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#92 Mitten auf dem Mittelmeer

Veröffentlicht: 23.03.2022

14.- 15. März 2022: Barcelona, Civitavecchia


J. Wir hatten uns in Portugal recht kurzfristig entschieden, die Fähre von Barcelona nach Italien zu buchen. Wir sind mit unserer Berechnung der Anfahrt von Porto nach Barcelona (über Toledo und Saragossa) sehr gut hingekommen und so konnte unserer Weiterreise eigentlich nichts mehr im Weg stehen. Zu Italien hatten wir bisher nichts recherchiert und so fiel uns erst kurz vor Barcelona ein, dass wir auch nichts über die Einreisebestimmungen wussten. Zwar gibt es innerhalb Europas ja eigentlich keine Kontrollen oder Einreiseregelungen, aber seit Corona ist ja schließlich alles anders. Nach einer ersten kurzen Recherche fand Florian heraus, dass nur dreifach Geimpfte, also Geboosterte oder Genesene einreisen durften. Panisch versuchten wir eine Möglichkeit zu bekommen, noch heute geimpft zu werden. Ich hatte im Januar zwar Corona, hab aber kein Zertifikat und wir hatten es immer noch nicht geschafft uns boostern zu lassen. Bei einer tieferen Recherche kam dann allerdings heraus, dass eine noch gültige Zwei-Fach-Impfung zur Einreise ausreicht (man kann dann in Italien nur nichts machen, da in Restaurants, Museen, etc. der Standard bei 3-fach geimpft liegt). Zum Glück ist meine Impfung noch genau 3 Tage gültig, bevor die 9 Monate-Frist abläuft, sodass wir doch gerade noch so nach Italien einreisen durften. Wir mussten vorher nur noch ein sehr langes Onlineformular ausfüllen.

Am späten Montagnachmittag erreichten wir den Fährhafen von Barcelona und hatten somit fast die gesamte iberische Halbinsel erfolgreich umrundet. Wir checkten am Fähranleger ein, packten unsere Taschen und aßen zu Abend, bevor wir uns um 19 Uhr in die Schlange zu den vielen anderen Wohnmobilen und Vans gesellten.

Ein besonders geselliger Italiener, der mit seinem uralten Wohnmobil unterwegs war, organisierte eine kleine Runde zwischen den Wohnmobilen. So unterhielten wir uns die nächsten zwei Stunden mit Reisenden aus aller Welt, tauschten Reisegeschichten und Tipps aus und erhielten von drei Italienern eine Unmenge an Empfehlungen für Süditalien. Zwei der drei waren italienische Köche, die uns direkt ihre Nummer gaben, damit sie, wenn wir da sind, uns besonders günstige und gute Restaurants und Gerichte empfehlen können, das wären zu viele, um sie uns jetzt hier mündlich zu geben, meinten sie. Noch vor einer Stunde hatten wir keinen blassen Schimmer, was wir in Italien tun bzw. wo wir hinfahren wollten, jetzt war unsere Karte gespickt mit unzähligen, kleinen Empfehlungssternchen. Italien kann kommen.

Gegen 21 Uhr ging es auf die Fähre; ein Erlebnis für sich. In Kolonne fuhren wir mit den anderen Wohnmobilen eine sehr, sehr steile und schmale Rampe hoch, bis wir aufs LKW-Deck kamen. Dort wurden wir von den vielen Einweisern millimetergenau eingewiesen und standen dann eng an eng zwischen den großen LKWs. Wir blieben noch eine Weile sitzen und beobachteten das Ballett der LKWs, die nach uns die Rampe hochkamen. Auf dem kleinen Platz, der noch frei geblieben war, tanzten zwei 40-Tonner in maximaler Nähe eng umeinander herum, bis alle erfolgreich rückwärts eingeparkt waren und wie zum Applaus am Ende der Vorstellung ordentlich in einer Reihe nebeneinander standen. Die wahren Artisten waren jedoch ganz klar die Einweiser. Es erinnerte mich sehr an eine Zirkusvorstellung mit dressierten Elefanten und jeder Menge Domteuren.

Auf die Fähre, ...
... hoch die Rampe, ...
... einmal drehen ...
... und stehen. Applaus.
Ganz schön eng hier.

