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Velykyi Kuchuriv

Veröffentlicht: 15.07.2018

Am Donnerstagmorgen (05.07.2018) werde ich durch Klopfgeräusche an der Zimmertür wach. Die nette Hotelangestellte vom Vorabend bringt mir gegen acht mein Frühstück. Der Dicke sieht noch nicht wie aufstehen aus, als ich ihm seine Portion Fleisch anbiete, lässt er sich dann doch überreden. Nach dem gemeinsamen Frühstück genieße ich nocheinmal die Annehmlichkeit einer Dusche, um anschließend Schuhe und Rucksack zu schnüren. Bevor wir weiterziehen können, muss ich für Rangos Pfote aber erst einen Pfotenschutz improvisieren, der Dicke läuft nur auf 3 Beinen. Dann geht es weiter nach Osten. Ich habe entschieden mir in einem Vorort von Czernowitz ein schönes Plätzchen zum Zelten zu suchen und für den ein oder anderen Stadtbummel mit dem ÖPNV nach Chernivtsi zu fahren. Die bisherigen Erfahrungen mit Hotels und Hostels in der Ukraine legen das nahe. In der Großstadt hoffe ich einen Schuster zu finden und für Rango ein Paar Pfotenschützer. Nachdem sich der Dicke an den gepolsterten Socken über seiner Pfote gewöhnt hat, läuft er wieder rund und wir können die nächsten Kilometer bei herrlichem Sonnenschein wandern. Nachdem wir gut 2 km Landstraße hinter uns gebracht haben, geht es über eine Schotterstraße entlang von Feldern und einzelnen Häusern. Nach gut 2 h pausieren wir für ein Weilchen auf der Terasse eines Magazins am Ortsrand von Velykyi Kuchuriv bei Kaffee und einem Eis. Der Ort bietet mehrere Bushaltestellen und liegt an der Bahnlinie nach Chernivtsi, also strategisch günstig. In meiner Karte ist am südöstlichen Ortsrand, nahe des Flüsschens Derelui, eine Trinkwasserquelle eingezeichnet. Das lässt auf ein gutes Plätzchen zum Zelten hoffen. Direkt an der Wasserstelle drängt sich kein Fleck zum Zelten auf, aber die andere Seite des Gewässers lässt hoffen. Dort angekommen stehe ich am Eingang zu einer Art Gartengrundstück mit imposantem Holzhaus. Ich wurde auch schon bemerkt und beschließe mich und mein Anliegen bei den 3 Männern am Gartenteich vorzustellen. Und siehe da, ich darf mein Zelt auf dem Grundstück aufstellen. Super Sache! Mit Aufbauen muss ich mich ziemlich beeilen, denn ich werde nachdrücklich aufgefordert mich zum Essen einzufinden. So komme ich am Donnerstag auch nicht mehr weg von der geselligen Runde. Selbst der Versuch für Rango Futter im Ort zu besorgen, wird unterbunden, der "Patron" schickt einen seiner Jungs. Zwischendurch kann ich mich zumindest zum Wäsche waschen loseisen. Ivana, dem das alles zu gehören scheint, bezeichnet sich selbst als Bandit und nach einem Rundgang durch seine Datscha mit Sauna, Billardzimmer und mehreren Schlafzimmern, habe ich daran keine Zweifel mehr. Da der Versuch das erste Wässerchen abzulehnen nicht so richtig gefruchtet hat, fehlen mir für die folgenden dann auch gute Argumente sie wegzulassen. Über den Abend kommen ständig neue Bekannte und Verwandte hinzu, es findet sich also regelmäßig ein Anlass anzustoßen. Druschba! Gegen halb zwei verlassen dann die letzten Gäste das Anwesen und ich ziehe mich in mein Zelt zurück.

Am Freitag stehe ich gegen halb neun auf und spaziere nach Kuchuriv um zu frühstücken und für Rango etwas Fleisch zu organisieren. Gegen elf bin ich zurück am Zelt, lege meine trockene Wäsche, höre etwas Musik und döse in der Sonne. Am Nachmittag mache ich mich auf den Weg nach Chernivtsi. Einen Schuster kann ich zwar finden, nur mag dieser mir meine Schuhe nicht reparieren - sehr schade. Einen Zooladen kann ich nicht auftreiben, dafür gönne ich mir auf dem Rückweg einen Friseurbesuch. Ganz unkompliziert die Sache, bitte setzen und los gehts. Was ich mir vorstelle scheint keine große Rolle zu spielen, gefragt werde ich nicht. Die Frau macht ihren Job aber sehr solide. So bin ich nach einer guten halben Stunde mit schneiden, waschen und styling ganz zufrieden. Kurz nach acht bin ich zurück am Zelt und bei Rango. Das Zelt ist kaputt, das Gestänge gebrochen. Ersteinmal bleibt unklar wie das passieren konnte. Mit einem Stück des Aluwindschutzes für meinen Benzinkocher (aus dem ich eine Art Hülse fertige) ist das Problem aber recht schnell behoben und ich kann nach einem kleinen Abendbrot wieder in meinen vier Wänden einziehen.

Am Samstagmorgen treibt es mich wieder gegen halb neun aus den Federn. Für den Dicken gibt es reichlich Hühnerfüße und -torsos zum Frühstück, für mich Rührei mit Schinken und Käse. Währenddessen wird der vermutliche Hergang der Zeltbeschädigung klarer. Ein Onkel führt seine Kühe verdächtig nah ans Zelt. Eine der Milchmaschinen wagt sich zu weit an Rango heran, der spielt prophylaktisch "gefährliches Raubtier" und die Kuh macht einen großen Satz zur Seite. Am Vortag wahrscheinlich auf mein Zelt... aber alles nur Mutmaßung. Nach einem Anruf daheim, mache ich mich dann gegen elf wieder auf den Weg in Richtung Czernowitz, bis in die Altstadt hatte ich es am Freitag nicht geschafft. Das Zentrum von Czernivtsi macht einen ganz netten Eindruck, obwohl der Sanierungsstand der meisten Gebäude sicher nach westlichen Maßstäben etwas zu wünschen übrig lässt. Auf dem Weg dorthin geht es über eine Art Markt, der allerlei Leckereien bietet und vor Besuchern nur so überquillt. Im Strom mitschwimmen ist angesagt. Zentrumsnah gibt es während eines kurzen Regenschauers Kaffee und Eis, bevor ich mich langsam wieder auf den Weg zum Bus mache. Zwar finde ich diesmal zwei Fachgeschäfte für Haustierartikel, aber Pfotenschützer in Rangos Größe sind nicht aufzutreiben. Am frühen Abend bin ich wieder in Kuchuriv am Zelt und werde prompt durch einen von Ivanas Gästen zum Essen verhaftet. So verbringe ich die nächsten Stunden mit meinen neuen ukrainischen Freunden bei allerlei Leckereien, Vodka und interessanten Gesprächen.

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