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Tag 80: Wenn auch der einfache Prolet Hut trägt

Veröffentlicht: 21.09.2016

17.09.2016


Dieser Tag beginnt mit der Frage, was wir eigentlich an uns haben, dass mit uns ein wenig umgesprungen wird, als wären wir Menschen zweiter Klasse. So werden wir heute, ganz sicher nicht zum ersten Mal auf dieser Reise, wieder einmal auf eine spätere Fähre umgebucht. Bis auf den Umstand, dass es diesmal kein Flugzeug ist sondern eben ein Boot, für uns nichts Unbekanntes. Die Fahrt durch die majestätischen Gewässer Richtung Nordinsel ist das Warten allerdings wert – wie uns gesagt wird. Bestätigen können wir, dass die Plakate wirklich wunderschöne Bilder zeigen. Selbst aber, sehen wir nur Nebelschwaden, die so dicht sind, dass wir uns manchmal wundern, ob es überhaupt möglich ist, das Riesenschiff durch die engen Fjorde zu manövrieren. Nun: es ist möglich, wir kommen schlussendlich in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands an.

Dort parken wir uns erst einmal ein und erkunden die Stadt. Der Regen, welcher trotz unserer Flucht in Richtung Äquator nicht abgenommen hat, wird allerdings immer penetranter, weshalb wir uns recht bald in ein typisches Hipstercafe setzten. Mir gelüstet es ja mehr nach Pupatmosphäre, da heute das große Rugby Match gegen Südafrika ansteht und man die aufgeheizte Stimmung auf der Straße richtig spüren kann, Gudi begehret aber etwas kultivierteres. So erforschen wir die Speisekarte des Lokals und können im Nachhinein berichten, dass die Neuseeländer im Cafe kochen, seit wir hier sind, immer besser werden. Offensichtlich sind wir eine Quelle der Inspiration. Auch die Torten sind nach Gudis Beschreibung „zwar keine Sacher, aber so süß, dass es auch schon wurscht ist!“.

Später wechseln wir noch in ein richtiges, typisches, originales und vor Bier im wahrsten Sinne des Wortes klebendes, neuseeländisches Pub. Ich bin bereit, mein erstes Rugbyspiel live mitzuerleben und stelle mich auf wüste Barschlägereien und den einen oder anderen Billiardköö oder Barhocker auf meinem Kopf ein. Zur präventiven Schmerzlinderung bestellen wir uns noch einen Jug Bier (1,1 Liter), der uns mit zwei Gläsern serviert wird, die kaum größer als Schnapsgläser sind. So bin ich, erpicht darauf, dass nie ein Glas leer sein darf, ziemlich im Einsatz. Hauptsächlich bei meinem Glas, da Gudi am ganzen Abend wohl höchstens zwei dieser Miniaturpfiffe hinunterwürgt.

Bevor das Spiel beginnt, positionieren sich die neuseeländischen Spieler in einem Dreieck und führen einen Tanz auf, der so lustig und Möchtegern - kraftprotzend ist, dass mir ein ziemlich lautes Lachen auskommt. Ich traue mich daraufhin nicht mich umzusehen, bin aber sicher, bald zum Zentrum der obligaten Wirtshausschlägerei zu werden.

Kurz nach Anpfiff geschieht das unglaubliche. Südafrika punktet – und die neuseeländischen Fans um mich applaudieren. Ich bin verdutzt. War ich doch der festen Überzeugung, in einer hooliganverseuchten Rugbyhochburg gelandet zu sein. Stattdessen werden dem erfolgreichen Gegenüber auch noch Ovationen zuteil. Ein Ritual, das mir aus Fußballösterreich etwas fremd ist. Als ich genauer Blicke bemerke ich auch, dass absolut niemand an meinem Schädel und das zerteilen desselben interessiert ist, sondern alle nur gebannt auf das Spiel starren. Langsam aber sicher sehe ich ein, was Gudi mir schon die ganze Zeit zu erklären versucht: Rugby ist nur auf dem Feld brutal, sonst aber ein Familiensport. Hmm, nette Sache einerseits, andererseits muss ich ehrlich sagen, dass es mich etwas rasend macht, den Kontrahenten zu bejubeln.

Nach genauerer Betrachtung der Spielvorgänge stelle ich außerdem fest, dass an mir ein Talent verlorengegangen ist. Im Prinzip machen die Männchen auf der Leinwand nämlich genau das, was ich jahrelang im Fußballverein als Verteidiger ebenfalls getan habe: den Gegenüber mit Füßen und vor allem Händen am Weiterkommen hindern. Ein Schlamassel, wie Gudi sagen würde.

Trotz der Tatsache, dass ich keine Schlägerei miterleben durfte (eine anzuzetteln wäre wohl bei diesen Gentleman sowieso nicht möglich gewesen) kann ich die Atmosphäre im Pub und das Spiel schlussendlich nur als sehr gewinnend bezeichnen. Eine schöne, neue Erfahrung.


Gudis glorreiche Gesetze:


Ich kenn das aus Wales, die sind gar nicht so brutal, das ist ein Familiensport.


Vor dem Spiel tue ich diese Aussage noch als Hirngespinst ab, suche aber schon verzweifelt nach Hooligans oder anderen bulligen Glatzköpfen. Im Nachhinein wundert mich gar nichts mehr, sind die Neuseeländer doch so freundlich, dass in mir das Verlangen nach einem typisch österreichischen, grantigen Würstelstandler nur allzu groß wird. Habe ich anfangs die Nettigkeit der Insulaner noch geschätzt, bringt es mich mittlerweile ehrlicherweise ein wenig auf die Palme, überall nur grinsende Gestalten herumlaufen zu sehen. Manchmal frage ich mich, ob ganz Neuseeland unter eine Art Droge oder Beruhigungsmittel gesetzt wurde oder was sonst der Grund für die allgemeine Zufriedenheit hier sein kann.

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