Veröffentlicht: 11.10.2022
Laut, chaotisch und überfüllt, aber alles mit Charme - so lässt sich Hanoi kurz und knapp zusammenfassen. Insgesamt drei Tage habe ich in der vietnamesischen Hauptstadt verbracht. Drei Tage, die ich sicherlich so schnell nicht vergessen werde. Das liegt zum einen daran, dass Hanoi mein erster Stopp auf der Reise war, zum anderen aber auch daran, dass ich in diesen Tagen so unglaublich viel erlebt und gesehen habe. Darauf möchte ich im Folgende etwas genauer eingehen.
Los ging es am Samstagmorgen. Da ich bereits am Vorabend gute Erfahrungen mit Pho gemacht hatte, dachte ich mir, dass man damit doch auch direkt wieder in den Tag starten könnte – wobei man sich an Nudelsuppe zum Frühstück erst einmal gewöhnen muss, gehört hier aber zur Tradition.
Im Anschluss an das ausgiebige Frühstück startete ich dann mit dem Sightseeing-Programm, wobei ich mich erst einmal etwas durch die Straßen habe treiben lassen. Und aus dem Nichts war er dann da, der erste Kontakt mit Einheimischen. Beim Ansehen der Lenin Statur wurde ich auf einmal von fünf Asiaten umringt, die mir mit Händen und Füßen zu verstehen gegeben haben, dass sie gerne ein Bild mit mir machen würden – jetzt weiß ich, wie sich die Tiere im Zoo fühlen müssen. Das Resultat seht ihr oben. Das Spiel wiederholte sich über den Tag übrigens noch drei weitere Male. Naja, es ist nicht so, als hätte mich im Vorfeld niemand gewarnt, dass man als Europäer durchaus auffallen könnte…
Im Anschluss an die kleine Fotosession ging es dann weiter zu meinem eigentlichen Ziel, dem Ho-Chi-Minh Mausoleum. Ho-Chi-Minh ist Begründer des modernen Vietnams, war Revolutionsführer und Präsident – ihr merkt es, der „Uncle Ho“, wie er hier liebevoll genannt wird, war wichtig. Und deshalb kann seine letzte Ruhestätte samt seines einbalsamierten Leichnams besichtigt werden. Funfact am Rande: Zu Lebzeiten hatte sich Ho-Chi-Minh gegen eine solche Gedenkstätte ausgesprochen und wollte stattdessen verbrannt werden. Tja, hat nicht geklappt…
Leider ist es ausdrücklich verboten, Aufnahmen im Inneren des Mausoleums zu machen, weshalb ihr es nur von außen bewundert dürft. Nicht das einzige Verbot übrigens, dann neben einem Foto-Verbot gibt es unter anderem noch ein Kurze-Hosen-, ein Lächel- und ein Sonnenbrillen-Verbot. Eigentlich soll man einfach schnellstmöglich vorbeilaufen und dabei so wenig wie möglich auffallen. Rund um das Mausoleum befindet sich auf der Anlage noch das dazugehörige Museum und ein breit angelegter Garten, in dem man mehr über die Person Ho-Chi-Minh erfahren kann.
Obwohl es sich bei Hanoi um eine Millionen-Metropole handelt, bietet die Stadt erstaunlich viele Grünanlagen. In vielen Gassen stehen Bäume an der Straße, es gibt einige Parkanlagen und viele schöne Seen. Und einen dieser Seen habe ich im Anschluss aufgesucht. Der Hoan Kiem See liegt zentral in der Innenstadt und verbindet das ehemalige französische Kolonialviertel mit der Altstadt, zu der ich gleich noch etwas sagen werde. Der See ist der perfekte Ort, um eine Auszeit einzulegen und sich etwas vom Trubel der Stadt zu erholen – es sei denn, die vietnamesische Buchmesse und das GRANDE FESTA des Motorradherstellers Yamaha finden rund um das Ufer statt. Im Vergleich zum Verkehr auf den Straßen war es aber immer noch eine Oase der Gemütlichkeit. In der Mitte des Sees befindet sich eines der Wahrzeichen der Stadt, die Pagode der Schildkröte, auch Schildkrötenturm genannt. Der Legende nach lebte hier eine goldene Schildkröte, die dazu beitrug, die Ming-Dynastie zu vernichten. Tatsächlich wurde vor ein paar Jahren wirklich eine tote Schildkröte aus dem See geborgen, diese war aber nicht (mehr) gold.
Hier noch ein kleiner Tipp für alle, die ebenfalls mal nach Hanoi reisen wollen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, sucht euch ein Wochenende raus. Ab Freitagabend 19 Uhr werden die Straßen im direkten Umfeld des Sees für den motorisierten Verkehr geschlossen und das ist wirklich eine Wohltat.
