Veröffentlicht: 19.04.2018
Das Runde muss in‘s Eckige. Diese Regel gilt nicht nur zuhause in Deutschland. Ich kenne keinen anderen Sport, welcher weltweit so sehr Menschen verbindet und sie zusammenführt wie der Fußballsport. Es braucht auch keine gemeinsame Sprache auf dem Platz, denn die Regeln sind allgemein bekannt, auch in Vietnam.
In der Zwischenzeit bin ich in eine andere internationale WG mit neuen Mitbewohnern aus Schottland, Serbien und Vietnam gezogen. Nicht, weil ich in meinem alten Zimmer nicht mehr bleiben wollte oder konnte, sondern vielmehr um in meiner verbleibenden Zeit in Vietnam neue Menschen kennenzulernen. Und so kam es, dass nun alle männlichen Mitbewohner Fußball spielen und mich auch gerne in ihren Teams aufnahmen. Bis zu viermal in der Woche spiele ich nun sowohl im Tor als auch als Feldspieler für das Drink Team auf dem Großfeld und für Western United auf dem 7-Mann-Kleinfeld. Der Spaß steht dabei an allererster Stelle und so wird schon vor dem Spiel darüber diskutiert, wo man nach dem Spiel das frisch gezapfte Bia Hoi genießt. Und nicht nur das erinnerst an den heimatlichen Amateursport. Auch skurrile Regeln, die letztendlich nur dazu dienen, dass möglichst viel Bier in kurzer Zeit getrunken wird, gehören zu den gelebten Traditionen der Teams. So darf der eigene Name in der Runde nicht genannt werden, ansonsten muss das Bier geext werden. Gerade bei Neuankömmlingen wird die Unerfahrenheit genutzt und nachdem auch ich erst diese Regel am eigenen Leib erfahren durfte, fühlte ich mich in der Truppe aufgenommen. Dazu wird ein vietnamesisches Lied angestimmt und die Stimmung ist auf dem Höhepunkt. Ein weiteres Kuriosum des Drink Team ist es, dass versucht wird mit Erdnüssen, welche hier obligatorisch zum Bier gereicht werden, in das Glas der Mitspieler zu treffen. Wenn das Glas getroffen wurde, hat der Mitspieler drei Würfe frei in das Glas des Werfers zu treffen. Trifft er es, muss der Initiator der Fehde das Bier mit einem Zug austrinken, schafft er es nicht innerhalb der drei Versuche, muss jener das Bier austrinken. Jetzt wisst ihr auch, woher das Drink Team seinen Namen hat. Dass wir alle drei Spiele mit meiner Anwesenheit verloren, spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Sportlicher Erfolg ist eben längst nicht alles und das Schönste am Mannschaftssport ist eh das Zusammensein mit dem Team.
Vietnamesische Gastfreundschaft durfte ich wieder einmal in der letzten Woche erleben. Mein Kommilitone Duc lud mich zu sich nach Hause ein. Sichtlich stolz zeigte der 27-Jährige mir sein Zuhause und seine kleine Familie. Mit seiner Frau und seinem dreijährigen Sohn wohnt Duc in einem der vielen neu gebauten Hochhäuser in Hanoi. Er erzählte mir, dass er gleich nach dem Bau vor zwei Jahren mit seiner Familie eingezogen ist. Mit dem Fahrstuhl ging es in den 22. Stock, von wo der Ausblick über Hanoi absolut beeindruckend ist. Statt vietnamesischer Kost, bereiteten Duc und seine Frau ein eher westliches Menü aus Rindersteak, Pommes, Brokkoli und buntem Salat zu. Dazu wurde Glenlivet, ein schottischer Whiskey, gereicht. Für seinen Sohn war das IPad allerdings interessanter als der ausländische Besuch. Mit einer Selbstverständlichkeit bediente der Kleine Youtube und suchte sich so kleine Kinderfilme zum Anschauen heraus. Nach dem Abendessen verabschiedeten wir uns, allerdings mit der Abmachung uns noch einmal zu treffen.
Heute stand dann eine weitere Verabredung auf meinem Programm. Frau Voigt vom International Office aus Greifswald schrieb mir vor ein paar Wochen, dass der Deutschlandfunk eine Reportage über deutsch-vietnamesische Beziehungen dreht und um ein Interview mit mir bittet. Natürlich nahm ich dieses an, denn ich verstehe mich auch als Repräsentant der Universität Greifswald und möchte dazu beitragen, dass mehr Studierende den Weg ins Ausland aufnehmen, da ich sagen kann, dass diese Erfahrungen unglaublich bereichernd sind. Und so war auch dies Thema des Gespräches mit Frau Lueg, welches im Laufe der Reportage am Pfingstmontag um 14:05 Uhr auf dem Deutschlandfunk gesendet wird.