Über_Südostasien_zurück_zu_mir
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Fasten, Ausmisten, Ballast abwerfen, den Blick nach innen richten...

Veröffentlicht: 30.04.2017

Mittlerweile ist es über eine Woche her, dass ich die wundervolle Sanctuary verlassen habe, es kommt mir viel länger vor, sind doch in der kurzen Zeit einige neue Abenteuer hinzu gekommen.

Dennoch möchte ich euch meine Fastenerfahrung nicht vorenthalten, schließlich habe ich sie bewusst an den Beginn meiner Reise gesetzt, in der Hoffnung, erstmal bei mir anzukommen und die weitere Reise bewusster gestalten zu können. Das klappt mal besser und mal schlechter, was allerdings eher an emotionalen Verstrickungen in der Heimat liegt, die einerseits wunderschön sind und mich gleichzeitig teilweise sehr herausfordern.


WARUM FASTEN UND WARUM GLEICH SO LANG?

Es gibt Fastenprogramme zwischen 3,5 und 10,5 Tagen. Ich dachte mir beim Buchen - "ganz oder gar nicht" - da steht "full cleanse" (quasi komplette Reinigung) und genau das wollte ich. Ein bisschen mutig war das wohl, vor allem, weil ich noch nie vorher gefastet hatte, von vielen Mitfastern wurde ich mit großen Augen angeschaut und fragte mich irgendwann selbst, was ich mir dabei gedacht habe. Letztendlich hätte ich jederzeit sagen können, dass ich aufhören möchte, kein Problem. Aber ich hielt durch, ohne dass ich mich übermäßig quälen musste.

Jeder hat seine eigenen Beweggründe, zu fasten, seine Geschichte, die ihn dazu veranlasst. Manche kommen aus der ganzen Welt Jahr für Jahr nach Koh Phangan um ihrem Körper und ihrer Seele eine Pause zu gönnen. Burnout, Notbremse, Übergewicht, Ablegen ungesunder Essgewohnheiten, Neugier, krisenbehaftete Lebensereignisse, der Wunsch nach körperlicher und seelischer Reinigung - Anlässe gibt es mehr als genug.

Für mich war es der Wunsch Ballast abzuwerfen. Nach der Trennung behielt ich die meisten Möbel, ich hatte den Großteil finanziert. In vielen steckte eine Menge Arbeit, wir hatten sie gebraucht zusammen gesammelt, angeschleift und lasiert, meist brauchte es davon zwei Durchgänge. Was vorher auf drei Räume verteilt war, stopfte ich in ein Zimmer und hatte das Gefühl zu ersticken, ich konnte mich nicht bewegen, es war dunkel und ich hatte das starke Bedürfnis mich zu befreien. Über mehrere Monate mistete ich gnadenlos aus, verkaufte das meiste und fühlte mich mit jedem Stück befreiter. Je leerer mein Zimmer wurde, desto wohler fühlte ich mich. Ich kam mit dem Thema Minimalismus in Berührung und mir gefällt der Gedanke sehr, mich durch so wenig materielle Güter wie nötig fesseln zu lassen, es hat etwas therapeutisches, der Blick fürs Wesentliche schärft sich, man ist weniger abgelenkt.

Bei einer Freundin (Jenny, du bist gemeint), stieß ich auf das Buch "Feng Shui und das Gerümpel des Alltags", es war mir eine große Inspiration, vor allem das letzte Kapitel. Dort geht es darum, dass man genauso in seinem Körper, genauer gesagt im Darm, entrümpeln kann. Ich fand es nur konsequent und logisch, das monatelange Ausmisten auf diese Weise fort zu setzen, und meinem Körper etwas Gutes zu tun, indem ich ihm erlaube, 31 Jahre lang angesammeltes Gift auszuschwemmen, sich auf das Regenerieren zu konzentrieren und darüber auch den letzten emotionalen Ballast abzuwerfen. Neugierig auf die Erfahrung war ich außerdem.


WIE LÄUFT DAS FASTEN AB?

Das Wellness Center der Sanctuary ist speziell für die fastenden Besucher da, als Ort zum Treffen, Entspannen und gemeinsamen allabendlichen Schlürfen der Brühe. Das Restaurant als Aufenthaltsort fiel weg, so masochistisch war keiner drauf.

Letzendlich nimmt man von 7 Uhr morgens bis 21:30Uhr alle 1,5 Stunden etwas zu sich, fast keine Kalorieren und ein Minimum an Fruchtzucker - auf keinen Fall industriellen Zucker und nichts Festes. Kauen wurde für die Zeit komplett gestrichen.

