Veröffentlicht: 10.12.2018
Kurz vor dem Eindunkeln erreichen wir unser Domizil für die nächsten Tage in Gatineau. Die Wohnung liegt gleich gegenüber vom Canadien Museum of History.
Der Abend ist kalt und klar, da der Kühlschrank leer ist, machen wir uns gleich nach dem Auspacken auf den Weg in die Stadt um einzukaufen. Am nächsten Morgen ist das Wetter so richtig, richtig übel. Der nächtliche Eisregen geht am Morgen in Schneeregen und später in starke Regenschauer über. Da sich niemand vordrängelte um das Haus zu verlassen, sind wir schön im Trockenen geblieben. Am Nachmittag trocknet es ab, so dass wir am frühen Abend über die Alexandra-Brücke nach Ottawa hinüber spazieren können. Die Parlamentsgebäude auf der anderen Seite des Ottawa Rivers stehen prominent auf einem Hügel, im Dunkeln spiegeln sie sich im Fluss, majestätisch. Am Kunstmuseum und der Kathedrale Notre Dame vorbei flanieren wir zum Bayward Market, einem schönen Quartier mit vielen kleinen Läden, Restaurants, Bars und Cafés. Bei "Le Moulin de Provence" hat Obama am 19. Februar 2009 übrigens drei Shortbread Cookies in Ahornblatt-Form mit einem Canada-Schriftzug auf der Glasur gekauft. Dass die Einheimischen beim Spruch "I love this Country" hin und weg waren ist ja verständlich. Die Cookies werden seither als Obama Cookies verkauft. Ja, ja, hier geht die Post ab.
Bis 1855 hiess das heutige Ottawa Bytown. Dies zu Ehren des für die Planung und den Bau des Rideau-Kanals verantwortlichen Ingenieurs Lt. Col John By. 1855 wurde die Stadt von Queen Victoria in Ottawa umbennant bevor die Queen sie 1857 zur Hauptstadt Kanadas ernannte. Zu dieser Zeit war die Stadt einfach, klein und lag Mitten in riesigen Waldgebieten. Die Politiker Montreals, Quebecs aber auch Torontos waren nicht erfreut über Victorias Wahl. Witzbolde meinten, dass die Wahl durchaus praktisch zu begründen sei, falls die Amis die Hauptstadt Kanadas erobern wollten, würden sie sich in den umliegenden Wäldern hoffnungslos verirren. Auch der Name Ottawas kommt von einem indigenen Wort, nämlich vom Athabaskischen "adawe" das soviel wie "handeln" bedeutet. Nach Ulan Bator, Astana Moskau, Helsinki Reykjavik und Tallin ist Ottawa die siebtkälteste Hauptstadt der Welt. Im Durchschnitt fällt jährlich 2,4m Schnee. Auch diese Stadt hat ihre Gruselgeschichte, Charles Melville Hays, der Präsident der Gesellschaft welche das Château Laurier Hotel erbaute, starb 12 Tage vor der Hoteleröffnung beim Untergang der Titanic. Seither spukt sein Geist in diesem Hotel.
Die Führung durch das Parlamentsgebäude lassen wir uns nicht entgehen. In Bern ist uns das noch nie in den Sinn gekommen. Die Arroganz des Einheimischen halt. Jetzt wissen wir also warum die Polster im Senatssaal rot sind (Zeichen der Noblesse) die Guide weiss nicht, warum sie im Hous of Commons grün sind. Das parlamentarische System mit dem House of Commons und dem Senat (House of Lords) wie auch die Architektur der beiden Kammern wurde bei der Gründung des Dominions Kanada anno 1867 nach dem Modell des Britischen Parlaments modelliert. Das ist dann wohl die Antwort auf die Frage warum das House of Commons grün dekoriert ist. Die neugothische Architektur wirkt ein wenig klerikal, am überzeugensten ist die Parlamentsbibliothek, das runde Gebäude ganz vorne von der Alexandra Brücke aus gesehen. Aus dem Tower of Freedom hat man einen schönen Rundblick über die Stadt. Der Rideau Kanal verwandelt sich im Winter in eine 7.8km lange öffentliche Eisbahn durch die Innenstadt Ottawas. Im Moment fliesst das Wasser noch munter, ist also nichts mit den beliebten Fotos oder gar "Schlipfisele" oder "Schlööfle" (für die Angere).
Nach dem Rundgang begeben wir uns auf eine Expedition der anderen Art. Ziel ist es, ein gutes Brot zu kaufen. Aus Insider Kreisen wissen wir, dass die "Art-Is-In Bakery" in Ottawa der richtige Ort dafür ist. Dass die Bäckerei in Little Italy liegt spricht für den Plan unser Brot da zu kaufen. Dass Little Italy gleich hinter Chinatown liegt macht es nur noch besser, vielleicht gibt's ja Dumplings auf dem Weg. Am Anfang war es einfach kalt und windig. Dann kamen immer schrägere Läden und Lokale. Ein paar Meter weiter hat es dann weder Läden noch Lokale, aber saukalt ist es immer noch. Gefühlt marschieren wir seit S t u n d e n durch eher trostlose Wohnquartiere und mickrige Parks (Hundebrünzliplätze) bis der typisch Chinesische Torbogen von Chinatown endlich auftaucht. Dumplings? Vergiss es, wo ist die Scheiss Bäckerei, dann nehmen wir ein Taxi zurück! Die Bäckerei hat zum Glück ein super Angebot. In der Wärme, mit etwas Feinem auf dem Teller sieht die Sache schon viel besser aus. Dass wir dann für den Preis von einem gleich zwei Brote bekommen ist ok, aber der Aufwand war auch Meeeega gross. Mit dem Bus fahren wir anschliessend zurück an den Bayward Market. Zum Dessert versuchen wir die lokale Spezialität, Beaver-Tails. Im Öl ausgebackener Teig mit Süssem belegt, dass es einem die Zähne zusammenrollt.
