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Quer durchs Land

Veröffentlicht: 18.02.2021

Vor drei Wochen habe ich mich also auf den Weg gemacht, nach meinen vier Monaten an der Karibik noch ein wenig das Land zu erkunden. 

Es war nicht einfach, sich ein paar Orte auszusuchen, weil Costa Rica so unglaublich viel zu bieten hat. Nach ein paar Gesprächen mit den Ticos hat sich für mich dann aber doch herausgestellt, was ich unbedingt noch sehen wollte und was überhaupt mit dem Bus gut zu erreichen ist. 

Als erstes bin ich mit der anderen Freiwilligen aus dem Araprojekt nach La Fortuna gefahren. Dort gibt es den wohl beeindruckendsten Wasserfall Costa Ricas, umgeben von üppiger Vegetation und sehr nah an dem aktivsten Vulkan Costa Ricas, dem Arenal. Insgesamt sieht die Landschaft also aus wie bei Jurassic Park. Allerdings ist diese Region sehr touristisch, deshalb bin ich dort kaum drei Tage geblieben. Trotzdem haben wir dort einiges gesehen. Zum Beispiel haben wir eine Wanderung durch die Highlands am Vulkan gemacht. Das fühlte sich an, als würde man durch verschiedene Klimazonen laufen. Zunächst liefen über einen Dschungelpfad auf dem wir von Mücken umgeben waren und durch Schlamm liefen. Dann kamen wir plötzlich an einer Wiese raus, von der man einen perfekten Blick auf den von Wolken umgebenen Vulkan hatte. Dann liefen wir durch Kuhweiden, die abgesehen von den vereinzelten Papageien und Palmen auch in Schottland hätten sein können. Und schließlich liefen wir über Vulkansteine noch ein Stück den Berg hoch und warteten oben darauf, dass auch die Spitze des Vulkans sichtbar wurde. Das kommt jedoch nur sehr sehr selten vor. Wir hatten leider kein Glück, dafür sahen wir aber auf dem Rückweg einen älteren Mann auf einem Maultier reiten. Ich fragte ihn, ob ich ihn fotografieren könnte. Darauf antwortete er ich solle mich doch am besten selbst auf das Maultier setzen. Also ritt ich dann ein ganzes Stück auf dem Maultier weiter. Nach der Wanderung badeten wir dann noch in den heißen Quellen neben dem Nationalpark. Das fühlte sich an wie in einem Thermalbad, nur dass Kolibris über uns herumschwirrten. 

Am nächsten bin ich dann alleine  mit dem Bus weiter auf die andere Seite des großen Arenalsees gefahren. Dort wollte ich mir nämlich einen Traum verwirklichen und am Fuße zweier Vulkane windsurfen gehen. Als der Busfahrer mich in dem kleinen Dorf Piedras aussteigen ließ, hatte ich zunächst keine Ahnung wie ich nun zu meinem Hotel kommen sollte. Ich fragte in der Dorfkneipe nach einem Taxi, doch dort wurde mir gesagt, hier gäbe es keine Taxis, aber ich solle doch mal in der Pulperia nachfragen, die fänden schon eine Lösung. Der Besitzer der Pulperia, eines kleinen Tante Emma-Ladens, sagte mir er könne mich zu dem Hostel bringen. Dazu musste er jedoch zuerst  die ganzen Bananen aus seinem Auto ausräumen. Das Hostel war wunderschön, denn man hatte einen perfekten Blick auf den See und die Besitzer sind Italiener, weshalb es dort jeden Abend leckere Pizza gab. Das Klima war jedoch schon wieder ganz anders. Ich spürte sofort den starken kühlen Wind, der über die Hügel hinwegzog. Ich konnte es kaum erwarten und lief den Hügel hinab und ein Stück die Straße entlang, bis ich endlich das winzige Schild "Tico Wind" entdeckte. Dort führte ein matschiger Pfad zwei Kilometer über die dichtbewachsene Halbinsel. Entlang des Pfades sah ich Nasenbären und eine Schildkröte. Schließlich kam ich an der Spitze der Halbinsel heraus, wo ich eine einen einzigartigen Windsurfspot erblickte. Etwa 15 Wind- und Kitesurfer rasten bei sechs bis sieben Windstärken  über den See und das Material, das sie benutzten war topaktuell. Vor 30 Jahren fand ein Engländer diesen Spot und beschloss, obwohl es im Umkreis von 20 Kilometern keinen Strom und keinen Wasseranschluss gab, dort einen Windsurfverleih aufzumachen.  Jetzt hat er seine Stammkunden aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada, die seit 20 Jahren jedes Jahr zum Windsurfen dorthin kommen. Ein Paar war schon seit zwei Monaten dort und erzählte mir, dass es erst einen Tag gegeben hätte, an dem sie nicht mit einem kleinen Segel surfen konnten. Am ersten Tag habe ich ganz schön mit dem Sturm gekämpft. Ich musste aufpassen, dass ich nicht zu weit abtrieb, denn eine Rettung mit dem Jetski hätte mich 60 Dollar gekostet. Außerdem wussten das alle und deshalb wäre es sozusagen ein "walk of shame" gewesen. Aber zum Glück hab ich es jedes mal alleine zurückgeschafft und an den nächsten Tagen bin ich auch hin und her gebrettert und über die Wellen gesprungen. Eine unglaubliche Erfahrung, weil es mir vorkam, als würde ich an diesem Ort in eine kleine andere Welt eintauchen.

