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Wyschhorod

Veröffentlicht: 06.06.2019

Samstagmorgen (25.05.2019) am Zentralen Strand von Kiew. Gegen sieben treibt mich die Sonne aus dem Zelt. Weit und breit niemand zu sehen. Gute Gelegenheit für ein Bad im langsam dahingleitenden Dneprwasser. Nur der Dicke unterbricht die morgendliche Stille hin und wieder durch herumplanschen im Uferbereich und kann der ruhigen Atmosphäre scheinbar wenig abgewinnen. Dann trudeln langsam die ersten Angler ein und wir ziehen uns zum, etwas oberhalb gelegenen, Lagerplatz zurück. Nach dem Frühstück nutze ich die Zeit für kleinere Reparaturarbeiten an meiner Matratze. Währenddessen treibt auf dem Fluss eine kleine Regatta vorbei. Ganz nett anzuschauen die ganzen Segelboote. Nachdem ich anschließend meine Eltern und Großeltern auf den neuesten Stand gebracht habe, beschließe ich mich ein Stück entlang des Flusses nach Norden vorzuarbeiten. Gut 20 km nördlich der Stadt liegt der Kiewer Stausee. Für den Samstag habe ich mir vorerst ein Teilstück, bis nahe dem Stadtteil Obolon, vorgenommen. Nachdem alles verstaut ist, wandern wir entlang kleiner Pfade auf der Insel Truchaniv bis zur Pivnichni-Brücke, über welche wir den südlichen Rand von Obolon erreichen. Entlang des "Heroiv Stalingrada Prospekt" geht es weiter nach Norden. Dort rasten wir am erstbesten Supermarkt für Kaffee, Eis und Hühnerschenkel. Dann geht es entlang der Uferpromenade bis zum Sport-Yacht-Club und über eine kleine Halbinsel in Richtung Obolonsker (Insel). Auf meiner Karte ist ein Weg durch das schmale trennende Gewässer eingezeichnet. Also ziehe ich meine Schuhe aus, kremple die kurzen Hosen hoch und mache mich an die Durchquerung. Bei der nächsten, ähnlichen Aktion, gönne ich mir einen Probedurchlauf, das Wasser war dann doch tiefer als gedacht. Ich bin bis zur Gürtellinie nass, dementsprechend waren auch Teile des Rucksacks mit auf Tauchstation. Vorallem aber hatte ich vergessen Rango abzuleinen, der Dicke musste also ohne große Vorbereitungszeit neben mir herschwimmen. Macht er, bissel hektisch, aber ansonsten ohne großes Federlesen. In den Händen hatte ich meine Schuhe und den Einkauf fürs Abendbrot, spontan abschnallen ging also nicht. Auf der Insel angekommen, laufen wir noch ein paar hundert Meter nach Süden und schlagen unser Lager nahe einem Strand an einem schattigen Plätzchen auf. Der "Wasserschaden" hält sich nach erstem prüfenden Blick in Grenzen, was wohl an der Kürze der Tauchphase lag. So geht es nach abendlicher Routine (Training, Baden, Wäsche spülen, Abendbrot), einbrechender Nacht und beginnendem Regen in die Federn.

Ob des schönen Plätzchens, habe ich beschlossen etwas zu Verweilen. Über den Sonntag begnüge ich mich daher mit wenigen Aktivitäten. Nach dem Frühstück widme ich mich erneut kleiner Klebearbeiten an meiner Matratze (mit zunehmendem Erfolg) und gehe etwas baden. Dann mache ich mich mit dem Dicken auf den Weg nach Obolon, wo ein Käffchen und ein paar Kekse auf mich warten. Nachdem ich auch unsere Trinkwasser- und Lebensmittelreserven aufgefüllt habe, geht es am frühen Nachmittag zurück auf die Insel. Rango schwimmt mir mittlerweile freiwillig voraus, den Weg kennt er ja. Kaum noch zu merken, dass der Hund mal Wasserscheu war. Der restliche Tag verfliegt mit Duolingo (für die Erweiterung meiner Russischkenntnisse), Feuerholz sammeln und der abendlichen Routine.

Auch den Montag (27.05.2019) verbringe ich noch in der Nähe von Obolon, durch das Wissen, in absehbarer Zeit eh wieder nach Kiew zurück zu müssen, hält sich der Drang nach größeren Expeditionen in Grenzen. Auch der Zeltplatz trägt seinen Teil zu der Faulheit bei, trotz etwas abgelener Lage auf der grünen Insel, habe ich in direkter Nachbarschaft alles an benötigter Infrastruktur (Kaffee, Trinkwasser, Einkaufsmöglichkeit).

