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Die Eroberung Englands

Veröffentlicht: 02.07.2019

Da waren wir nun in Blankenberge und am nächsten Tag war wieder 7 Bft angesagt. Wir entschieden uns, einen Hafentag einzulegen um mit dem Zug nach Brügge zu fahren. Bei herrlichstem Wetter haben wir uns diese sehr schöne mittelalterliche Stadt angeschaut. Holger bemerkte die Sauberkeit dieser Stadt und das heimelige Ambiente mit den Grachten und den schönen Biergärten. Fotos folgen. Am nächsten Morgen ging es dann nach Dünkirchen bei Nordost 5-6 Bft.. Die Hafeneinfahrt von Dünkirchen erinnerte an den 2. Weltkrieg, wo über 340 000 eingekesselte englische Soldaten evakuiert wurden. Leider wurde bei der Schlacht um Dünkirchen einiges zerstört - und auch nicht wiederaufgebaut. Die Reste dieser Stadt machen auch heute noch keinen sehr einladenden Eindruck. Nun, wir mussten uns die Stadt auch nicht weiteranschauen und gingen früh schlafen. Am nächsten Tag sollte es dann auch endlich nach England gehen - was die Wehrmacht bekannterweise ja wollte, aber nicht schaffte. Wir mussten viel motoren, da kaum Wind war. Um 16 Uhr machten wir dann endlich in Dover fest.  Die Engländer waren sehr freundlich und über Funk wurde uns ein Liegeplatz zugewiesen, was vor 90 Jahren undenkbar gewesen wäre. Dover und speziell die Kreidefelsen sind schon beeindruckend. Da die nächsten zwei Tage Starkwinde aus Westen zu erwarten liessen, blieben wir diese Tage mit der SY im Hafen und schauten uns die sehr imposante Dover Festung an und am nächsten Tag auch noch Canterbury. 

