Grün am Wegesrand
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Von der Fremdheit vertrauter Orte

Veröffentlicht: 26.07.2019

Bevor wir Europa für unbestimmte Zeit verlassen, war es uns wichtig, nochmal in der Gegenwart der Menschen zu sein, die wir in unserem täglichen Leben in der Schweiz nicht sehen konnten, aber die wir sehr schätzen. Und so verbrachten wir noch einmal fast 3 Wochen in Deutschland. Für unsere Freunde und Familie fühlte es sich vielleicht an wie ein Kurzbesuch im Sommer. Für uns war es der Start in etwas Neues, Unbekanntes. 


Wir durften so viele schöne Momente erleben. Vertraute Gemeinschaft. Tolle Gespräche. Offenheit und Lachen, aber auch Konflikte und Traurigkeit. Jede Menge gutes Essen und Begegnungen, an die wir noch lange denken werden. 

Gute Laune beim Campen mit unserer Familie

Wie das so ist mit Menschen, die man lieb hat, aber nicht immer sieht, so stellt man sich innerlich darauf ein. Man erzählt sich das, was man verpasst hat, und tastet sich wieder aneinander an - oder man freut sich, dass sich nichts verändert hat und schwelgt in Gemeinschaft. So oder so - irgendwie weiss man es, dass Beziehungen sich ändern, dass Menschen sich entwickeln und Raum und Zeit Einfluss auf das alles haben. 


Viel schwerer

Wiegen die vertrauten Orte. 


Es ist absolut bizarr, einen Ort zu besuchen, an dem man immer Schulkind war. Aber jetzt keines mehr ist. Und der Ort aber noch der gleiche geblieben ist und anklagend - oder etwa gleichgültig- weiterexistiert. 


Wir besuchten 

Die Orte und Häuser unserer Kindheit und Jugend. Städte, in denen wir stundenlang im McDonald’s sassen oder ohne Geld durch die Strassen bummelten. Wir liefen auf Wegen, die uns durch tiefe Krisen und wunderschöne Erinnerungen geführt hatten.


Auf diesem Feldweg liegen noch eindrückliche Erinnerungen an unsere frühen Ehejahre. Jetzt, 10 Jahre später, pflücken wir dort mit unseren Kindern Blumen.

Gegenwart und Vergangenheit vermischen sich hier auf eine ganz merkwürdige Weise. Sie blenden sich ein und aus, überlagern sich und streiten sich. Gerüche, Gedächtnisfetzen, Personen und Farben werden wohl für immer eine bedeutungsschwangere Suppe bleiben, die seit Jahren vor sich hin brodelt und immer etwas dazu kommt. Jeder Ort, den wir besucht haben, war auch ein Ausflug zu unseren Lebensstationen und den Menschen, die wir damals waren. 

Besonders eindrücklich wurde dies für uns im Ruhrgebiet. Hier haben wir jahrelang studiert, Tür an Tür mit Dönerläden, Multikultivierteln und Studenten-WGs. 

Hier lebten wir über 2 Jahre. Die türkische Männerkneipe am Eck ist die Gleiche geblieben. Die Farbe des Hauses nicht.

Wir hatten so viele positive Erinnerungen an diese Zeit. Und mussten feststellen - der Ort ist der gleiche geblieben. 
Wir nicht. 

Wir waren es nicht mehr gewohnt, Menschen zu sehen, die morgens schon betrunken sind. Die so offensichtliche Probleme mit der Lebensbewältigung haben, dass sie ihre Kleider nicht mehr waschen und Konflikte nicht gewaltfrei lösen können. So, dass man es von weitem sieht. Wir waren es so nicht gewohnt, dass wir anfingen zu starren - und merkten, wie der Ort unserer Vergangenheit anfing, zurück zu starren. Was ist mit euch los? 

In all den Flashbacks und Gegenwartsbesinnungen, in dem Alten und Neuen, tut es gut, zu wissen wer wir sind:

Wir sind eine Familie.
Wir sind jung und gleichzeitig alt 
Naiv und wissend 
Wir sind von Gott geliebt und liebend
Suchend und gesucht 
Wir sind jetzt
Und wir waren. 

Antworten

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