaltestelle. 
Eine Boutique für amerikanische Kleidung. Die hatte auch regelmäßig geöffnet. 
Sonst war nicht viel los auf der Straße. 

Noemy erzählte mir auch einmal von den Kindern aus dem Dorf, die sie früher regelmäßig besuchten. Ihre Eltern sind oder waren wohl drogenabhängig und kümmerten sich kaum um die Kinder. Und so kamen die Kinder eines Tages zu Noemy und fragten nach Essen. Sie hatte die Idee, dass die Kinder bei ihr ein Stück Land selbst bepflanzen können, es regelmäßig pflegen kommen und dann ihre eigenen Sachen ernten können. Das lief auch eine Weile gut, aber jetzt kommen die Kinder sehr selten vorbei und ihr Stück Garten ist zugewuchert. Ich konnte die Kinder einmal kennenlernen, als die Eltern von Noemys Nachbar zu Besuch waren und es deshalb einen riesigen Topf Suppe gab. Am nächsten Tag war noch so viel übrig, dass sie die Kinder einlud. Ich konnte zwar kaum mit ihnen kommunizieren, aber Noemy übersetzte ein bisschen für mich und sagte mir, dass eines der Mädchen gerade erzählt hat, dass sie zu Hause nur Cornflakes zu essen bekommt. Die anderen Nachbarskinder sind wohl den ganzen Tag alleine zu Hause, da ihre Mutter morgens 6 Uhr auf Arbeit fährt und erst spät abends zurückkommt.

Außerdem erfuhr ich, dass es im Dorf wohl einige Drogenabhängige gibt, die manchmal auch Obst und andere Dinge klauen. Das alles hätte ich so nie erfahren, wenn ich nicht bei einer Einheimischen auf dem Dorf gewohnt hätte. 


Und natürlich habe ich auch hier einige Tiere gesehen. Vor allem viele Vögel, einige mir bereits bekannte, aber auch ein paar neue Arten. Die meisten davon auf Noemys Grundstück. Mein bisheriger Lieblingsvogel, ein Plattschnabel-Motmot, saß oft in der Nähe meine Lieblingsplatzes und wir beobachteten uns gegenseitig.

Der Plattschnabel-Motmot. Einfach wunderschön. 
Diese Farben ❤️
Leider sind viele der Bilder etwas unscharf, aber ich musste diesen Vogel einfach zeigen. 
Ein weiblicher Passerinitangare. Später konnte ich auch noch das schwarz-rote Männchen fotografieren. 
Ein Goldscheiteltangare, möglicherweise ein Männchen, denn die Weibchen sind wohl etwas blasser gefärbt. 
Eines der 2 Fotos die ich bisher von einem Kolibri im Flug machen konnte. 
Hier das zweite. Erst im Nachhinein habe ich den Schwefelmaskentyrann gesehen, der den Kolibri androht. 

Aber auch tolle Raupen, abgefahrene Insekten, Spinnen und Frösche konnte ich fotografieren. 

Ich hab lieber nichts angefasst. Man weiß nie was hier so giftig sein könnte. 
Ein Euchroma giganteum, ein echt abgefahrener Käfer, der zwischen 5 und 8 cm groß ist. 
Nochmal Blattschneiderameisen, die meine Terrassenpflanze zerschneiden. 
Ein Frosch. Keine Ahnung welche Art. 
Ein Suchbild. Nachts saß diese Vogelspinne immer an der selben Stelle. 

Nach den 6 Tagen im Jardín de Permacultura in Sonafluca zog es mich weiter nach La Fortuna. Dort wanderte und ritt ich um den Vulkan Arenal, besuchte die heißen Quellen und traf alte und machte neue Bekanntschaften. Davon erzähle ich dann beim nächsten Mal.

Liebe Grüße

Antworten (1)

Conny
Der Plattschnabel-Motmo erinnert mich ein wenig an den hiesigen Eisvogel 🤔