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#37 Die Tiere kommen

Veröffentlicht: 23.04.2023

Grüß dich!

Am Wochenende ist eigentlich nicht so viel passiert. Sonntag wollte ich etwas mit David besprechen und dann danach mit dem Quad zu einem See hier in der Nähe fahren. Kurz vor unserer abgemachten Zeit ist David dann jedoch noch einmal mit Trooper Gassi gefahren und diese Gassirunde war ziemlich groß, sodass ich eine Stunde im Wohnzimmer auf ihn gewartet habe. In der Zeit habe ich ein Buch über die Vögel von B.C. durchgeblättert und ohne Mist, da habe ich herausgefunden, dass es hier Pelikane gibt (das wird später noch wichtig). Dieses Buch hatte auf der linken Seite immer ein Bild des beschriebenen Vogels und auf der rechten Seite eine Art Steckbrief. Das Buch umfasst einfach über 400 Seiten, sodass es über 200 verschiedene Vogelarten allein in British Columbia gibt. Das ist in meinen Augen schon echt viel. Leider hat sich während all der Warterei das Wetter geändert. Am Vormittag war es noch sonnig warm und zum Nachmittag wurde es ziemlich windig und kühl, sodass ich mich dann doch gegen eine Fahrt zum See entschieden hatte. Und ich sage nur: Zum Glück! Denn am Montagmorgen teilte mir Jenny mit, dass auf der anderen Seite des Sees ein Grizzlybär gesehen wurde. Ich bin ehrlich, seit dem kurzen Frühling, den wir hier hatten, beobachte ich öfters die andere Seite des Sees in der Hoffnung, dort einen Bären zu sehen. Das sie aus dem Winterschlaf erwacht sind, ist klar...nur brauchen sie ja auch ein wenig, um von den Bergen herunterzukommen. Somit sind die Bären nun auch hier bei uns angekommen. Allerdings nicht nur auf der anderen Seite des Sees. David hat auch Bärenkot vlt. 5 Minuten hier entfernt entdeckt. Es soll sich dabei um einen großen männlichen ausgewachsenen Grizzlybären handeln. Ausgewachsene Grizzlybären sind übrigens die einzigen Bären, die nicht auf Bäume klettern können. Wenn ich jetzt spazieren gehe, muss ich mich wohl erst mal an Bäume orientieren, an denen ich hochklettern kann. 😁 Nein, natürlich nicht. Ich würde nie das Risiko eingehen, nachher ist er doch noch nicht schwer genug und kann doch noch klettern. Upsi 😅 Und bevor du jetzt denkst: Scheiße! Bären! Die sind ja die Definition von Gefahr. Nein, denn weißt du, wovor du aktuell mehr Angst haben solltest? Elche! Klingt blöd, ist aber so. Na ja, aber man geht dann jetzt natürlich doch mit erhöhter Sicherheit spazieren und ja, ich habe auch ein Signalhorn und Bärenspray dabei. Bei einem Bärenspray handelt es sich um eine Art Pfefferspray für große Tiere.

Sonst ging die Baustelle erst mal entspannt weiter und wir haben jetzt alle Wände aufgestellt und ich glaube, die finale Größe des neuen Gebäudes ist damit jetzt hoffentlich erreicht. Während der Arbeit kann ich jetzt immer wieder die Adler beobachten. Als treuer Herr der Ringe Fan sollte der Beitrag eigentlich „Die Adler kommen.“ heißen, aber es sind ja nicht nur die Adler, die mittlerweile hier angekommen sind. An einem Tag konnte ich sechs Weißkopfseeadler beobachten, wie sie über den See ihre Kreise ziehen. Einfach schöne Tiere. Einmal saß auf ein Steinadler auf einem Felsen im See und links und rechts von ihm zwei Weißkopfseeadler, das war auch ein sehr cooles Motiv.

Am Mittwoch musste ich dann für eine Nacht von meiner Kabine in den „Geisterraum“ (Dazu gibt es auch interessante Geschichten) umziehen, denn wir waren ausgebucht. Aber bevor ich erzähle, wer hier alles so vorbeikam, ist dann auch noch was in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch passiert. Uns wurde unser Benzin geklaut. Wir haben, so wie alle, die mitten im nirgendwo leben, unsere eigene „Tankstelle“, die ich bereits vor einigen Monaten erwähnt hatte. In der Nacht müssen dann irgendwelche Leute hergekommen sein, das Benzin sowohl aus dem Tank als auch aus dem Jeep abgezapft haben. Es muss gegen vier Uhr nachts gewesen sein, denn Jenny und David haben sich dort gewundert, weshalb die Hunde zu unruhig waren. Ich muss wohl einen wirklich guten Schlaf gehabt haben, denn ich habe rein gar nichts mitbekommen und ich schlafe gefühlt direkt neben der „Tankstelle“. 😅

