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Sind die Kinder hier anders?

Veröffentlicht: 27.06.2017

27. Juni 2017

Sind sie es, hier in Ecuador?

diese frage habe ich mir im voraus gestellt. in der vorbereitung auf diesen bildungsurlaub, sorry, diese intensivweiterbildung, habe ich mir zum ziel gesetzt, allfällige unterschiede zwischen den kindern festzustellen. 

eine zweite sache, welche ich mir hier in der fundacion vorgenommen habe, sind kinderschicksale kennen zu lernen. nicht als mein künftiges wissenschaftliches forschungsfeld oder so was. nein, ich möchte einfach ein paar biographien kennenlernen und zum erzählen parat haben. wahre geschichten, welche ich den kindern in der klasse berichten kann. ohne moralische hintergedanken ("ja, gell, wir haben es hier gut."), denn die braucht es gar nicht. ich weiss aus erfahrung, dass kinder solche geschichten lieben. und die gedankengänge, welche solche geschichten bei den kindern anregen, die möchte ich gar nicht beeinflussen.
um solche schicksale zu erfahren, habe ich mit marco am freitag einen termin abgemacht. mein ziel habe ich ihm gesagt. drum, heute also dazu nichts und ich glaube sowieso, dass ich diese geschichten gar nicht ausführlich im blog bringen werde. schauen wir dann am freitag, gell?

also, was unterscheidet die kinder bei uns von denen hier?
1.) sie sind nicht verwöhnt, die kinder hier. klar zu sehen in der fundacion, klar zu erkennen bei den shuar und ich glaube, diese tendenz auch in der breiteren bevölkerung festzustellen. da bin ich aber nicht wirklich sicher. denn am wochenende sieht es in den parks bei den picknicks und den familienfussballspielen eher nach verwöhnen aus. 
jedenfalls hier in der fundacion sehe ich stets folgendes verhalten: kinder sind am aufgaben machen, oder tun so als ob, oder am spielen. irgendwo ist da natürlich die aufsicht. entweder im zimmer oder auf dem spielplatz. aber die kinder machen immer wieder blödsinn. bespritzen sich mit wasser beim zähneputzen, schiessen sich gegenseitig papierkügelchen nach, drücken den kollegen mal in den stuhl hinein und lauter solche sachen. jetzt kommt aber von der anderen seite keine überreaktion. man nimmt das, lässt es abprallen oder gibt zurück. irgendwann hat sich die sache totgelaufen und basta. es kommt praktisch nie vor, dass jemand zur aufsicht geht und sich beklagt. vielleicht um zu sagen, dass die nase blutet oder so, aber nicht um den anderen in die pfanne zu hauen.  die kinder sind es gewohnt, die angelegenheiten autonom zu regeln. das verhalten, sofort einen beschützer zu suchen und den vorzuschieben, gibt es hier nicht. die aufsicht erhebt freilich wieder mal die stimme, benennt das vergehen eines übeltäters und gemahnt diesen, zu arbeiten, aber einzugreifen im sinne von schlichten: nie gesehen. unglaublich, aber wahr! denn das tue ich in der klasse, in der schule, bei unseren kindern laufend. 
klare sache, wir erziehen anders. es ist eine sache der erziehung.

2.) sie sind generell viel offener, spontaner, direkter und scheuen den körperkontakt überhaupt nicht. natürlich sind auch hier nicht alle gleich. manche sind vorsichtig, andere aber gar nicht. ich bin es, der dem körperkontakt aus dem weg geht. warum? 
laura hat mir vor einer woche erzählt, dass sie auf dem wochenendausflug festgestellt hat, dass sie läuse habe. logisch! kein wunder! ist doch klar, denn die kleinen steigen ihr auf den schoss, kuscheln sich an ihr und ... haben läuse. und die wechseln gern mal den wirt bei kopfkontakt. drum erschrecke ich jedesmal, wenn ein kopf an meinen kommt. zum beispiel heute habe ich fotos gemacht. und natürlich sind die zwei köpfe, kaum hat es geklickt, sofort hergekommen, haben sich an meinen gedrückt um das display zu sehen. um gottes willen, sofort die kamera umgedreht und die gefahr gebannt. 
gut, die gefahr ist bei meinem spärlichen haarwuchs nicht so gross. aber trotzdem.

und 3.) ???

nix drittens. kinder sind gleich, ich behaupte überall auf der welt.
sie haben die gleichen tricks und strategien auf lager, sie reagieren auf dieselben spässe, sie sind neugierig (offen oder versteckt), sie fahren auf spielzeug, süssigkeiten und handies ab, sie zeigen dieselben gesichtsausdrücke bei denselben gefühlen, sie wollen alle geliebt werden, ... sie sind einfach kinder.

es sind ihre geschichten, ihre erfahrungen, welche sie prägen. darum bin ich sehr gespannt auf freitag. und es geht mir nur um die geschichten. denn eigentlich nehme ich die kinder hier, welche ich nun doch vereinzelt schon ein bisschen kenne, einfach so, wie sie sind. ich will nicht um des kindes willen wissen, was es zu hause für probleme hat. ich will nicht von dem gesicht vor mir wissen, was es schlimmes gesehen hat, wenn ich mit ihm einfach sprechen, arbeiten, spielen kann. ist mir nicht wichtig, denn ich nehme das kind, so wie es sich gibt und es nimmt mich, so wie ich mich gebe. 

darüber bin ich sehr froh, denn ich kann ein kind, einen menschen vorurteilsfrei betrachten und ohne mitleid oder was auch immer mit ihm umgehen. ich glaube, das ist eine qualität.
was ich im verlaufe der beziehung für erfahrungen mache und was sich daraus für konsequenzen ergeben, das ist eine andere geschichte.

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