Als nächstes sollte es dann nach Montezuma, einem Hippiedorf auf der Nicoya-Halbinsel gehen. So ganz genau wusste ich nicht, wie ich dort hinkommen würde. Ich wusste nur, dass ich in Puntarenas die Fähre rüber auf die Halbinsel nehmen musste. Also stellte ich mich frühmorgens an die Straße und nahm den nächsten Bus zur nächstgrößeren Stadt. Ab dort musste ich mich dann irgendwie durchfragen. Insgesamt fuhr ich mit 5 Bussen und einer Fähre an dem Tag. Doch für Montezuma hat sich das allemal gelohnt. Die Stadt besteht aus einem Block mit kleinen Läden, Hostels, Restaurants, Straßenverkäufern und zwei Stränden. Als ich ankam, spürte ich sofort die herzliche Community. Mir kam es so vor, als wären alle schon ewig hier hängengeblieben, aber die meisten spanischen und französischen Backpacker waren erst seit ein oder zwei Tagen dort. Sofort kam ich mit einigen ins Gespräch. Wie sich herausstellte, ging das ganze Dorf abends auf die Straße vor ein Restaurant, in dem eine Band mit Gitarre und Trommeln Lieder von Manu Chao spielte. Danach setzten sich die meisten noch ans Lagerfeuer am Strand. Am nächsten Tag lernte ich Mateo aus Argentinien, Raoul aus Quebec und Eitan aus Israel kennen. Mit diesen Jungs verbrachte ich dann die nächsten 9 Tage, obwohl ich ursprünglich eigentlich nur zwei Nächte dortbleiben wollte. Tagsüber liefen wir meistens zum Catarata de Montezuma, einem 27 Meter hohen Wasserfall, von dem aus man aus verschiedenen Höhen in die 10 Meter Tiefe Lagune springen konnte. Ich bin aus etwa 12 Metern Höhe gesprungen. Das war ein Adrenalinkick, weil man sich in der Luft fragt: "Was tue ich hier gerade???" Danach haben wir immer wieder im gleichen Restaurant gegessen. Das war nämlich deutlich günstiger als das Essen im Supermarkt und die Reisportionen waren riesig. Die Kellner aus dem "Soda El Artesano" kannten uns schon. Nachmittags lagen wir meistens noch in den Hängematten am Strand vor dem Hostel und unterhielten uns über weltbewegende und weniger weltbewegende  Themen . Nach dem Sonnenuntergang machten  wir dann noch eine Siesta in der Hängematte bevor es dann wieder auf die Straße und dann ans Lagerfeuer ging. Am Lagerfeuer haben wir jeden Abend Menschen aus den unterschiedlichsten Nationen kennengelernt. Allerdings war es nach einer Zeit ziemlich langweilig, immer wieder die gleichen Fragen zu beantworten. Where are you from? For how long do you stay here? Do you travel alone? Also fingen wir an, uns Antworten  auszudenken. Mateo und ich behaupteten, wir wären Brüder und kämen beide aus Argentinien. Einem Spanier erzählten wir, wir wären hier in der Gegend, weil wir uns vor der Küste Panamas eine Insel für 60 Millionen Dollar kaufen wollten. Und noch einem anderen Reisenden erzählten wir, Mateo wäre ein bekanntes Model aus Argentinien, das für ein paar Fotoshootings hier an dem Wasserfall und den Stränden angereist wäre. Tatsächlich kauften die Leute uns die Geschichten jedes mal ab. Natürlich erzählten wir die Geschichten immer nur bis zu einem gewissen Grad, bis wir dann "Getränke holen" mussten. In Montezuma trafen wir aber auch ein paar seltsame Menschen. Hier ein paar Beispiele: 

