Veröffentlicht: 28.08.2023
Nachdem wir zuletzt sehr viel im Outback unterwegs waren, wurde es mal wieder Zeit für ein bisschen Meeresluft. Dazu bot sich das Ningaloo Reef perfekt an. Als eines meiner größten Ziele in Australien wollten wir hier eine knappe Woche verbringen und das Riff in als seinen Facetten bestaunen. Um die 639 Kilometer lange Etappe nach Coral Bay, dem Eingang zum Ningaloo Reef, an einem Tag zurückzulegen, brachen wir schon um 7 Uhr morgens pünktlich zum Sonnenaufgang im Kanijiri-Nationalpark auf. Doch wie das mit den Plänen manchmal so ist, kommt es dann doch ganz anders. Nachdem wir ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatten, passierte das, was eigentlich schon längst überfällig war: Wir hatten unseren ersten platten Reifen. Nach rund 10.000 Kilometern und einigen Off-Road-Pisten musste es ja irgendwann passieren. Als wir an einer Tankstelle ausstiegen, hörte Helene schon das gefürchtete Zischen am rechten Vorderrad. Es vergingen keine fünf Minuten, da war das Problem auch optisch zu erkennen. Übeltäter war ein im Reifen steckender Nagel. Zum Glück waren wir natürlich bestens für den Fall der Fälle ausgestattet. Wagenheber, Drehkreuz und Ersatzreifen waren schnell ausgepackt. Doch was ist die beste Ausstattung wert, wenn die damit arbeitenden Personen noch nie einen Reifen gewechselt haben. Papa hat mir zwar mal gezeigt, wie man einen Reifen wechselt, doch vielleicht hielt sich die Konzentration damals etwas in Grenzen. Nun ja, long story short, wir setzten den Wagenheber prompt falsch an. Das Glück ist jedoch mit den Dummen, sodass es keine zwei Minuten dauerte, bis ein australischer LKW-Fahrer sich unserer angenommen hat und sich ohne Zögern unter unser Auto gelegt hat, um unserer Pajero in die Höhe zu heben. Ab dem Moment war es fast ein Kinderspiel, die Radmuttern schnell abgelöst, den kaputten Reifen ab, den neuen drauf, die Radmuttern wieder festgezogen und das Auto heruntergelassen. Damit war unser erster Reifenwechsel auch schon geschafft und die Fahrt konnte weitergehen. Es gab nur ein kleines Problem, da wir ab diesem Moment keinen Ersatzreifen mehr hatten, aber ohne auch keine längere Strecke fahren wollten, benötigten wir einen Termin in einem Reifenhändler. Und das kann hier mitunter zu einer Herausforderung werden. Bekanntlich sind die Wege zwischen den Orten in Australien meistens sehr lang und die kleineren Orte selbst sind auch nur begrenzt ausgestattet, wenn es um solche Themen geht. Ihr ahnt wahrscheinlich schon, worauf ich hinaus möchte, Coral Bay hatte bzw. hat wahrscheinlich immer noch keinen Reifenhändler. Und der nächste Ort mit einem Reifenhändler war Exmouth und das liegt 155 Kilometer entfernt. Weil uns aber nichts anderes übrig blieb, haben wir unseren Plan über den Haufen geworfen, sind nach Exmouth gefahren und haben unseren kaputten Reifen am nächsten Tag reparieren lassen. Mit etwas Verzögerung, aber immerhin mit einem wieder funktionstüchtigen Ersatzreifen, kamen wir bei der Warroora Station, unserem Campingplatz für die nächsten fünf Nächte an. Die Warroora Station liegt etwa 50 Kilometer von Coral Bay entfernt direkt hinter den Dünen am Meer und ist eigentlich eine Rinderfarm. Neben Rindern dürfen hier aber eben auch Camper stehen. Von dort aus wollten die das Ningaloo Reef erkunden. Das Schöne am Riff ist, das man nicht sonderlich weit aufs Meer hinaus muss, um in die einzigartige Unterwasserwelt einzutauchen. Wir packten also unser Schnorchel-Equipment ein und machten uns am ersten Tag selbst auf. Leider spielte das Wetter nicht so mit, wie wir uns das vorgestellt hatten. Durch starke Böen war das Meer sehr unruhig und die Wellen relativ hoch, weshalb es kaum möglich war, entspannt zu schnorcheln. Das sollte sich am nächsten Tag aber ändern. Im Vorfeld hatten wir eine Tour gebucht, bei der man sowohl Tauchen (Florian) als auch Schnorcheln (Helene) konnte. Gestartet wurde dabei von Coral Bay. Wie ihr sicherlich noch wisst, liegen zwischen Coral Bay und der Warroora Station einige Kilometer, die am frühen Morgen noch zurückgelegt werden mussten. Auf den ersten Blick eigentlich kein Problem, aber eben nur auf den ersten. In der Nacht vor der Tour hatte es Bindfäden geregnet, es war für uns der ersten Regen seit fast zwei Monaten und er kam zum ungünstigsten Zeitpunkt. Als wir morgens um sechs aufbrechen wollten, erwartete uns am Eingangstor eine böse Überraschung. Dort hing ein Schild mit dem Text „Road closed“. Das Tor war außerdem mit einem Vorhängeschloss verschlossen. Wie gut das man den