Neuseeland - Wo sind denn nun die Hobbits?
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Abgezockt in Peking

Veröffentlicht: 06.11.2017

„Das letzte Mal als ich in eine solch niedrige Toilette uriniert habe, war in der Grundschule", denke ich mir und habe Gewissheit, dass ich in Peking angekommen bin. Da der Flug nach Neuseeland mit einem Zwischenstopp in der Hauptstadt Chinas deutlich billiger war, habe ich mich in Kombination mit einer Stadttour auf eine Bereicherung in doppelter Hinsicht eingestellt. 

Jedoch sieht man die riesige Smogwolke über der Stadt bereits aus dem Flugzeug und im Nachhinein bin ich mir auch sicher: In Peking stinkt es ebenfalls in doppelter Hinsicht, aber eins nach dem anderen.
Mein Flugzeug kommt dort um 6:30 Uhr an. Wer ein gültiges Ticket für einen weiteren Flug hat, braucht kein Visum im Voraus beantragen und kann sich mit einer Genehmigung 72h in der Stadt aufhalten.
Allerdings kann ich den Flughafen erst um 11:30 Uhr verlassen, aber wen wundert's - es sind Kinder, die dort am Flughafen arbeiten (zumindest sehen sie so aus). Ich treffe einen Deutschen, der 4 Jahre lang in Peking gearbeitet hat und er sagt mir, dass er seine Arbeit in Deutschland innerhalb 2 Jahre locker erledigt hätte. Ich dachte eigentlich, die Chinesen seien richtige Arbeitstiere...
Nicht jeder bekommt die Genehmigung, einigen Polen, die sich vor mir in der unendlich langen Schlange befinden wird dieses verwährt. Auf Anfrage nach einer Begründung kommt die Chinesische Polizei und sagt lediglich: "No is no".
Besonders hart feier ich den einen Polen ab, der so sauer über die Nichtausstellung der Genehmigung ist, dass er sich bei Abwesenheit der Polizei einfach den Visastempel schnappt und ihn sich in seinen Reisepass klatscht ^^
Das folgende chinesische Schreikonzert einer der beiden Damen, die für den Genehmigungsstempel verantwortlich ist, sorgt immerhin für Unterhaltung, denn ich stehe nun seit einer Stunde in der Schlange.
Die zwei schnippischen Damen gehen in ihre Pause und ein älterer Chinese übernimmt, der mir wenig später die Genehmigung bedingungslos ausstellt (what??).
Flo (der ebenfalls aus Deutschland kommt) begleitet mich in der U-Bahn fast bis zur "Verbotenen Stadt", dann bin ich alleine unter vielen kleinen, schwarzhaarigen Leuten. Viele dieser Leute tragen einen Mundschutz, die Luft ist nämlich abartig schlecht und Flo sagte mir noch, dass sein Taschentuch abends immer schön schwarz gefärbt sei und ich mir von den Chinesen nicht auf die Schuhe rotzen lassen soll - das machen sie, um ihre Atemwege zu "entrußen".
Zwei Frauen fragen mich auf Englisch, ob ich auch zur "Verbotenen Stadt" ginge und ob wir uns diese gemeinsam anschauen wöllten. Da ich gerne in Gesellschaft bin, willige ich ein und schaue im Minutentakt nach meinem Geldbeutel und Dokumenten, die ich dicht an mir trage.
„Wie wäre es mit typisch chinesischem Essen?", fragen sie und da ich sowieso hungrig und interessiert an anderen Kulturen bin, habe ich nichts dagegen. Das Essen ist in Peking extrem günstig, was die Speisekarte bestätigt und so zahle ich am Ende die Hälfte unserer Kost per Karte. "Die verbotene Stadt" und den "Platz des himmlischen Friedens" zeigt mir nur eine der beiden Frauen, die andere hat dies wohl schon gesehen. (Wieso fällt mir hier noch nichts auf??) 

