Veröffentlicht: 15.11.2019
Am Samstagmorgen (26. Oktober 2019) flüchte ich gegen acht aus dem Gemeinschaftsschlafsaal im Nice Hostel. Die Luft hätte man sprichwörtlich schneiden können und es viel mir über die ganze Nacht schwer Schlaf zu finden. Die Versuche mittels offener Tür eine Verbesserung der Situation herbeizuführen wurden von einem älteren renitenten Mitbürger recht schnell untergraben, der neben der laufenden Heizung mutmaßlich auch Hauptverursacher des Problems war. So genieße ich beim Ringel mit Rango die frische kühle Morgenluft in Karakol. Danach gibt es Frühstück und wir packen unsere sieben Sachen zusammen. Da wir am Vorabend kein Glück bei der Suche nach Angelködern hatten, nehmen wir einen neuen Anlauf auf dem Basar und können drei kleine Blechköder erwerben. Dann fahren wir den Karakolfluss entlang stadtauswärts. Wir wollen schauen ob wir eventuell die ein oder andere Forelle erbeuten können. Ein Einheimischer hatte uns dafür das Gewässer empfohlen. Auf dem Weg dorthin dann eine Schranke und eine Preisliste mit zu entrichtenden Eintrittsgeldern. Das erscheint sowohl Marcus als auch mir unangemessen und wir beschließen an ein anderes Gewässer zu fahren. So geht es zurück nach Karakol, wir tanken, kaufen Kühlwasser und fahren anschließend an den Dschergalan. In der Nähe von Orlinoe parken wir Schrotti und stellen in den nächsten beiden Stunden Fischen nach. Fangen können wir wieder keinen, ein schöner Nachmittag war es trotzdem. Dann fahren wir in Richtung Tjup weiter. Wir entscheiden uns für eine Abkürzung und erwischen dabei einen ziemlich miesen Feldweg. Schrotti ist solche Straßenbedingungen ja mittlerweile gewöhnt und macht einen soliden Job (Marcus hinterm Steuer natürlich auch). Nach dem Offroad-Ausflug geht es entlang einer gut ausgebauten Landstraße nach Tjup und am anderen Ende der Stadt dann wieder in Richtung des Issy Kuls. Wir bauen unsere Zelte am frühen Abend oberhalb des Ufers auf, versuchen nochmals erfolglos etwas Fisch an Land zu ziehen (die Hoffnung stirbt zurletzt) und lassen den Abend schließlich am Feuerchen ausklingen.
Für den Sonntag haben wir uns spontan für einen erneuten Abstecher nach Karakol entschieden. Marcus hat sein Handtuch im Hostel vergessen und es soll Markttag auf dem Tierbasar sein. Leider starten wir einigermaßen spät in den Tag und als wir gegen halb zwei den Basar erreichen, scheint das Spektakel schon vorbei. Es stehen nur noch ein paar Rindviecher herum und Publikum ist so gut wie keines mehr zu sehen. Dann holen wir Marcus Handtuch im Hostel ab und machen uns wieder in die Spur. Beim Verlassen der Stadt werden wir von einem Polizeibeamten angehalten, der augenscheinlich Wege sucht, Geld von uns zu ergattern. Am Ende können wir die ganze Sache mit umgerechnet 1 $ abkürzen und weiterfahren. Auf dem Weg nach Nordosten queren wir wieder Tjup und einige kleinere Dörfer. Wir halten für ein Käffchen und etwas Gebäck. Auch ein Stück Schaffleisch kann ich erwerben, bevor wir uns nahe dem Nest Tölögöi einen Lagerplatz am Fluss Tjup suchen. Da es am Abend wieder recht schnell frisch wird, beschließen wir unsere Jurte aufzubauen. In den letzten Wochen konnten wir diverse Holzstangen, Stricke und ausreichend Planen auftreiben um daraus einen kleinen, etwa 2x2x2 m großen Wetterschutz aufzubauen. Wir sammeln Holz, machen Feuer im Innern und können bei wohliger Wärme den Abend in unserer Behausung verbringen. Mitunter müssen wir wegen des entstehenden Rauches notlüften, ansonsten erfüllt die Sache aber ihren Zweck. Zum Abendbrot lassen wir uns einen Krautgulasch mit Kartoffeln und etwas Schaffleisch schmecken und Rango freut sich über das restliche Schulterstück mitsamt Knochen.
Während wir am Montagvormittag (28.10.2019) beim Frühstück sitzen, entscheiden wir uns für einen weiteren Tag an dem Lagerplatz. Wir basteln etwas an unserer Jurte herum, sammeln Feuerholz und entspannen ansonsten etwas in der Nachmittagssonne. Am Abend bekommen wir Besuch von 3 jungen Männern aus dem Dorf, die schließlich für ein Weilchen Gäste in unseren bescheidenen Bleibe sind. So erfahren wir ein ganz klein wenig aus dem Leben der Jungs und werden zu einer regionalen Spezialität eingeladen, die man wohl am besten als schwarzen Kirgisen beschreibt. Die Männer sind in unserem Alter und zwei von drei sind verheiratet und haben Kinder. Eine fünfköpfige Familie lebt hier von etwa 130 € Monatseinkommen. Erwirtschaftet durch Viehhaltung (10 Kühe und ein Pferd) und gestützt durch Selbstversorgung mit Gemüse und Obst. Einig sind sich die drei, dass mehr Geld schön wäre, sie hier aber trotzdem ein gutes Leben führen. Kurz nachdem uns die drei Jungs verlassen haben, bauen wir wegen aufkommender Windböen unsere Jurte sicherheitshalber wieder ab und ziehen uns in unsere Zelte zurück.