Veröffentlicht: 15.06.2019
Die Wetterprognosen werden immer besser – wie angekündigt begrüßt uns eine annähernd schwarze Wolkendecke und ein immer stärker werdender Wind. Heute also Frühstück im Jumper. Frisch gestärkt verabschieden wir uns von dem gescheiterten Komiker und begeben uns wieder auf die Straße. Da das Wetter heute nicht wirklich zu einem Strandtag einlädt, entscheiden wir uns für eine kleine Wanderung in den Calanques bei Cassis. Wird uns schon nicht vom Weg wehen.
Die Internetseite dieser kleinen beschaulichen Hafenstadt rät dazu einen der vielen öffentlichen Parkplätze zu nutzen und dann von dort in die Wanderung zu starten. Haha. Viele Parkplätze – guter Witz, alles lacht. Wir glauben den Nebenjob unserer Rezeptionisten gefunden zu haben. In Cassis angekommen müssen wir feststellen, dass ein Citroen Jumper nicht gerade für kleine Straßen gemacht ist. Oder für kleine Kreisverkehre. Oder für die ach so zahlreichen Parkplätze in Cassis.
Das überragende Parkleitsystem Cassis gibt an, dass an sämtlichen Parkplätzen grundsätzlich noch Stellplätze vorhanden sind. Ermutigt von dieser motivierten digitalen Anzeige schlängeln wir uns durch sämtliche Gassen, Rangieren in dem ein oder anderen Kreisverkehr auch mal hin und her nur um festzustellen, dass alle größeren Parkplätze, auf denen noch etwas frei wäre, die bekannte zwei Meter Barke an der Einfahrt installiert haben. Also weiter. Nach etwa einer halben Stunde Suche wächst der Frust und als unser Plan gerade ins Wanken gerät, finden wir mehrere nebeneinander liegende öffentliche Parkplätze, die sogar lang genug sind um mit einem zu vernachlässigen Überstand den Jumper beherbergen können.
Erst füttern wir den Parkautomaten mit reichlich Kleingeld, dann uns. So ‘ne kleine Parkplatzsuche kann ganz schön Energie kosten. Eine kleine Stärkung vor unserer Wanderung, deren theoretische Wanderzeit von 2.5 Stunden nun durch unseren etwas abgelegenen Parkplatz auf 3.5 Stunden gewachsen ist.
Kurz noch das Wasser aus dem Kofferraum gefischt, starten wir unsere Tour in die Calanques. Am Hafen vorbei durch die Stadt erreichen wir nach etwa einer halben Stunde unseren Startpunkt. Von dort aus beginnt unsere kleine Wanderung über Stock und Stein mitten durch majestätische Felsfronten, vorbei an einladenden kleinen Fjorden und mit Blick auf vor Cassis liegende Inseln. Insgesamt eine sehr schöne, annähernd alpine, Wanderung, die uns aber aufgrund des schwülen Wetters gepaart mit den immer mehr auffrischenden Windböen einiges abverlangt. Gerade die vom Sand angereicherten Windböen lassen uns das ein oder andere Mal nicht nur vor Freude die Tränen in die Augen steigen.
Völlig am Ende und ausgelaugt zurück in Cassis füllen wir verlorengegangene Energiereserven erstmal mit zwei Dosen herrlicher Cola wieder auf.
Apropos verlorengegangen - als wir uns langsam wieder auf den Weg zu unserem Jumper machen wollen, werden wir auf einen neben uns liegenden Geldbeutel aufmerksam gemacht. Dieser wurde von einem Herren, dem Inhalt des Geldbeutels und der Kreditkarte nach zu urteilen MR. ABELGALE, dort zurück gelassen. Eine Nahraumfahndung verlief leider ergebnislos, daher führte unser Weg zurück dann noch an der Police Municipal vorbei. Erfreut über die etwas legerere Bürokratie im Vergleich zu dem, was wir aus der Heimat gewohnt sind – Fundanzeige – kostet uns dieser kleine Abstecher nicht mal zwei Minuten.
Wieder am Jumper angekommen starten wir nach kurzer Verschnaufpause unsere Reise in die Schlucht von Verdon, unserem auserkorenen Ziel für die nächsten Tage. Da wir uns schon in Cassis an die fragwürdigen Straßenverhältnisse gewöhnt haben und in unserem Jumper jede Kurve kriegen, verlassen wir aufgrund der eindeutigen Verkehrsführung die Autobahn wieder nach kurzer Zeit und bemühen den Landweg nach Verdon. Inklusive einer der Straßenbreite nach zu urteilenden 10-Kilometer langen Einbahnstraße durch den Wald. Da uns niemand entgegen kam, könnte es tatsächlich eine nicht als solche beschilderte Einbahnstraße gewesen sein – oder wir hatten einfach Glück.
An der ins Tal führenden Straße nach Verdon angekommen werden wir von einer sensationellen Aussicht erwartet. Unter uns der See im tiefsten Türkis inmitten von grüner Landschaft mit bergigem Hintergrund. Mit dickem Grinsen im Gesicht schlängeln wir uns die letzten Meter hinab zu unserm gewünschten Platz.
Am Campingplatz müssen wir feststellen, dass uns diesmal wohl unser Glück verlassen hat. Zehn Minuten zu spät. Camping zu und unserer Gardasee-Erfahrung zum Trotz – „rien ne vas plus“. Immerhin waren die Betreiber so nett ein Schild an die Rezeption zu hängen, welche Campingplätze im Umkreis etwas kulanter mit der Ankunftszeit waren. Bestätigt durch Google finden wir in zwei Kilometer Entfernung einen anschaulichen Ersatz. Der Routenführung nach gegen die ein oder andere, diesmal tatsächliche und auch eindeutig beschilderte, Einbahnstraße, sind wir fünf Minuten später an einem wunderschön angelegten Campingplatz mitten im Grünen. Vielleicht hat uns unser Glück doch nicht so verlassen. Nach einer kleinen spitzen Bemerkung der Rezeptionisten, „sie kommen aus der falschen Richtung“, ergattern wir mal wieder den letzten Platz – diesmal tatsächlich, denn die hinter uns einfahrenden hatten nicht so viel Glück. Selber Schuld, wer die Abkürzungen nicht kennt. Wir stellen unseren Jumper auf dem ausgewiesenen Platz mitten im Grünen und Blick auf den See mit dem Gefühl ab, dass es sich hier aushalten lassen wird.