Um 22 Uhr legten wir ab und genossen bei der Ausfahrt aus dem Hafen den nächtlichen Blick auf das beleuchtete Barcelona. Sogar die Sagrada Familia konnten wir in der Ferne erkennen.

Unser Schlepper hilft uns beim Ausparken.

Die Nacht verbrachten wir mehr oder minder schlafend in unserer Kabine. Wir waren froh uns für eine Kabine entschieden zu haben und nicht, wie einige andere irgendwo auf einem Sofa, Sitz oder dem Boden schlafen zu müssen. Die Kabine war sogar etwas größer als unser Van und mit den zwei großen Spiegeln und dem Badezimmer samt Dusche deutlich luxuriöser ausgestattet.

In der Nacht waren der Wellengang und der Wind recht stark. Wir wachten immer wieder davon auf, dass wir hart gegen eine Welle fuhren, sodass das ganze Schiff erbebte. Vom Motor bebte der ganze Körper und einmal fielen wir wirklich lange in ein Wellental. Es war wie auf einem Fahrgeschäft auf dem Jahrmarkt, bei dem man nacheinander in alle Richtungen geworfen wird, nur in Zeitlupe.

Tagsüber legte sich der Wellengang deutlich und wir verbrachten viel Zeit an Deck im Wind oder auf einem der Sofas bei Gesprächen mit unseren Bekannten vom Vorabend. Die Fähre schien nicht voll belegt zu sein. Zumindest blieben die Disko, der Wellnessbereich, der Kinderspielplatz und eins der Restaurants geschlossen und die Kantine öffnete nur zu Essenszeiten. So blieb uns neben der überhitzten und stickigen Kabine und dem sehr windigen Deck, nur das dauerhaft leere und überteuerte Restaurant oder der Aufenthaltsraum vor der Bar, in dem sich vor allem die vielen LKW-Fahrer aufhielten, sich laut unterhielten, Karten spielten und gleichzeitig auf vier Fernsehern vier verschiedene Programme guckten. So viel Lärm und so viele Leute waren wir gar nicht mehr gewohnt. Für die 20 stündige Überfahrt, aus der wegen Gegenwind 22 wurden, hatte ich mir viel vorgenommen (Bücher lesen, Tagebuch und Blogeinträge schreiben, Fotos bearbeiten, etc.), von dem ich rein gar nichts schaffte. Stattdessen nutze ich die Zeit für gute Gespräche und windige Aussichten.

Die meiste Zeit bestand die Aussicht aus grauem Meer unter grauem Himmel.
Land in Sicht! Bei der Durchfahrt zwischen Sardinien und Korsika.
eine kleine Stadt auf Sardinien

Florian genießt die Aussicht. Im Hintergrund: Sardinien 

Der Gang vor unserer Kabine.

Der Zirkus beim Ausparken war noch spannender anzusehen als bei der Abfahrt das Einparken. Weil ein Transporterfahrer seinen Einsatz verpasste, fuhren mehrere ungeduldige LKW-Fahrer einfach selbstständig los, die vielen Einweiser tobten und versuchten dann noch zu retten, was zu retten war. Ein mittellanger Sattelschlepper hatte sich quer vor der Rampe verkeilt und so wurden alle kleineren Fahrzeuge an ihm vorbei gequetscht. Auch wir gehörten dort zu den kleineren Fahrzeugen und wurden zwischen zwei querstehenden LKWs hindurch navigiert. Als die scharfen Ecken der LKW-Auflieger auf beiden Seiten nur noch einige Millimeter von unserer Seitenwand entfernt waren, sah auch der Einweiser ein, dass das nicht passt, sodass wir und alle hinter uns aufgerutschten Fahrzeuge wieder rückwärts mussten. Mensch, war ich froh, dass Florian fährt; der hatte aber sogar mächtig Spaß dabei. Man muss dem Einweiser blind vertrauen, der dir per Handzeichen genaue Anweisungen gibt und guckt selbst nicht mal in den Rückspiegel. Einer der Sattelschlepper fuhr uns einmal fast vorne drauf, weil er nicht gestoppt hatte, als der Einweiser es gesagt hatte, aber im Endeffekt schafften wir es unbeschadet an den LKWs vorbei, die Rampe runter und waren in Italien.

Blick auf den Hafen von Civitavecchia, Italien, kurz bevor wir anlegen.

Tag 151 – Gesamttour 11.111 km


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