Jetzt aber dazu, weshalb wir ausgebucht waren. Einerseits ist seit Mittwoch ein Mann hier, der eine Kabine als Gast gebucht hat andererseits sollte eine Gruppe anreisen, die jedes Jahr kommen. Sie setzten neue Fische hier in der Gegend aus und übernachten dann hier, da keiner Lust hat, noch acht bis zehn Stunden nach einen langen Arbeitstag nach Hause zu fahren. So reinigte ich die Kabinen und startete das Feuer. Die Gruppe sollte gegen 21 Uhr ankommen. So warteten David, Jenny und ich mit frisch gekochten Abendbrot auf unsere Gäste. Es wurde 21:15 Uhr.... 21:30 Uhr ..... 21:45 Uhr .....wir warteten und warteten und keiner kam. Wir waren sehr verwundert, vor allem da die Gruppe eigentlich immer sehr pünktlich ist. Das Problem ist auch, dass es hier keinen wirklichen Empfang gibt, sodass man auch nicht einfach schnell durchrufen kann. Jenny ist dann auch bereits ins Bett gegangen, da es echt spät wurde. Es wurde so spät, dass ich nicht mehr daran geglaubt habe, dass die Gruppe überhaupt noch kommt und als ich gerade Zähne putzen gehen wollte, erhielt David einen Anruf, dass die Gruppe in einigen Minuten da sein wird. Ich habe dann also noch mal schnell alle Kabinen überprüft und das bis dahin ausgegangene Feuer wieder angemacht. Die Nacht war wolkenfrei und es war ein phänomenaler Himmel zu sehen und als ich gerade ein Foto davon gemacht habe, hörte ich plötzlich ein Geräusch.....es klang, als würde eine riesige Maschine den ganzen Wald roden und dann tauchten plötzlich riesige Scheinwerfer auf. Ohne Mist, ich habe gedacht, dass diese Gruppe vlt. mit einem Truck kommt, in dem sich die Fischeier oder was auch immer befindet und dann vielleicht noch ein kleines Auto, wo die Gruppe drinsitzt, aber ne, da kamen einfach vier große und sehr laute Trucks und haben gefühlt die ganze Gegend geweckt. 😅 Wann kam die Gruppe jetzt eigentlich an? Um halb zwölf! 🙃Das hieß, als keinen müden Eindruck machen und halt um Mitternacht noch Essen und Getränke servieren. Zum Glück war die Gruppe auch müde, sodass David und ich, nachdem wir alles wider abgedeckt und gereinigt hatten, auch kurz vor ein Uhr in Bett gehen konnten. Es war jedoch eine echt kurze Nacht, denn schon gegen dreiviertel sieben klingele der Wecker, um das Frühstück vorzubereiten. Als die Gruppe nach und nach eintrudelte, sah ich etwas auf dem See herumlaufen und tatsächlich konnte ich den Leuten dann noch Kojoten zeigen. Diese sind jetzt fast täglich zu sehen. Das liegt höchstwahrscheinlich an den ganzen Wildgänsen und Enten, die jetzt hier auf den kleinen Inseln im See brüten und die Kojoten versuchen diese dann natürlich zu jagen oder ihre Eier zu fressen.

Aber in dieser Gruppe bin ich wieder vollkommen in meine Schüchternheit zurückgefallen. Ich hatte mich während der Workshops so gut entwickelt, was das reden mit fremden Menschen betrifft, aber in dieser Gruppe hat einfach nichts geklappt. Nach einigen Sätzen waren die Gespräche beendet und man saß sich stillschweigend gegenüber. Auch wenn das jetzt für dich nicht nach einer großen Sache klingt, hat mich das echt den ganzen Tag beschäftigt, denn ich dachte mir immer: Ich werde diese Leute nie wieder sehen, also rede einfach, denn aus Fehlern lernt man und reden ist die beste Übung, um Englisch zu lernen, aber diese Angst, fehlerhaft zu sprechen und meine Schüchternheit haben in meinen Kopf solch eine Blockade errichtet, dass ich einfach zu blöd dafür war. Das ist auf jeden Fall eine Sache, an der ich noch arbeiten möchte.

Sonst ging die Baustelle nach der Abreise der Gruppe ganz normal weiter. Wir waren diese Woche nur etwas eingeschränkt, was das Nutzen von lauten Arbeitsgeräten (z.B. der Säge) betrifft. Ohne jetzt genaue Gründe zu nennen, möchte der Gast, der hier mehrere Tage ist (reist Sonntag, also für dich heute, ab) absolute Ruhe haben und daran halten wir uns natürlich. Kunde ist König und so. Aber es gibt genug andere Sachen, die hier erledigt werden konnten. Ich habe mal wieder in einem Raum den finalen Fußboden verlegt und das ist echt gut, an der einen Stelle kann man zwischen den Brettern den Fußboden der unteren Etage sehen. Da dachte ich mir auch: Hier wurde auf jeden Fall lückenlos gearbeitet 😂