Eigentümer jederzeit mit einem Funkgerät anfunken konnte. Nach kurzer Rücksprache mit dem verschlafenen Host war der einzig mögliche Weg nach Coral Bay der Sandtrack entlang der Küstenlinie. Los ging es also in viel zu schnellem Tempo über feinste Bodenwellen, Schlaglöcher, Wasserpfützen, Sand und Felsen. Und siehe da, auf die Minute pünktlich kamen wir beim Touranbieter an. Von dort aus ging es dann aufs Boot, mit dem wir auch direkt zu unserem ersten Tauch- bzw. Schnorchelspot aufbrechen sollten. Während ich die Unterwasserwelt vom Meeresgrund aus erkundete, behielt Helene alles von der Oberfläche im Blick. Über den Tag tauchten/schnorchelten wir zwei weitere Male. Neben einzigartigen Korallenformationen bekamen wir noch allerhand tierische Meeresbewohner zu sehen. Meeresschildkröten, bunte Fische und Babyhaie schwammen munter umher. Und wenn das noch nicht genug war, bekamen wir auch noch die Möglichkeit, mit Manta Rochen zu schwimmen. Es war einfach nur magisch, mit diesen majestätischen Wesen durchs Wasser zu gleiten. Um die Erlebnisse ein bisschen sacken zu lassen, haben wir es am dritten Tag entspannt angehen lassen und waren nur am Meer spazieren und schwimmen. Actionreicher sollte es aber wieder am vierten Tag werden. Mit dem Auto fuhren wir über die Dünen zum sogenannten Five Finger Reef, einem Riff, das direkt an den Strand grenzt. Wir parkten unser Auto am Strand, sprangen ins Wasser und waren sofort Teil der Korallenwelt. Dabei dauerte es keine zwei Minuten, bis die erste große Schildkröte an uns vorbei schwamm. Später sollten auch noch Riffhaie folgen, die uns mit argwöhnischen Augen beobachten und ihre Kreise um uns drehten. Es ist übrigens ein mulmiges Gefühl, wenn man weiß, dass man von Haien umgeben ist. Auch wenn Riffhaie nicht dafür bekannt sind, Menschen zu attackieren.
Am letzten Tag folgte dann noch unser persönliches Ningaloo-Reef-Highlight. Seit unserem Besuch auf Fraser Island haben wir immer wieder die Möglichkeit gehabt, von der Küste aus Wale zu beobachten. Nun sollten wir diesen riesigen Tieren noch etwas näherkommen. Dazu hatten wir eine „Swim with Humpback Whales“-Tour gebucht. Wie der Namen schon verrät, hat man dabei die Möglichkeit, Buckelwale nicht nur aus nächster Nähe zu beobachten, sondern auch noch mit ihnen zu schwimmen. Im Vorfeld war es uns wichtig, dass wir eine solche Tour nur machen, wenn die Tiere nicht gestört werden und der Umgang mit Tier sowie Natur respektvoll abläuft. Glücklicherweise konnten wir diesbezüglich einen passenden Anbieter finden. Aufgeregt, nervös und mit einer guten Portion Respekt betraten wir das Boot. Bevor es raus aufs offene Meer zu den Walen ging, stand aber noch eine kleine Schnorchel-Einheit auf dem Programm. Diese war aber schnell abgehakt, denn alle waren im Hinblick auf die Wale viel zu aufgeregt. Und nachdem wir den Anker wieder gelichtet hatten, dauerte es auch nicht lange, bis wir die ersten Buckelwale entdeckten. Allein diese Momente waren das Geld schon wert. Solch riesige Geschöpfe aus nächster Nähe zu beobachten, ist einfach nur beeindruckend. Es sollte allerdings nicht nur beim Beobachten bleiben. Um überhaupt die Möglichkeit zu haben, mit den bis zu 18 Meter langen Walen zu schwimmen, bedarf es ein paar Voraussetzungen. Zum einen kommen nur Wale infrage, die alleine und nicht mit Babys unterwegs sind. Zum anderen sollten sie ruhig schwimmen und nicht springend oder Flossen schlagend umhertollen. Ein Flugzeug hat für die Aufgabe übernommen, die richtigen Wale auszusuchen und dem Boot per Funk die entsprechenden Anweisungen zu geben. Dann ging es auch schon ganz schnell. Zusammen mit einem Guide, der ebenfalls mit einem Funkgerät ausgestattet war, setzte uns das Boot an den Zielkoordinaten ab. Per Funk wurden wir dann angewiesen, weiter nach Osten bzw. Westen zu schwimmen, um den Wal auf seiner Route abzupassen – gar nicht so leicht auf offenem Meer mit zwei Meter hohen Wellen. Nach zwei missglückten Versuchen – die Wale änderten kurzfristig ihre Route – klappte es dann. Ich kann gar nicht in Worte fassen, was es für ein Gefühl ist, wenn ein echter Buckelwal keine zehn Meter an einem vorbeischwimmt. Leider ging der Moment viel zu schnell vorbei, aber trotzdem unvergessen. Auf dem Rückweg konnten wir sahen wir noch viele weitere Wale und konnten unter anderem einem kleinen Babywal und seiner Mutter beim Spielen zuschauen. Am Nachmittag folgte noch ein weiterer Schnorchel-Stopp, bevor die Tour gegen 15 Uhr endete. Dieser Tag wird uns sicherlich noch ganz lange in Erinnerung bleiben.