Veröffentlicht: 13.03.2024
Ein Blick auf eine Temperaturkarte verriet mir, dass der Ozean mit 12°C nachts wärmer war als das Festland mit überwiegend Minustemperaturen. Um wieder autark reisen zu können, blieb mir nur die Flucht auf eine der milden Inseln - Elba lag dabei am nächsten.
Während der Überfahrt mit der Fähre musste ich mich ausnahmsweise mal nicht übergeben, bei nur 17km Distanz war das Meer noch ruhig genug. Die Insel ist wunderbar kompakt, hat nur 27km Durchmesser und knapp 150km Umfang. Das Erreichen eines jeden Spots wird zum Katzensprung. Besteigt man den Monte Capanne, die mit gut 1000m höchste Erhebung, kann man die komplette Insel in einer Übersicht wahrnehmen.
Im Winter ist die Insel touristisch komplett heruntergefahren. Das wurde mir auch am dritten Tag bestätigt, als ich Besuch von zwei Polizisten bekam. Nach einem netten Smalltalk wiesen sie mich auf die Campingregeln in Italien hin, die ein Camping außerhalb des Fahrzeugs verboten. Nachdem ich ihnen versicherte, mich bisher an diese Regeln gehalten zu haben und auch zukünftig zu halten, erwähnten sie, dass es an sich auch keine große Rolle spielen würde, da ich ohnehin der einzige Tourist sei. Es sei erwähnt, dass ich auf der ganzen Insel keinen einzigen geöffneten Campingplatz finden konnte.
Die Insel bietet schöne Wanderungen durch Wälder und Berge bei einer unglaubliche Ruhe in der Nebensaison. Die Dörfer bestehen ähnlich wie die Cinque Terre aus willkürlich angeordnete Häusern in schönen Pastellfarben. Läuft man durch die verwinkelten Gassen riecht es entweder nach frischer Wäsche oder leckerem Essen. Man hat das Gefühl aufgrund der Enge der Gassen durch die Wohnzimmer der Bewohner zu laufen. Man wird von allen freundlich gegrüsst und fühlt sich dazugehörig. Die meist älteren Bewohner wirken entspannt und strahlen eine unglaubliche Würde aus, selbst wenn sie am Stock sehr langsam durch die steilen Gassen laufen. An fast jeder Ecke der Dörfer befinden sich Katzen, die sich bereitwillig knuddeln lassen. Die Menschen leben hier anstatt einfach nur zu funktionieren. Dieses Gefühl macht süchtig. Ebenso die heiße Schokolade, die in Italien meist die Konsistenz flüssiger Mousse au Chocolat hat.
Italienisches Temperament konnte ich nach einem Unfall zwischen Fahrrad- und Autofahrer in der Hauptstadt Portoferraio studieren. Der Fahrradfahrer sprang umgehend wieder vom Boden auf in den Stand und begann sofort eine Diskussion mit der noch schockierten Autofahrerin. Sie setzten die Diskussion weitere 10 Minuten fort unterstützt durch wildes Gestikulieren. Ohne Einschalten von Polizei oder Krankenwagen gingen sie danach einfach wieder ihre Wege.
Im Sommer wird Elba aufgrund seiner vielen schönen Stränden mit glasklaren Wasser sicherlich überlaufen sein, für mich lässt sie sich aufgrund der Leere einfach bereisen. Fast hinter jeder Kurve befand sich ein Waldparkplatz den ich zum Übernachten nutzen konnte. Mein Lieblingsspot wurde die Burg Volterraio. Sie war aus jeder Richtung fotogen und ich wanderte die steilen Rampen an verschiedenen Tagen immer wieder zu ihr hinauf. Regelmäßig frustriert wurde ich durch die Ziegenherden. Während ich beim Erreichen des Gipfels völlig aus der Puste war, entfernten sie sich spielerisch von mir durch das steile und unwegsame Gelände als wäre es gar nichts.
In der Nähe der Burg befand sich auch mein Lieblingsübernachtungsplatz. Wie erträumt wurde morgens der Innenraum des Fahrzeugs mit Licht von der aufgehenden Sonne geflutet, sobald ich die Hecktür öffnete. Bei aller Euphorie muss ich allerdings anmerken, dass die Augen erst einmal erblinden, wenn man aus völliger Dunkelheit plötzlich in die Grelle Sonne blickt.
Ein turnusmäßiges Überprüfen des Ölstands meines Campers verriet mir, dass ich bereits nach 5000km seit der letzten Inspektion dringend Motoröl nachfüllen musste. Der dreißig Jahre alte Puch scheint einen recht hohen Verbrauch zu haben.
Die Erkenntnisse dieser Etappe sind, dass ich Elba schweren Herzens nach zwei Wochen wieder verließ. Mit angereistem vollen Tank musste kein einziges Mal nachtanken. Elba hat mir genau die Art des Reisens ermöglichte, die ich bisher vermisst hatte: Auf sich selbst gestellt mit Ruhe, Entspannung und Natur im Überfluss.
Fahrzeugkomponente: Die herausstechende Fahrzeugkomponente des Beitrags ist der Warmwasserboiler, der Wasser durch die Abwärme des Fahrzeugmotors erhitzt. 15 Minuten Autofahrt pro Tag reichen und man hat durchgehend heißes Wasser ohne Einsatz von zusätzlicher Energie. Das heiße Wasser nutzte ich für den Abwasch oder in der Außendusche.