Am Freitag ist dann was passiert, wo ich dezent (positiv) ausgeflippt bin. Ich habe gerade so gefrühstückt und wollte mich danach auf den Weg zum Pferdefüttern machen, als ich auf dem See eine relativ große Gruppe weißer Vögel gesehen habe. Ich dachte mir so: Seit wann sind denn die Schwäne hier? Ich habe dann das Fernglas genommen und konnte es nicht fassen. Da saß einfach eine Gruppe von Pelikanen! Ich war so unfassbar begeistert, da ich nie gedacht hätte, hier Pelikane zu sehen. Der einzige Nachteil daran war, dass ich die Kamera abgeben musste, da David die Pelikane fotografieren wollte und „meine“ Kamera sich am besten für die Vogelfotografie eignet. Somit konnte ich leider nur die altbekannte Taktik – Handy + Fernglas – nutzen. 😅 Ich hoffe, ich kann dir nächste Woche ein Foto der Pelikane zeigen, David hat es leider noch nicht geschafft, mir eines seiner Bilder zu senden. Aber das ist schon faszinierend, vor allem wenn sie dann über einen drüber fliegen. Die sind so groß! Also das war wirklich richtig cool! Was auch recht cool war: Als David und ich so am See standen, habe ich ganze Zeit so ein Grollen gehört, als würden auf der anderen Seite des Berges Trucks langfahren. David erklärte mir, dass das das Eis ist, welches durch den Schmelzprozess „arbeitet“. Das klingt ziemlich beeindrucken, wenn man dieses tiefe Brummen, Grummeln und Brechen über die gesamte Fläche des Sees hört.

Freitag war übrigens auch der einzige Tag in der Woche, an dem sich die Sonne gezeigt hat. Das Wetter diese Woche war nämlich mal wieder ein Traum. Am Sonntag hat es angefangen zu schneien, sodass wir am Montag etwas Schnee hatten, der aber nicht lange liegen blieb. Sonst waren die restlichen Tage nasskalt und wir hielten uns so um nie null Grad Celsius auf. Nicht aber am Freitag, dort waren es im Schatten dann plötzlich einfach fast 15 °C, sodass wir in der Sonne locker über 20 °C hatten. Leider hielt dieses bombastisch schöne Wetter nur einige Stunden an, denn am Nachmittag verstärkte sich der Wind und seit dem ist das Wetter auch wieder bescheiden und man möchte das Bett nur ungern verlassen.

Was ich am Freitag aber auch wieder mal bewiesen bekommen habe, ist, dass Jenny und David wirklich nicht zusammen auf der Baustelle arbeiten können. 😅 Also ich habe ja immer schon ein schlechtes Gewissen, wenn ich Jenny ab und an mal etwas energischer antworte, aber die beiden, da kann man nur daneben stehen und Popcorn essen, denn die haben sich immer richtig in den Haaren. 😂 Ach und Jenny und ich: Ich denke, meine letzten „Ansagen“ haben etwas Wirkung gezeigt. Dies wird vor allem immer deutlich, wenn sich jetzt Jenny auch bei mir entschuldigt, wenn sie mir mal wieder überhaupt nicht zuhört oder mich einfach komplett ignoriert.

Am heutigen Samstag ist nichts Spannendes passiert, außer das ich endlich ein Foto des blauen Vogels machen konnte, leider jedoch nur mit meinem Handy. Ich habe die Kamera jetzt wieder abgegeben, da David nun die Vögel hier fotografieren möchte, da sie hier überall niesten. Wir haben allein drei verschiedene Spechtarten hier und der eine Specht hämmert immer gegen meine Wand. Immer ein kurzer Schock, aber er möchte damit die Weibchen beeindrucken.

In wenigen Wochen sollten dann auch die Kolibris ankommen. Ich bin immer noch fassungslos, dass es hier Kolibris gibt, aber na gut, um ehrlich zu sein, begeistert mich die Tierwelt hier immer wieder aufs Neue und ich bin immer wieder überrascht, wie vielseitig sie ist.

Heute (22. April) ist auch noch der „Happy Earth Day“, dieser soll die Wertschätzung unseres Planeten hervorrufen und uns auch über unser eigenes Konsumverhalten nachdenken lassen und ganz ehrlich, ich verliebe mich hier jeden Tag aufs Neue in diese unfassbar schöne Natur. Wir haben nur diesen Planeten, also lasst ihn uns zusammen beschützen! 🌎

Bis dahin.

Samuel ✌🏽

P.S. Ich wünsche allen Schüler*innen des diesjährigen Abiturjahrgangs maximalen Erfolg bei den diesjährigen Abiturprüfungen, auf das Sachsen-Anhalt nicht so wie NRW wird. 🍀

Ich wünsche aber auch vor allem allen Lehrkräften maximales Durchhaltevermögen und Kraft bei der Korrektur der Abiturprüfen! 🍷

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