the roads behind the Red Rocks
the roads behind the Red Rocks
vakantio.de/the-roads-behind-the-red-rocks

only Cowgirls get the Blues (Tom Robins)

Veröffentlicht: 10.05.2023


Angefangen hat der Tag ganz harmlos. Der Plan war, durch ein Apache Reservat nach Süden Richtung Arizona zu fahren und da kam dann auch schon die erste Überraschung. Die hiesigen First Nations sind offensichtlich Ranger wie die Nachfahren der Siedler rundherum auch. Es gibt Weidezäune beidseits der Straße, Weideroste über derselben, manchmal ist der Weg auch versperrt und auf einer Distanz von mehr als 100 Kilometern finden sich zwei Dörfer. Alles solider Durchschnitt; auffällig die Freundlichkeit derer, denen man begegnet. Sie winken und lachen, vielleicht wundern sie sich aber auch nur, welch einer sich da in ihre gottverlassene Gegend verirrt haben mag.

Die Landkarte zeigt auf dieser Straße zwei große schwarze Ringe und dazu jeweils einen so richtig fett gedruckten Ortsnamen. Da glaubt man mindestens an kleine Landstädtchen, sieht sich gleich gut versorgt und geht davon aus, dass man sicher irgendwo wifi herkriegt. Welch ein Irrtum:

Beim ersten dieser Dörfer stehen auf knapp 300m rechts und links der Straße Tankstelle, Diner, Autowerkstatt, Ranch Ausrüstungsladen, das übliche halt. Und die vom Motel sind sich ihrer exponierten Situation wohl besonders bewusst und werben damit, dass die Zimmer wenigstens sauber sind.

Im Gegensatz dazu liegt der zweite dieser Orte an einer T-Straßenkreuzung, was zu einer etwas aufgelockerteren Bebauungsform führt. Los ist hier aber genauso wenig, nur scheint die Uhr in der Vergangenheit noch langsamer getickt zu haben. An zentraler Stelle stehen die Überreste eines abgebrannten und zerschossenen Blockhauses, aus denen heraus der letzte verbliebene Neu Mexikaner seine letzte verbliebene Kugel gegen Irgendwelche aus Arizona verfeuert, bevor er selbst heldenhaft darnieder sinkt. Kapiert hat der Chronist das nicht, weil auf der dazugehörigen Gedenktafel nicht erkennbar ist, warum die Nachbarn aufeinander losgegangen sind.

Von hier weg ist es nicht mehr weit zum geplanten Übernachtungsplatz, doch die Ankunft dort verzögerte sich gewaltig, denn plötzlich gab es eine Ansammlung von ca 30 Pferdetransportern in der Nähe der Straße (in die mittelgroßen passen hier so um die 4 Pferde) und ehe sich der Chronist versah, steckte er inmitten eines Lasso-Kälbereinfang-Wettbewerbs als Samstagnachmittagsvergnügen von Rangerfamilien. Da war die junge Mutti mit dem Kinderwagen, den sie schnell mal irgendjemandem, der gerade in der Nähe war, in die Hand drückte, weil sie gerade jetzt auf´s Pferd musste, um mittels Lasso ein Kalb einzufangen. Da waren die größeren Kinder und Jugendlichen, die noch nicht mitmachen durften, aber auch schon höchst stolz herumritten - auf Quarterhorses selbstverständlich. Und da waren die stolzen Ranger mit ihren Frauen, Söhnen und Töchtern, die alle mit dem Lasso hinter den Kälbern her waren, als hinge ihr Leben davon ab.

Nur bei einer Sache ging es sehr streng runter: Den ca. einjährigen Kühen und Stieren durfte nichts geschehen. Sie trugen am Kopf Schutzpolster, das Lasso durfte zunächst nur um die Hörner geschlungen werden und wenn es dann doch wirklich einmal gelang, die Hinterbeine zu fassen, was die ganz große Kunst ist, muss das Lasso sofort losgelassen werden, damit das Tier nicht stürzt.

Das alles hat mir Cowgirl Rab erklärt. Überhaupt Cowgirl. Die Rangertöchter erfüllen alle Klisches - tragen Männerhemden, Jeans und Stiefel, schwingen Lasso und stemmen sich gegen Longhorns wie die stärksten Jungs, reiten wie der Teufel und sind mindestens so fesch wie Lilly vom Salon; zumindest die meisten.

Übrigens: So ganz frei übersetzt könnte der Titel des heutigen Beitrags heißen: „Nur Cowgirls wissen, wo´s lang geht“. Und den aktuellen Erfahrungen des Chronisten nach spricht einiges dafür, dass Tom Robins recht hat.  

Antworten (1)

Amelie
Ich sitz im Büro und freu mich über die aufgelockerte Bebauungsform und den darnieder sinkenden Nachbarn! …du schreibst so unterhaltsam, witzig und trotzdem informativ. Die Fotos zeigen eine so andere Welt als die, die ich vom Bürofenster aus sehe - danke fürs Mitnehmen :*

USA
Reiseberichte USA