1. The genocide-guy...In unserem Hostel gab es einen alten Mann, der zwar aussah wie ein Hippie, der jedoch jedes mal, wenn er an Eitan, dem Israeli, vorbeikam, "Genocide, genocide, I like genocide", sang. Als ich mein Handy verlor, behauptete er, mein Karma wäre dafür verantwortlich, weil ich ihn angeblich bei seinem Mittagsschlaf gestört hätte.

2. Der Verschwörungstheoretiker...Eines Abends unterhielten wir uns mit einem Kanadier, der fest davon überzeugt war, dass die Welt von dunklen Mächten regiert wurde, dass er uns seine Theorie aber nicht näher erläutern könne, weil unser Gehirn nicht dazu fähig sei, diese zu begreifen. Leider ließ ich bei diesem Gespräch mein Handy auf der Bank liegen und später, als wir den Mann fanden gab er es nach einer langen Diskussion nur gegen 25 Dollar "Finderlohn" heraus.

3. Der Roulettekönig...In Montezuma gab es einen Roulette-Automaten, der für die Anwohner das Casino war. Jeden Abend kam der Roulettekönig mit einem großen Rucksack zu dem Automaten. An den ersten Abenden dachten wir, der Typ kenne den Algorhytmus des Automaten, denn andauernd sahen wir, wie er seinen Rucksack mit Münzen füllte. Später sahen wir uns dann aber seine Spielweise genauer an. Er setzte auf jede Zahl, nur auf manche Zahlen setzte er mehr Geld als auf die anderen. Deshalb gewann er immer mindestens zwölf Münzen und verlor aber insgesamt deutlich mehr als er gewann.

Ich war schon traurig, als ich nach Santa Teresa weiterfuhr, aber ich wollte auch sehr gerne wieder surfen gehen. Nach Montezuma war Santa Teresa ein Schock für mich. Es gab nur eine einzige staubige Straße und alles war überfüllt mit Menschen. Aber die Wellen waren wunderschön. Sofort kaufte ich mir ein günstiges Surfbrett und paddelte hinaus.  Bis zum Sonnenuntergang ritt ich ein paar Wellen, dann hörte ich plötzlich eine Durchsage: "Alle Surfer die nicht an dem Wettkampf teilnehmen, bitte auf einen anderen Spot ausweichen!" Die Strömung hatte mich bis zum Banana Beach getrieben, an dem jeden Montag eine Surfcompetition stattfand. Ich paddelte wieder ein Stück zurück und sah mir dann noch ein wenig die Profis an, wie sie 360 Grad-Sprünge machten oder in der Tube verschwanden. 

In Santa Teresa habe ich einen Jungen kennengelernt, der auch Max heißt, aus Hamburg kommt und genauso ein leidenschaftlicher Windsurfer ist wie ich. Es war lustig, sich am anderen Ende der Welt auf Deutsch drüber zu unterhalten, ob sich die Anschaffung eines Carbongabelbaumes lohnt und wie man früher ohne Führerschein das Windsurfmaterial an den Strand bekommen hat.

Jetzt bleibe ich noch ein wenig in Santa Teresa, bevor es dann zurück in die Hauptstadt San José und schließlich zurück nach Hause geht.



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