Der Körper verwendet Tag für Tag viel Energie darauf all den Müll, den wir oft in uns reinstopfen, zu verarbeiten, teilweise kommt er kaum hinterher. Das Fett sorgt u.a. dafür, dass die Innenwände des Darmtraktes verschleimen, sodass Nährstoffe - selbst bei einer Ernährungsumstellung - nur bedingt aufgenommen und ungenutzt wieder ausgeschieden werden. Wer fastet gönnt seinem Körper eine wertvolle Pause von dieser Anstrengung, jetzt kann er die Energie nutzen, sich zu regenerieren, Zellen zu erneuern, zu reparieren. Es ist wohl wie eine Verjüngungskur.

Viermal am Tag gibt es einen Shake aus Wasser, Flohsamenschalen, Ton und für den Geschmack, frischem Wassermelonensaft. Den 7-Uhr-Shake mixt man sich selber, leider ohne Saft, da muss man halt durch, für mich war das keine Freude, anderen machte es nichts aus. Die weiteren Shakes holt man sich im Wellness Center ab. Wie ein Besen wirken die Flohsamenschalen an den Innewänden des Dünn- und Dickdarms, der Ton bindet das ganze Zeugs und befördert es nach draußen. Zwischen den Shakes gönnt man sich jeweils sechs Kräuterpillen. Die versorgen den Körper mit Nährstoffen und sollen das Entgiften unterstützen. Abends um 7 gibt es statt Shake eine warme Gemüsebrühe, natürlich ohne Gemüse, aber wahlweise mit Limettensaft und scharfem Gewürz, kein Salz. Mein Highlight war die sich allabendlich anschließende Kokosnuss, genauer gesagt das Kokoswasser, das Fleisch war leider tabu. Das war der eine Moment am Tag, wo ich mich richtig satt fühlte. Das beste daran ist, dass alle Fastenden gemeinsam an einem Tisch sitzen und quatschen.

Dieses Programm zehn Tage durchzuhalten ging, aber teilweise war es kulinarisch doch recht eintönig. Zwischendrin fantasierte ich vor allem von einem guten deutschen Körnerbrot, das hat sich mittlerweile zum Glück erledigt, denn in Thailand gibt es das komischerweise nicht an jeder Straßenecke. Dann hatte ich schon relativ am Anfang davon gehört, dass es im Restaurant Schokokuchen mit Cashewnüssen gibt. Die Vorstellung ließ mich nicht mehr los und ich dachte mir, komme was wolle, den esse ich auf jeden Fall bevor ich weiterziehe. Und dann gab es ihn nicht, als ich wieder mampfen durfte... Die Brownies haben mich glücklicherweise gut drüber hinweg getröstet. Vor dem Schlafengehen gibt es eine probiotische Kapsel, denn die Darmflora wird zu einem großen Teil mit entsorgt, die lieben kleinen Bakterien sind aber unsere fleißigen Helferlein beim Verarbeiten der Nahrung und werden gebraucht, vor allem auch, wenn es gilt, sich langsam wieder ans Essen heran zu tasten.


So, ihr Lieben, jetzt kommt ein Teil, den viele höchstwahrscheinlich als unappetitlich einordnen, dann hüpft einen Abschnitt weiter - letzte Warnung - es geht um selbst verabreichte Darmspülungen. Keine Sorge, ich gehe nicht ins Detail, dennoch war es ein tägliches Prozedere und essenzieller Bestandteil des Entgiftens. Insgesamt elf mal hatte ich das Vergnügen eine sehr intime Zeit mit meinem Körper zu verbringen. Mr. Moo, die gute Seele des Entgiftungsprogrammes, demonstrierte einem Engländer und mir auf lebhafte Art und in seinem unverwechselbaren, teilweise schwer verständlichen, aber äußerst sympathischen Thai-Englisch, wie das ganze abläuft. Er behielt seine Sachen dafür natürlich an. Ich stelle ein Bild von meinem kleinen Bad rein, das ist einfacher, als es zu erklären. Letztendlich ging es darum, ca. 10Liter Kaffeelösung etappenweise in den Darm laufen zu lassen, soviel wie halt auf einmal geht und das ganze dann wieder zu "entsorgen". Der Kaffee hilft der Leber wohl dabei die ganzen Gifte, die man ja los werden möchte, freizusetzen. Einmal habe ich meine Session etwas nach hinten geschoben, der letzte Shake war folglich schon etwas länger her und das war weniger gut. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich auf leeren Magen - komisch, warum war der eigentlich leer... - eine Kanne schwarzen Kaffee getrunken, das, wo ich sonst keinen trinke. Zum Glück war das nur einmal der Fall.