Trotzdem packe ich über den Dienstagvormittag unseren Krempel und wir machen uns gegen Mittag auf die Weiterreise. Beim Übersetzen auf die nördliche Halbinsel, muss ich den Rucksack sogar überm Kopf tragen, damit ich ihn trocken ans andere Ufer bekomme. Der Wasserstand des Dnepr schwankt im Tagesverlauf recht heftig. Dann geht es durch den Stadtteil Obolon weiter nach Norden, bis in den Grünstreifen südlich des Lukov-Sees. Hier wandern wir weiter westwärts bis zur Bogatirska-Straße. Dieser folgen wir ein Stück in nördlicher Richtung, vorbei an Chornobiletz und dann östlich der Bahnlinie durch die Gartenanlage "Druschba". Hier wird überwiegend Gemüse und etwas Obst angebaut. Hütten, gepflasterte bzw. geschotterte Wege, Zäune oder trennende Hecken zwischen den Gärten gibt es keine. Der Name scheint Programm, man gärtnert unter Freunden. Am späten Nachmittag erreichen wir dann Wyschhorod, eine Kleinstadt südwestlich der Staumauer zum Kiewer Stausee. Hier ist es nach fast 15 gelaufenen Kilometern Zeit für ein Päuschen, natürlich mit Kaffee und Kuchen. Währenddessen lade ich meine Akkus an einer Steckdose vor Ort. Mit dem Verlust meines Solarpanels, bin ich abhängig von Ladeinfrastruktur geworden. Mal schauen wie ich mich über die nächsten Wochen in die Situation hereinfitze oder ob ich mir ein neues Sonnensegel organisiere. Nachdem dann auch etwas fürs Abendbrot den Weg in meinen Rucksack gefunden hat, machen wir uns auf die Suche nach einem neuen Zeltplatz. Eine kleine Halbinsel, welche sich südöstlich an die Staumauer anschließt, scheint laut Karte dafür einige aussichtsreiche Uferbereiche zu bieten. Wir überqueren also den Staudamm und werden anschließend am Südostufer der Halbinsel recht schnell fündig. Nachdem alles aufgebaut ist, spule ich meine abendliche Routine ab und ziehe mich bei Zeiten unter die Plane zurück. Es sind am Abend ein paar mehr Mücken unterwegs, als bisher. Das verwundert etwas, angesichts des Froschkonzerts das recht plötzlich einsetzt. Es muss sich um tausende Tiere handeln, deren Gequake zu einem erstaunlich wenig unangenehmen Hintergrundrauschen verschmilzt.

Den Mittwochvormittag (29. Mai 2019) verbringe ich mit verschiedenen Dingen am Zeltplatz, bevor ich mich mit Rango auf den Weg nach Wyschhorod mache. Vorm Silpo gibts ein Käffchen und etwas Süßes für mich und knapp 2 kg Fleisch für den Dicken. Ich hänge meinen Akku an eine Steckdose, bevor wir anschließend ein Ringel in der kleinen Stadt drehen. Hauptsächlich wohnen die Leute in Plattenbauten und haben ein paar Beete direkt vorm Hauseingang. Es gibt reichlich Spiel- und Trainingsplätze sowie Bänke zum Verweilen. Ganz sozialistisch halt, reichlich öffentlich zugänglicher Raum. Eine Neubausiedlung (Einfamilienhäuser mit kleinem Grundstück) passieren wir auf unserem Weg zu einer gut 1000 jährigen Kirche auch. Dann geht es durch eine Art Hügellandschaft (höchtswahrscheinlich Überbleibsel einer alten Befestigungsanlage) hinunter zum Kiewer Stausee. Der Dnepr ist ja schon recht groß, der Stausee dementsprechend rießig. Er ist wohl um die 100 km lang und an seiner breitesten Stelle etwa 14 km breit. Die Ausmaße kann man von Wyschhorod aus nur erahnen. Dann geht es zurück zum Silpo. Ich gönne mir noch ein Käffchen, kaufe ein Abendbrot, sammle meinen Akku ein und begebe mich zurück an unseren privaten Strand.

Auch die nächsten drei Tage verbringe ich nahe Wyschhorod. Ich habe mich innerlich schon darauf eingestellt, eventuell etwas länger zu bleiben und die Zeit mit angeln zu überbrücken, als ich am Samstag eine E-Mail von der dt. Botschaft lese (verschickt bereits am Mittwoch), dass ich meinen Pass abholen kann. Da waren die Jungs wirklich fix. So bereite ich mich darauf vor, am Sonntag wieder in Richtung Kiew zu gehen, damit ich am Montag hoffentlich beide Pässe in Empfang nehmen kann. Schau mer mal...

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