Im Anschluss an den entspannten Rundgang um den See zog es mich dann zum eigentlichen Highlight, der Altstadt von Hanoi. Nirgends lässt sich die Atmosphäre besser aufsaugen als dort. Dabei gibt es dort nicht den einen zentralen Punkt, es reicht, wenn man sich einfach durch die Straßen treiben bzw. hupen lässt. Das Chaos, die unzähligen Verkäufer am Rand und auf den Straßen machen den ganzen Charme dieser Stadt aus. Näher kommt man nicht an das Leben echte Leben hier heran
An keinem anderen Ort lernt man darüber hinaus besser, wie man über die Straße geht. Und damit meine ich nicht, dass man übt, nach rechts und links zu schauen. Das hilft hier nicht wirklich. Der Geheimtrick lautet, einfach losgehen (und beten, dass man nicht überfahren wird). Im Anschluss an den Altstadt-Bummel ging es für eine kleine Verschnauf- und Erfrischungspause ins Hostel.
Eigentlich losgezogen mit der Intention, den berühmten Night Market von Hanoi zu besuchen, bin ich dann abends noch einmal am Ufer des Hoan Kiem Sees gelandet. Der Ort, wo mittags noch die Aufbauarbeiten für das Fest liefen, hatte sich in der Zwischenzeit zu einer Partymeile verwandelt. Zehntausende Vietnamesen, gefühlt waren es hunderttausend, tummelten sich vor der Bühne und tanzten zu den Größen der vietnamesischen DJ- und Popmusik-Szene. Ein schönes Bild, das ich mir insgesamt zwei Stunden angesehen habe. Wobei ich natürlich kein einziges Wort von dem verstanden habe, was da auf der Bühne passiert ist.
Mit etwas Verzögerung ging es dann noch weiter auf den Night Market, der immer am Wochenende in der Altstadt stattfindet. Hier werden dann ebenfalls die Mofas und Autos dieser Stadt ausgeschlossen und die kleinen Straßen verwandeln sich zu einer Fußgängerzone mit vielen Ständen sowie Garküchen mit exotischem Essen. Bekanntlich wird auf solchen Märkten beim Kauf von Gegenständen verhandelt und nun war es so, dass ich noch ein spezielles Ladekabel brauchte. Bevor ich den Dialog im Wortlaut wiedergebe, der Hinweis, dass das ein klassisches Beispiel dafür ist, wie man es nicht machen sollte. Tipps sind gerne gesehen! Aber nun zum Dialog:
Zack, hatte ich ein neues Ladekabel geschossen, wenn auch wahrscheinlich für viel zu viel Geld. Mit diesem (Erfolgs-)Erlebnis ging es dann zurück ins Hostel und ins Bett.
Tag zwei in Vietnam sollte ebenfalls ein paar Überraschungen bereithalten. Auf dem Weg zur Tran Quoc Pagode am West Lake (eine von unzähligen Pagoden hier) habe ich einige Drachenboote auf dem Wasser entdeckt. Nach einer kurzen Unterhaltung mit einem Vietnamesen, der aussah, als ob er wüsste, was dort vonstattengeht, erfuhr ich, dass es sich bei dem Rennen um das jährliche Drachenboot Festival von Hanoi handelte. Etwa eine Stunde schaute ich dem Geschehen auf dem Wasser zu und saugte die Atmosphäre rund um den See auf. Nach einem kurzen Abstecher in die Pagode besichtigte ich dann noch das Hoa-Lo-Gefängnis, wo vietnamesische Widerstandskämpfer und später während des Vietnamkriegs Amerikaner inhaftiert wurden – ein berührender Ort, der nachdenklich stimmt. Nachmittags Stand dann mein erster Tempel auf dem Programm. Da ich in den folgenden Monaten sicherlich noch unzählige weitere Tempel zu sehen bekomme und der Beitrag ohnehin schon relativ lang ist, gehe ich nicht weiter auf diesen ein.
Den dritten und letzten Tag in Hanoi habe ich dann zum Ausruhen und Planen der weiteren Etappen genutzt.
Wie fällt nun mein Fazit zu Hanoi aus? Nun ja, die Stadt verlangt einem alles ab, vor allem wenn man noch nie in einer asiatischen Großstadt war und sich gerade auf der ersten Etappe einer sehr langen Reise befindet. Die drei Tage haben mir gezeigt, dass ich sicherlich noch etwas Zeit benötige, um richtig anzukommen. Der Verkehr, die Lautstärke, die Kultur, es ist einfach alles erdrückend und erfordert noch etwas Eingewöhnungszeit. Festzuhalten ist allerdings, dass Hanoi unfassbar facettenreich ist und einiges zu bieten hat. Hier wird einem garantiert nicht langweilig. Nach drei Tagen Großstadtdschungel inklusive Kulturschock bin ich aber ganz froh, dass es ab morgen etwas ruhiger wird. Denn heute Abend geht es mit dem Nachtbus nach…