Veröffentlicht: 20.09.2019
Heute war für mich Kirchen- und Klostertag. Bin nach Mtskheta gefahren, der frühesten Hauptstadt von Georgien. Von weitem schon war die wunderschön auf einem Berg gelegene Kirche Jvari zu sehen. Ich wurde aber herb enttäuscht, denn hier herrschte Tourismus pur. Horden von Touristen, die mehr oder weniger respektvoll durch die Kirche fluteten. Das hatte ich bis anhin noch nie so erlebt. An den meisten Orten waren eher wenige Touristen unterwegs.
Jvari-Kirche
Schlimmes befürchtend, ging‘s weiter zur Kirche Sveti Tskhoveli. Dort gab‘s eine Überraschung, aber keine böse: zwar auch viele Touristen, doch sie verteilten sich in der riesigen Kirche recht gut. Die Überraschung waren die Fresken - traumhaft schön, absolut überwältigend! Die Kirche hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Sie ist streckenweise auch entweiht und von fremden Machthabern zu Kamel- und Schafställen umfunktioniert worden. Heute ist sie der wohl wichtigste Wallfahrtsort der Georgier. Der Legende nach soll das Hemd von Jesus dort begraben sein.
Wie auch immer - die Kirche hat eine gewaltige Ausstrahlungskraft.
Die dritte Kirche heisst Samtvaro. Dort befindet sich auch ein Frauenkloster. Zu jeder Kirche in Georgien gibt es unzählige Legenden und Heilige, die verehrt werden. Und wie bei uns auch, hat jede Kirche ihr ganz eigenes Gepräge und ihre Ausstrahlung. Schwer zu sagen, warum man sich in der einen sofort wohl fühlt und in der andern nicht. Samtvaro hat etwas sehr Bescheidenes und Ruhiges.
Nach all den Fresken und so viel Heiligem war ich müde und hab mir in Tiflis den weltbesten Apfelkuchen genehmigt, den ich je gegessen habe.
Danach fuhr ich mit der Gondelbahn nach Hause d.h. auf die Festung Narikala neben der ich wohne. Oben angekommen, läutete das Glöckchen der St. Nikolaus-Kirche und so beschloss ich, noch zur Messe zu gehen. Orthodoxe Messen bedeuten stundenlanges Stehen. Nach 1.5 Stunden war es dann soweit, dass die Gläubigen die Ikone küssen und dann zum Priester gehen durften, um sich mit Heiligem Öl segnen zu lassen.
Ich bin ebenfalls hingegangen, so wie ich das bisher immer gemacht hatte. Dieser Hüne von Priester schaute auf mich herab und fragte: orthodox? Ich sagte unschuldig: catholic. Darauf er vollkommen entgeistert: catholic? NO!
Er verweigerte mir also den Segen und ich musste ungesegnet zur Seite treten. Er hat mich angeschaut, als gehörte ich zu einer Gruppe von Satanisten. Bis anhin war mir das noch nie passiert.
Auf der Seite stand ein kleiner Tisch mit weingetränkten Broten, die als Kommunion verteilt wurden. Da hab ich gar nicht erst gewagt hinzugehen und stand ein bisschen verdattert und ratlos herum. Plötzlich zupfte mich jemand am Arm. Ein alter Mann stand neben mir, schaute mich an und streckte mir mit schüchternem Lächeln ein Karamell entgegen. Offenbar hatte er beobachtet, dass ich abgewiesen worden war und wollte mich trösten. Es hat mich bis ins tiefste Herz gerührt. Ich hab einfach meine Hand auf seine gelegt und mich bedankt und wir wussten beide genau, worum es ging.
Denn Gottes Segen war genau in diesem Karamell.