Die Residenz der 22 chinesischen Kaiser ist in der Tat beeindruckend, aber ich fühle mich auch wie eine Attraktion, als eine fremde Chinesin fragt, ob sie mit mir ein Foto machen kann (die meisten Chinesen haben nie die Gelegenheit ihr Land zu verlassen und Leute, die außerhalb von Asien kommen, halten sich hier kaum auf).
Da ich noch über 7h bis zu meinem Flug habe, entscheide ich mich, eine erneute Essensanfrage der beiden Frauen anzunehmen - kostet ja nicht die Welt.
Nach dem Essen zahle ich wieder die Hälfte und frage höflich nach einer Rechnung, denn hier versteht man wirklich nur Chinesisch ^^
4000 Renminbi??? Beim Flughafenwechselkurs entspricht 1€ 7 Renminbi, das sind über 500€ für ein gammliges Essen (und das Restaurant ist wirklich gammlig)!!!
Soll ich denen jetzt eine kleben? Halt! Nein, ich bin gegen Gewalt bei Frauen und ich habe mir sagen lassen, der chinesische Knast ist nicht so grande premium. Also entscheide ich mich, die Situation mit Worten zu lösen, was gar nicht so leicht ist, denn ich bin momentan wirklich überfordert. Ich gebe mehrfach zu verstehen, dass man nicht einfach einen 600€ Wein bestellen kann, ohne das davor bei den Zahlenden abzuklären. Dann entschuldigt sich die eine Frau und meint, sie würde den Wein zahlen und ich den Rest. Nach der Aussage: „Ich dachte Europäer hätten viel Geld und man muss doch seine Ferien genießen", muss ich meine Hand wirklich kontrollieren! Der Koch storniert angeblich meine Buchung und überweist mir das Geld wieder zurück (geht das überhaupt?). Meine Essensrechnung beträgt zwar immernoch über 100€ (wie kann das eigentlich sein??), aber ich möchte einfach nur noch zum Flughafen und vertraue momentan nichts und niemandem mehr!
„Wie geistig limitiert bin ich eigentlich?", frage ich mich. Aussagen der Frauen wie: „Ich habe heute morgen gebetet und darf deswegen kein Selfie machen", oder diese übertriebene Freundlichkeit oder die Tatsache, dass sie sich erstaunlich gut in Peking auskennen, dafür dass sie nicht von hier sind, hätten mir doch die Augen öffnen müssen. Ich habe den Frauen zuvor meine Mailadresse ins Handy eingetippt, denn sie sagten, sie würden demnächst eine Europareise machen und sich gerne melden, sobald sie in Deutschland sind.
Zu allem Überfluss sagt eine der Frauen, jetzt sei ja alles gut und wenn sie in Deutschland sind, könne ich sie ja einladen?!
Ich checke nach wie vor regelmäßig die Anwesenheit meines Portemonnaies und meiner Dokumente, aber das ist offensichtlich nicht das Problem.
Ich fühle mich ein wenig erleichtert, als ich in die Subway verschwinde und die zwei Betrügerinnen nicht mehr sehen muss. Wie viel Geld mir nun tatsächlich fehlt, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen, denn Buchungen aus anderen Kontinenten brauchen mehrere Tage, bis sie bei der Bank eingehen und beim Online-Banking einsehbar sind. Glücklicherweise habe ich "nur" 1000€ auf meine Visakarte geladen, da ich genau wusste, dass man damit viel falsch machen kann. (Tipp: im Ausland nach Möglichkeit Geld wechseln und nicht mit Karte zahlen - ich habe leider nur so viel gewechselt, dass es für die Bahn und die Eintrittskarte in den Kaisertempel reicht, Essen wollte ich eigentlich wieder am Flughafen)
Ich bin nun über 40h ohne Schlaf auf den Beinen und dementsprechend fühle ich mich auch. Auf dem Weg zum Flughafen bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich richtig bin und spreche Leute an, die entweder einfach weitergehen oder abwinkende Handbewegungen machen, mit denen sie sagen wollen, dass sie kein Englisch verstehen.
Unter 22 Millionen Menschen und doch extrem einsam, ein Gefühl der Einsamkeit, wie ich es zuvor noch nie verspürt habe!
Irgendwie schaffe ich es dann doch zum Flughafen und nach erneutem ewigen Anstehen in der Schlange des Kontrollbereichs treffe ich mehrere Deutsche, die auf den Flug nach Auckland warten, die Stadt aber nicht besichtigt haben, da ihr Flugzeug später ankam als meins. Ich bin wieder in der Welt angekommen, wie ich sie kenne und bin unbeschreiblich froh darüber!
Als ich auf meinem Platz sitze, bin ich bereits seit 48h wach und versinke in das Land der Träume. Ich glaube, ich hatte irgendwelche Albträume von Peking und kann die kommenden Monate definitiv kein chinesisches Essen mehr sehen, geschweige denn einnehmen!
Ich habe viel dazugelernt - eine teure Erkenntnis...
Eigentlich ist es ja keine schlechte Eigenschaft, nicht gleich überall den Teufel an die Wand zu malen, in Peking gelten aber andere Spielregeln.

In Auckland gibt einem die gute Luft ein Gefühl von Freiheit und ich fahre mit einer Familie (Bekannte von meinen Eltern) zu ihrem Haus am Pazifik, wo wir bei warmen Temperaturen mit dem Boot auf dem Pazifik rumheizen und Kayakfahren gehen - alles Dinge, die vermutlich eh keiner wirklich wissen will ^^

Momentan bin ich in Hamilton und versuche mich wieder zu melden, wenn etwas Ungewöhnliches oder ein paar spannende Sachen passiert sind :)

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