Die Dover Festung liegt über der Stadt und kontrollierte die Meerenge zwischen Dover und Calais. Diese Festung war unser Ziel. Zu Fuß ging es den steilen Weg hinauf. Die Sonne hatte auch kein Mitleid und vollgeschwitzt erreichte ich - Holger war ja trainiert und fror sogar - die Festung. Dort verweigerte man uns den Eintritt. Erst nach Erstattung einer stolzen Summe von 40 Pfund ließ man uns ein. Aber die Festung lohnt sich. Sie ist die älteste und am Besten erhaltene Festung der Briten. In den Kreidefelsen haben die Briten unterirdische Kasematten angelegt, die teils als Unterbringung für 2000 Soldaten, als Krankenstation aber auch als Befehlstand bei der Evakuierung von Dünkirchen dienten. Jede zweite Straße ist hier nach Winston Churchill benannt. Obwohl die Deutschen im Krieg die Stadt Dover weitgehend zerstört hatten, wurde die Festung nicht angegriffen und ist somit noch vollständig erhalten. Wir verbrachten also einige Stunden auf diesem Hügel, der seit der Eisen- und Römerzeit immer schon als befestigte Trutzburg diente. Es gibt sogar noch einen alten Leuchtturm aus der Römerzeit. Das Castle selbst wurde von Heinrich II um Zwölfhundert undschießmichtot, errichtet. Die Engländer haben den Burgfried wieder so eingerichtet wie er im Mittelalter war. Wir konnten uns also ein gutes Bild vom Hochmittelalter machen. Wir haben danach die Tunnel besichtigt, die die Engländer schon im 16. Jahrhundert in den Kreidefelsen trieben. Die Evakuierung von Dünkirchen wurde ausführlich dargestellt. Man fühlte sich durch die realistische Multimedia Darstellungen aus Bombardements, Explosionen, Maschinengewehrsalven, hingemetzelte Soldaten etc. mitten im Geschehen. Kleine Kinder, die bei dieser Führung dabei waren, fingen an zu weinen und klammerten sich an die Beine ihrer Erzeuger. Diese, sehr anschaulichen Dokumentationen des Krieges dienen somit auch dazu, das nationale Erbe in den Köpfen der Kinder und Kindeskinder zu verankern. Dass diese Schrecken bei sensiblen Kindern zu Psychosen führen können, oder sogar die Grundlagen für zukünftige Psychopaten gelegt werden, scheint wohl bewusst in Kauf genommen zu werden. Ich war jedenfalls sehr beeindruckt von diesen Multimediadarstellungen.  Nachts träumte ich dann von der Besetzung Englands und am Morgen fuhren wir dann nach Canterbury. Auch hier begegneten uns die Römer, deren Stadtmauer und Türme immer noch die Altstadt umschließt.  Hier waren die Deutschen auch nicht untätig gewesen und haben die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt. Der Rest ist relativ gut erhalten und sehr sehenswert. Wir haben uns natürlich die Kathedrale angeschaut und sogar an einer Messe teilgenommen - was leider nicht geholfen hat. Ich bin genauso rausgekommen wie ich reingegangen bin. Die Kathedrale ist ein Mix aus Romanik und Gotik, im Keller romanisch, weiter oben Gotik mit vielen kleinen Kapellen und vielen Heiligen. Irgendwann war genug der Heiligen und wir kehrten auf unser Schiff zurück. Um die Tide mitzunehmen standen wir um 03 Uhr nachts auf und fuhren um 0345 Uhr aus Dover raus. Wir erlebten einen schönen Sonnenaufgang und kamen bei NW Wind gut voran. Um 13 Uhr hatten wir Sovereign Harbour erreicht. Auch hier musste man sich über Funk anmelden und bekam einen Liegeplatz zugewiesen. Eastbourne soll auch ein Seebad sein. Sieht jedoch alles ein wenig heruntergekommen aus. Die schönen Sandstrände der Niederlande, Belgiens und Frankreich fehlen hier. Die Briten haben nur ihre Kreidefelsen, von denen sie sich herabstürzen können oder Kiesstrände, über die man kaum mit bloßen Füßen laufen kann. Wir sind auf der Promenade bis nach Eastbourne gelaufen. Alles wenig einladend. Irgendwann tauchte dann doch eine Strandbar auf, in dem mit Fish und Ships gemästete Engländerinnen saßen. Wir haben dort dann trotzdem noch unser Bier getrunken und sind dann enttäuscht von der Stadt - in der Friedrich Engels Urlaub machte- und sich auch auf See bestatten ließ, wieder zum Schiff gelaufen. Es erübrigt sich mitzuteilen, dass auch hier die Deutschen im 2. Weltkrieg die schönsten Hotels und Häuser in Schutt und Asche gelegt haben. Die halbe Stadt gehört einem Duke, der dafür sorgt, dass die Urlaubsgäste nicht zuviel Geld ausgeben. Er hat verboten, dass in seinen Gebäuden Geschäfte aufmachen. So werden viele Häuser weiter als Hotels genutzt, bzw. als Absteigen, da die Engländer lieber nach Malle fahren, als in ihrem eigenen Land Urlaub zu machen. Wer könnte es ihnen verübeln? 

Von Eastbourne nach Brighton sind es nur knapp über 20 nautische Meilen. Mit ablaufender Tide sind wir um 11 Uhr dann los und sind mit achterlichem Wind, nur mit Genua, nach Brighton gesegelt. Wir wurden an den Gastliegersteg dirigiert, wo wir neben einer Dehler 46 ins Päckchen durften. Dass dieser Teil des Hafen im Tidebereich liegt bemerkten wir auch daran, dass kurz vor Niedrigwasser die Taishan Grundberührung bekam. Morgen soll es durch die Schleuse in den Oberhafen gehen, wo die Taishan in die Werft kommt. Es wird Zeit das Stevenrohr, bzw. die Wellenbuchse auszutauschen. Lizzi, eine Mitarbeiterin der Werft hatte Mitleid mit mir ihre Hilfe zugesagt. Also, Morgen wird gekrant und anschließend werde ich Holger zum Bahnhof nach Brighton bringen. Ich selbst werde am Samstag morgen nach Griechenland fliegen um mein neu erworbenen Haus auf dem Pilion in Besitz zu nehmen. Treffe mich mit Anette in Volos auf dem Flughafen.

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