Am Morgen war die Notre Dame Cathedral and Basilica von Ottawa noch geschlossen. Auf dem Rückweg platzen wir dafür in einen Gottesdienst. Mucksmäuschenstill schleichen wir auf einen der hinteren Bänke in der sehr spärlich besuchten Kirche. Abgesehen vom sowieso schwer verständlichen Quebec-Französich hat der Diener Gottes eine Aussprache die etwa der Schrift eines Arztes entspricht, nicht zu entziffern.
Vor der Abfahrt zum Parc de la Gatineau besuchen wir das Canadien Museum of History. Eine unglaublich umfangreiche interessante und abwechslungsreiche Kombination von Ausstellungen komplettiert den historischen Abriss zur Geschichte Kanadas.
Durch den Feierabendverkehr würgen wir uns aus der Stadt hinaus und düsen nach Chelsea. Unsere Bleibe ist klein, very charming und hat, im Gegensatz zum letzten wieder eine Seele. Die nächsten Tage verbringen wir mit Wanderungen durch den Schnee im Parc de la Gatineau. Zeitweise ist es mit -15°C und Wind recht frisch, das sind die Tage für die wir Trails in den Bäumen suchen und auf allfällige Aussichtspunkte pfeiffen. Für Schneeschuhe hat es fast zu wenig, für Ninas Wanderschuhe fast zu viel Schnee. Nach dem zweiten Tag sind auch die noch nicht offiziell empfohlenen Trails so weit gespurt, dass sie problemlos zu bewältigen sind. Den Wolf Trail, scheinbar einer der schöneren, machen wir bei gutem Wetter am Montag gleich ein zweites Mal. Einer der Trails führt uns zum Refuge Healey, einer früheren Farm. Im hübschen Häuschen brennt ein lustiges Feuer im grossen Ofen. Die Kälte ist viel erträglicher, wenn in der Mitte ein warmer Ofen und eine Bank für das Sandwich zur Verfügung stehen. Dass man durch die grossen Fenster eine Unmenge Vögel und Eichhörnchen am und um das Vogelhäuschen vor dem Refuge beobachten kann, macht die Pause extrem kurzweilig.
Am Samstag ist es sehr kalt, der Wind treibt den Schnee über die vereisende Gatineau. Wir wagen uns erst gegen Abend aus der einigermassen warmen Stube und besuchen den Weihnachtsmarkt in Wakefield. Für das kleine Dorf ein recht grosser Markt. Es schneit bei gut -9°, da einem gleichzeitig ein fieser Wind den Schnee in die Augen bläst, bleiben wir genau so lange bis der Weltklasse Hamburger aus Schweinefleisch (!) von einer lokalen Bio-Farm das zeitliche gesegnet hat. Durch das immer dichter werdende Schneegestöber schliddern wir zurück an den "Schemein dee la Riviääre" (Vorgelesen von Google Map) wo uns Tuktu, der Hund der Besitzerin stürmisch begrüsst. Er schläft in einer Hütte vor dem Haus.
Am Sonntag dinieren wir im exzellenten Les Fougères in Old-Chelsea. Scheinbar tut das auch Justin Trudeau ab und zu, aber nicht diesen Sonntag. So geniessen wir das Essen ohne über seine Socken zu diskutieren.
Die Wetterprognose für den Dienstag sagt Schnee voraus. Ein perfekter Tag für einen Besuch im Nordic Spa. Praktisch jeder hat uns in den letzten Wochen einen Besuch in diesem Spa ans Herz gelegt. Dänn haut! Eine riesige Outdoor-Anlage mit vielen verschiedenen, schön angelegten Saunen, Wasserbecken, Aussenduschen, Wasserfällen und Ruheräumen mit Holzfeuern. In isolierten Hängematten hängen Gäste wie Raupen im Kokon, bis zu den Haaren zugedeckt und in ihre Bademäntel und Tücher gewickelt, dösen sie zwischen den Saunagängen ein wenig. Voll de Plausch. Sogar der Lunch war delikat. Ein wenig schräg, wie die Ouataouais mit Rotwein oder irgendwelchen Drinks in der Hand, Mütze auf dem Kopf im Pool stehen und quasseln. Die dringend gebrauchte Erholung vermag das aber nicht zu beeinträchtigen.
Soodeli, that's it for now, morgen fahren wir nach Mont Tremblant. There is more to come I am shure. Also lueged wider ine gälled...
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Die Bäckerei: http://www.artisinbakery.com/
Das Museum: https://www.historymuseum.ca/
Das NordikSpa: https://chelsea.lenordik.com/en/discover-nordik/