Salam Alekum!
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Telefonieren – eine Wissenschaft für sich

Veröffentlicht: 28.01.2023

Der gestrige Abend hätte nicht länger sein dürfen. Ich hatte gerade mit meiner Icke gezoomt, da ging plötzlich nichts mehr. Das Bild war eingefroren. Kein Internet, kein WhatsApp, kein Mail-Programm. Ich musste nicht lange überlegen, was der Grund dafür sein mochte: Ich hatte mein Datenvolumen aufgebraucht. 20 Gigabyte in einer Woche. Dabei hatte man mir gesagt, das würde für einen Monat reichen. Jetzt war ich von der Welt abgeschnitten. Was war das für ein Gefühl! Ich legte mich schlafen. Aus Protest.

Am nächsten Morgen musste der Protest ein Ende finden. Und zwar schnell. Aber wie? Wo konnte ich meine marokkanische SIM-Karte aufladen? Das Telefonieren in Marokko ist eine Wissenschaft für sich. Gefühlt kommen die Babys hier mit einem Handy in der Hand zur Welt. Jeder – wirklich jeder! – hat ein Mobiltelefon. Aber damit kannst Du noch lange nicht telefonieren. Du brauchst eine SIM-Karte. Wie bei uns, ja, aber das läuft hier ausschließlich über Prepaid-Karten. Das heißt, Du musst ein SIM-Karte und ein gewisses Volumen Gigabyte kaufen. Auch gut, aber damit ist es hier nicht getan. Du musst Dich entscheiden: Willst Du eine SIM-Karte zum Telefonieren? Ja oder Nein? Wenn ja, wieviele Gigabyte brauchst Du zum Telefonieren? Und auch klar: Mit so einer Karte kannst Du nur telefonieren, das heißt, Du kannst nicht ins Internet, nicht WhatsAppen oder Mails verschicken. Nur telefonieren. Einige aus unserer Crew haben sich so eine Karte gekauft und nicht aufgepasst. Sie können jetzt für 20 Gigabyte telefonieren – allerdings nur innerhalb Marokkos. Es gibt einige Paare bei uns, die unterhalten sich die nächsten Wochen nur noch über ihre Handys …

Oder Du kaufst Dir eine Internet-Karte. Das ist eine reine Daten-Karte, mit der Du ins Internet kannst, aber eben nicht telefonieren. Die meisten von uns nutzen eine solche Karte und telefonieren zum Beispiel über WhatsApp nach Hause. Aber mit wie vielen Gigabyte lässt Du die Karte aufladen? Und wo? Das kannst Du normalerweise in jedem kleinen Lebensmittelladen machen. Dort ruft der Besitzer dann über die Nummer Deiner SIM-Karte die 555 an und ordert die gewünschte Menge Gigabyte.

Oder aber – und das ist der Normalfall – Du bekommst eine etwa 5 x 5 Zentimeter kleine Papierkarte mit den gewünschten Gigabyte. Auf der musst Du hinten eine lange Zahlenreihe freirubbeln. Dann schickst Du eine SMS an die 555 mit der Nachricht, in der Du diese Zahlen angibst. Wenn das klappt – bist Du ein Genie.

Ach ja, es soll auch noch eine Karte geben, die beides kann, also Telefonie und Internet. Ich habe aber noch keinen Händler gefunden, der so eine Karte verkauft. Ich glaube, diese Karte ist nur ein Gerücht. Wundern würde mich das jedenfalls nicht …

Mein Glück war Hakim. Das ist einer der netten Mitarbeiter auf diesem Campingplatz, auf den wir am Freitag früh umgezogen sind. Als ich heute Morgen hilflos und verzweifelt aus meinem Wohnmobil stolperte, fiel ich direkt in seine Arme. „How can I gelb you?“, sagte er mit einem breiten Lächeln, und da ging für mich zum zweiten Mal an diesem Tag die Sonne auf. Ich erklärte ihm meine missliche Lage, woraufhin er mich kurzerhand auf sein Motorrad packte und mit mir in die Stadt hinunter brauste. In einem kleinen Laden kauften wir über Telefon – keine Rubbelkarten – für 50 Euro ganze 50 Gigabyte. Der Besitzer bekam richtig zittrige Finger beim Eintippen. So eine große Datenmenge hat vielleicht noch nie jemand bei ihm gekauft.

Jetzt bin ich wieder online. So etwas wie gestern darf mir nicht noch einmal passieren. Ich muss über Zoom meine Lieben daheim sehen und mit ihnen sprechen. Wie wichtig das ist, das weiß man erst, wenn man weit von zu Hause weg ist. Ich bin in Marokko, in Afrika. Weiter weg war ich noch nie. 

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