Man würde meinen, dass nach zehn Tagen nicht mehr viel da ist, was ausgespült werden kann. Was lag ich falsch... Zehn Tage ohne feste Nahrung - bei all der Flüssigkeit musste ich so oft wie noch nie für kleine Mädchen - gut, etwas Ton und Flohsamenschalen mussten raus... Es wurde zwar weniger, aber der Nullpunkt war dennoch an jedem Tag in weiter Ferne. Was ausbleibt ist das große Geschäft neben den Darmspülungen. Es ging uns allen so, dass wir dachten, meine Güte, was ist denn da noch alles in meinem Körper, es ist wirklich erstaunlich.


WIE WAR ES FÜR MICH?

Wie gesagt, war das Fasten keine übermäßige Quälerei. Am schlimmsten war der erste Tag, was hatte ich Hunger und dann waren da noch die Kopfschmerzen - Zuckerentzug im Anfangsstadium ist kein Vergnügen. Ab dann war es in Ordnung, das Fantasieren von Essen nahm keine qualvollen Dimensionen an. Die Tage waren gut gefüllt und vergingen wie im Flug. Ständig musste man daran denken, etwas einzunehmen, dann waren da die Darmreinigungen, Yoga, Meditation, Lesen, die Hängematte, Gespräche, Reiki, Tarot, das Tagebuch- und Blogschreiben, Massagen - Langeweile kam definitiv nicht auf.

Am fünften Tag sprudelte ich zunächst vor lauter Energie und begab mich etwas übermütig in der Mittagshitze auf Erkundungstour. Die dauerte fast zwei Stunden, es ging bergab und bergauf. Als ich zurück kam, brauchte ich dringend einen frisch gepressten Apfelsaft. Ihr glaubt gar nicht, wie köstlich der war! Danach war ich einfach nur durch und es ging nichts mehr. Während der Brühe war ich komplett unkommunikativ, zog mich innerlich zurück und verschwand an den Strand um ein paar Tränen zu verdrücken. Da hatte ich mir wohl zuviel zugemutet. Danach war es aber auch wieder gut.

Der Darm, genauer gesagt der Dünndarm, der direkt an den Magen anschließt, wird als zweites Gehirn bzw. Gedächtnis bezeichnet. Dort sollen die Emotionen sitzen. Nicht umsonst gibt es Sprüche wie: "Hör auf dein Bauchgefühl!" und "Das schlägt mir auf den Magen." Dort sitzen unsere Intuition, Instinkte und alle Gefühle, die wir seit unserer Zeugung erfahren haben. Entsprechend kann es auch passieren, dass sich beim Fasten angestaute Emotionen lösen. Ich war sehr gespannt, ob es mir auch so gehen würde. Bis auf diesen einen Nachmittag und Abend gab es diesbezüglich allerdings keine erwähnenswerten Vorkommnisse.

Beim Yoga musste ich ab der zweiten Hälfte öfter Ruhepausen einlegen, konnte viele Asanas nicht mehr so lange halten, ich kam die Treppen nicht mehr so schnell hoch, konnte Stunden in der Hängematte verbringen. Man schraubt einen Gang zurück, vieles verlangsamt sich, aber es ging mir nie schlecht, an vielen Stellen war dennoch erstaunlich viel Energie da. Ich finde es überaus bemerkenswert wie der Körper das anstellt, er ist wahrlich ein Wunderwerk, er stellt auf Ketose um - geht an die Fettreserven und macht sein Ding. Wahnsinn!

Es war eine intensive Zeit, die ich mit meiner sterblichen Hülle verbrachte, ich habe viel auf meinen Körper gehört, seine Grenzen wahrgenommen und zunehmend geachtet, bin ihm liebevoll begegnet, habe ihn noch mal ganz anders zu schätzen gelernt. Die Darmspülungen trugen wesentlich dazu bei. Mein Bauch bekam eine tägliche Massage - von links nach rechts, um der Kaffeelösung zu helfen, sich den Weg nach innen zu bahnen und anders herum um das Gegenteil zu bewirken. Ich musste sehr in mich hinein horchen, mit zunehmender Routine hatte diese Prozedur sogar etwas Meditatives.

