Veröffentlicht: 21.07.2019
Ach Tallinn. Ich hatte so hohe Erwartungen. Vielleicht war das das Problem.
Ronja und ich waren vor ner gefühlten Ewigkeit mal hier und hatten Spaß für 12. Super Essen, super Wetter, schöne Atmosphäre in der Stadt, Pub-Crawl, Kotz-Crawl - alles was das Herz begehrt...
Als kleine Familie haben wir die Stadt natürlich komplett anders erlebt und ich bin sehr hin und her gerissen. Die Stadt ist schön, das Wetter gut, aber der Funke will einfach nicht überspringen.
Wir kommen relativ früh aus Helsinki an und fahren zu unserem „Campingplatz“. Bis wir vor der Tür ankommen sind wir unsicher, ob das überhaupt was wird. Skurril bezeichnet das was dann kommt wohl am besten. Mitten in einer ganz normalen Wohnstraße ca. 20 Gehminuten vom alten Stadtkern entfernt wohnt eine ca. 50 Jahre alte Frau (vermutlich Polin), die ihren Garten und ihren Innenhof zu einem Campingplatz umfunktioniert hat.
Mit Dachterasse, Küche, Duschen... Man kann in dem schön angelegten Garten sogar Beeren pflücken. Super lecker. Schade, dass die Besitzerin eher kühl und abweisend wirkt. Sonst wäre das hier echt ein Juwel. Achja und eine Dusche für bis zu 15 Personen ist auch nicht grad das Gelbe vom Ei. Aber da baut ihr Mann schon fleißig an einer Lösung.
Nun denn. Wir bleiben 3 Nächte und freuen uns, dass alles eingezäunt ist und Henry einfach ein bisschen flitzen kann.
Wir kommen ganz in Ruhe an und machen Nachmittags dann auch direkt unseren ersten Stadtbummel. Lassen einfach alles ein bisschen auf uns einprasseln.
Kaum auf dem Rathausplatz angekommen frönt Henry seinem neuen Hobby. Steine essen. Ich weis nicht, was es damit auf sich hat, aber egal in welcher Stadt wir unterwegs sind sobald wir ihn aus dem Buggy holen (großen Dank an meine Eltern für dieses fantastische Reisegeschenk) taumelt er ein paar Schritte durch die Gegend, kniet sich dann hin, pult einen Stein zwischen den Fugen hervor und steckt ihn in den Mund.
Das erste mal haben wir dann auch gepult und zwar den Stein wieder aus seinem Mund. Jetzt lassen wir ihn machen. Vielleicht ist er auf der Suche nach einem internationalen Flavour. Who knows.
Das nur so nebenbei.
Es ist voll in Tallinn und der Stadtkern besteht eigentlich ausschließlich aus Kopfsteinpflaster, der alten Stadtmauer, Souvenir- und estnischen Handicraft Shops, Restaurants und Bars.
Es lebe der Tourismus. Also wir sind ja auch Touristen, aber diese Stadt wird gefühlt von Reisegruppen niedergerannt. Streckenweise folgt man nur dem Strom. Das ist ganz schön reizüberflutend und Henry flippt am ersten Tag auch direkt komplett aus und schreit die Stadt zusammen, dass es von den Mauern wiederhallt. Wir flüchten in unseren Garten und lassen den Tag ausklingen.
Wetter könnte besser nicht sein. Sonne und zwischen 18 und 25 Grad. So lässt es sich leben.
Morgen soll es aber regnen, das nehmen wir als Ausrede um einfach im Garten abzuhängen mit Leuten zu quatschen und das Leben so vor sich hinplätschern zu lassen.
Bis nachmittags regnet es aber überhaupt gar nicht und deshalb tröndeln wir doch nochmal in die City. Wir besuchen das Künstlerviertel, laufen ohne Plan durch die alten Gassen und landen in einem veganen Restaurant wo Ole den besten Burger aller Zeiten isst.
Wir sind so begeistert, dass wir am nächsten Tag gleich wieder hier Abend essen gehen. Henry trinkt ein halbes Glas Rote Beete Saft mit Sellerie und Apfel, ist fröhlich und bezirzt das gesamte Personal.
Den nächsten Tag verbringen wir komplett in der Stadt. Wir tragen Kind und Buggy gefühlte 500 Treppenstufen auf den Stadtberg hinauf um die Aussicht zu genießen. Hier wollen viele Asiaten gerne Fotos von Henry machen. Das wollen wir aber nicht. Deswegen tragen wir alles wieder runter. Ächz.
Darauf erstmal einen Batzen Pfannkuchen im Kompressor.
Das muss wieder runter von den Hüften, also ab in einen der neueren Stadtteile von Tallinn um mal was anderes zu sehen und Henry ein paar Sandalen zu kaufen.
Das klappt 1a Lakritze. Auf dem Weg dahin schläft Henry nämlich ein und Ole und ich gehen mit dem schlafenden Kind in die Schuhläden, suchen mögliche Sandalen aus und setzen uns danach fast 1,5h mit dem kurz aufgewachten und dann wieder eingeschlafenen Kind in die Sonne in einen Park quatschen und beobachten Leute. Schön.
Als Henry wach wird ziehen wir 2 paar Sandalen an und kaufen eins davon. Der Junge hat jetzt schon eine Schuhgröße „zugenommen“. Erschreckend.
Jetzt brauchen wir noch ein bisschen neuen Lesestoff, den finden wir in einer Second Hand Buchhandlung.
Ein letzter Abstecher zum Bäcker wo wir ein halbes Brot für 40 Cent kaufen, was uns bis heute verwirrt und dann ab zum Abend essen.
Morgen fahren wir weiter die Küste lang. Aber nur ein kleines Stück. Das Wetter soll bombastisch werden.