Veröffentlicht: 07.08.2016
02.08.2016
Wer viel sehen will, muss früh aufstehen. Zu früh mal wieder, aber die lustigen Indos sind der Meinung, dass der Safaritrip schon um 9h starten soll. Einziger Vorteil: Je früher wir starten, desto kürzer müssen wir uns in unserem Zimmer respektive asiatischer Zelle aufhalten.
Die Tour, die wir gebucht haben, verspricht im Vorhinein relativ wenige Sicherheiten. So wird uns zwar beteuert, alles zu tun um Affen zu entdecken, garantiert sei dies aber keineswegs. Einzig der Preis ist fix und der liegt bei 35€. Ganz schön schlau die Herrschaften hier, würden sie dies in Rupien anschreiben wäre wohl niemand bereit, solch einen Betrag zu investieren. In Euro hingegen wirkt die Summe klein und durchaus vertraut. Wir durchschauen das Spielchen natürlich, entscheiden uns schlussendlich aber dennoch dafür, den Wahnsinn zu unterstützen und den einzigen, vollen Tag in Bukit Lawang zu nutzen.
Zusammen mit einer polnischen Familie, die schon beim ersten Aufstieg beweist, dass sie motorische Einschränkungen mit sich bringt, werden wir in einer Fünfergruppe zusammengeschlossen. Zu allererst sind wir etwas geschockt, da wir die Off - Season Nepals inklusive ihrer Einöde gewohnt sind und uns nun inmitten einer Völkerwanderung neben zahlreichen anderen Gruppen wiederfinden. Nachdem wir aber Glück haben und schon nach wenigen Minuten die ersten Orang Utans in weiter Ferne erblicken, sind unsere Gemüter durchaus besänftigt. Während Gudi noch sichere Entfernung bewahrt und mehr als nur einige asiatische Touristen als Puffer zwischen ihr und den Rothaarigen lässt, bin ich komplett gefesselt und schlage mich durch Dickicht und rutschigen Abhang zu den Guides der ersten Gruppe durch. Als ich auch diese noch überhole und auf einmal nur noch wenige Meter von King Louis und seinen Kumpanen entfernt bin mache ich mir erstmals Gedanken, ob diese Tierchen eigentlich gefährlich sein könnten. Reflektiert betrachtet, ein sehr später Zeitpunkt um über solche Nebensächlichkeiten zu grübeln. Jedenfalls ist die ungemeine und unbegrenzte Nähe zu solch atemberaubenden Kreaturen, die einem selbst (jedenfalls mir) in Bewegung und Handlung so ähnlich sind, tatsächlich das investierte Geld wert.
Neben den Orang Utans sehen wir noch andere Affenarten sowie riesige Ameisen, die beißend nach Ammoniak duften. Auch weiß ich nun, dass Kakao nicht in gelben Benko Packungen wächst – man lernt nie aus.
Die ganze Wanderung, die insgesamt zirka 7 Stunden dauert und uns wenigstens ein wenig in den indonesischen Dschungel führt, zeichnet sich im Nachhinein betrachtet durch wenige, wesentliche Punkte aus: Zum einen natürlich durch die Sichtung von Tieren sowie auch durch Pausen, in denen uns die Guides mit mitgebrachten, tropischen Früchten versorgen. Diese Früchte, von denen ich noch nie etwas gehört habe, geschweige denn sie gekostet hätte – so lassen sie uns Beispielsweise seltsame, krumme Früchte kosten, die sie Bananen nennen – futtere ich eigentlich permanent während unserer Wanderung. Zum anderen ist da noch der ewige, verzweifelt suchende Blick nach Mogli, der nach meinen Recherchen in einem indonesischen Dschungel wohnen wollte.
Nach und nach verabschiede ich mich immer mehr vom Gedanken einer herausfordernden Wanderung und füge mich der Illusion des Besuchs im Tiergarten, wenngleich hier wenigstens keine Gitterstäbe zu finden sind – Mogli aber auch nicht. Zum Mittagessen, welches sich zeitlich kaum von den Pausen abgrenzt, greifen die Guides tief in die Trickkiste und zaubern für jeden von uns ein mitgebrachtes Bananenblatt voll Nasi Goreng inklusive Spiegelei hervor. Zur Nachspeise dürfen wir uns an wirklich exotischen Früchten wie Dragon Fruits, Mango Steams oder Lichis laben.
Nach dem Mittagessen beginnt unser Blut kurz zu kochen – was nur zum Teil an der Hitze liegt. So stellen uns die Ortsansässigen darauf ein, dass im kommenden Dschungelabschnitt wesentlich domestiziertere Monkeys leben – was beim Ignorieren ihrer Futterwünsche zu aggressiven Angriffen bis hin zu schweren Verletzungen führen kann.
Und tatsächlich: die Affen sind auf einmal unglaublich zutraulich, beschränken sich aber auf das Fressen des umfangreichen, von den Touristen offerierten Obstangebots (und nicht meines Beins).
Nach einigen Stunden treten wir den wesentlich unspektakuläreren Rückweg an, der sich primär durch diverse Rettungsaktionen auszeichnet, da der polnische Sohn trotz seiner siebzehn Jahre so sehr mit der Umgebung überfordert ist, dass er nicht nur eine Schneise der Verwüstung im Dschungel hinterlässt, sondern auch sich und uns alle in Gefahr bringt.
Abends gönnen wir uns hervorragendes, billiges und traditionelles Essen und gehen, wie es auf dieser Reise fast schon zur Gewohnheit geworden ist, bei Anbruch der Dunkelheit schlafen.
Gudis glorreiche Gesetze:
Im Dschungel wird nichts berührt, alles wird so belassen, wie es vor unserem Eintreffen war!
Dieses Gesetz der grünen Gudrun ist ja prinzipiell sehr löblich und ich kann dies durchaus unterstützen. Vor allem, wenn sie einen ihrer verächtlichen Schnaufer hinsichtlich der Dampfwalze von polnischem Riesenbaby loslässt. Wenn die Auslegung der Gesetze dann aber so weit geht, dass ich in Gudis Augen nicht auf Lianen schwingen sollte, obwohl diese dick wie ein Birkenbaum sind, finde ich die Regel gar nicht mehr so glorreich. Aber keine Sorge, selbstverständlich habe ich mich nicht daran gehalten ;).