Nach der letzten Reinigung wurde ich plötzlich emotional. Ich blickte in meines kleines Bad, wurde sentimental, eine wertvolle Erfahrung ging zuende und ich verspürte unendliche Dankbarkeit, dass es diesen wundervollen Ort und diese wundervollen Menschen gibt, die mir all das ermöglicht haben.


WIEDER ESSEN - WIE AUFREGEND!

Fast noch spannender als das eigentliche Fasten war das Brechen des Fastens. Die Verdauung hat über die Zeit fast komplett geruht, die Darmflora muss sich erst wieder aufbauen - man muss sich vorsichtig an das Essen heran tasten, sonst bekommt man von seinem Körper die Quittung - Übelkeit, Krämpfe, Durchfall, Verstopfung etc.

Zusammen mit Julia, einer anderen Deutschen, beendete ich das Fasten. Wir wagten gemeinsam den ersten Schritt ins Restaurant. Am 11. Tag gab es zur Mittagszeit eine Schüssel mit einer Sorte Obst, ich entschied mich für Papaya. Zur Wahl standen noch Wassermelone und Apfel. Das erste Mal wieder eine Gabel in der Hand halten, kauen - ich war tatsächlich etwas aufgeregt und konnte es kaum erwarten. Ich kaute langsam und genüsslich, die Geschmacksexplosion blieb zwar aus, dafür war es faszinierend regelrecht und bewusst zu spüren, wie sich der Magen mit fester Nahrung füllt, das war ein herrliches Gefühl. Danach war ich richtig satt und selig.

Später übernahm ich mich dann. Ich genehmigte mir einen Kokos-Smoothie - ohne Milch, ohne Zucker, aber mit zerhäxeltem Kokosfleisch. Er war sehr lecker, aber letzendlich nicht bekömmlich, mir wurde übel. Kokosfleisch ist reichhaltig, hat viel Fett - damit war mein Magen am ersten Tag eindeutig nicht einverstanden. Glücklicherweise gibt es Mr. Moo, den Retter in der Not mit seinem unappetitlichen Zauberpulver, welches dafür schnell Abhilfe verschafft, immerhin... In den nächsten Tagen gab es vor allem Rohkost, die erste Mango am zweiten Tag war ein Gedicht. Zu den Salaten kamen Nüsse hinzu, am dritten Tag gab es das erste Milchprodukt - Joghurt - ich vertrug ihn gut, nach meinem Kokostrauma war ich etwas zurückhaltend. Was aber sein musste, war der Kuchen, der mir erfreulicherweise keinen Ärger bereitete. Auf einmal machte der Bauch wieder Geräusche, gluckerte vor sich her, es war spannend, so deutlich zu merken, wie die Verdauung in Schwung kommt, wieder anfängt zu arbeiten.

Mittlerweile kann ich wieder alles essen und mute meinem armen Körper teilweise ganz schön was zu. Manch einer ahnt es - es gelüstet mich öfter nach Cola, auch nach Keksen... Wenn ich es allerdings übertreibe, zuviel durcheinander esse und trinke, merke ich überdeutlich, dass ich mir damit keinen Gefallen tue, ich bin aufmerksamer geworden, dieses Völlegefühl, was ich früher einfach hingenommen habe, ist mir seit dem Fasten äußerst unangenehm, diese Schwere mag ich überhaupt nicht. Ich habe mich noch nicht wieder an Fleisch ran getraut. Interessanterweise ist das eine Schwelle, die ich nicht überschreiten mag. Ich gebe zu, dass ich gelegentlich Shrimps und Meeresfrüchte esse. Der Gedanke an Hähnchen und Co. schreckt mich ab, ähnlich ist es mit Eiern. Zwei Bier habe ich seither getrunken und hätte es genau so gut lassen können, Alkohol ist mir nicht geheuer. Auch kaue ich mein Essen viel gründlicher, lasse mir Zeit für meine Mahlzeiten und hoffe, dass ich das bei behalte.

Entscheidend ist nicht ausschließlich, was man isst, sondern auch wie. Es macht einen Unterschied, ob man etwas nebenher in sich reinstopft und eventuell ein schlechtes Gewissen wegen des Stücks Pizza hat oder ob man bewusst und in Ruhe isst, die Nahrung in seinem Körper willkommen heißt. All jenes soll sich darauf auswirken, wie der Körper die Nahrung aufnimmt, ob er positiv oder negativ darauf reagiert. Für mich klingt das nachvollziehbar und logisch. Den Unterschied kennen wir sicher alle.

Wir müssen nur lernen, wieder mehr auf unseren Körper zu hören, er sagt uns genau, was er braucht, was ihm gut tut und was nicht.

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