Veröffentlicht: 24.06.2017
23. Juni 2017
gell, jetzt seid ihr gar nicht sicher, was ich meine?
bessere schule, ja gut, aber welche denn nun?
klar die unsrige. um meilen, liebe leute. zwar habe ich in kein schulzimmer hineingesehen, noch mit lehrern gesprochen. aber ich sehe seit zwei wochen kinder, welche aufgaben lösen, welche sie nicht verstehen. nicht wenige, sondern die mehrheit. wenn ich an meine klassen denke, so gibt es immer wieder kinder, welche in einem fach überfordert sind. oder kinder, welche in den leistungsfächern grad so mitschwimmen. hier in der hausaufgabenhilfe der fundacion habe ich schon einigen kindern so geholfen, dass die aufgaben schliesslich von mir gelöst waren. das kind wird in der schule den lösungsweg auf keinen fall erklärt haben können. es fehlte schlicht das wissen, das verständnis, mitunter die logik. ganz klar aber hatte ich den verdacht, dass wenn einige der kinder bessere erklärungen bekommen und/oder mehr training absolviert hätten, sie im stande gewesen wären zu verstehen. auf kopfrechnen wird offenbar wenig wert gelegt. das einmaleins sitzt nicht wirklich gut und 10,25 - 8,28 wird ohne zu zögern schriftlich ausgerechnet. heute half ich einem mädchen der vierten klasse bei einer rechnung mit drei klammern. sie hatte null ahnung, was zu tun sei. zuerst die klammern von innen her lösen, fehlanzeige. ich musste einfach sagen, dass dies zuerst gemacht werden muss. dann war es sogar noch so, dass das resultat negativ war, obwohl das laut paul, dem betreuer, noch gar nicht vorkommen sollte auf der stufe.("gspunna!" musste ich da sagen)
in englisch sind die kinder sehr schwach, wenn ich sie auf derselben stufe vergleiche wie meine schüler. eine begrüssung spielen: unmöglich! zusammenhängende sätze, ausdrücke verstehen, geschweige denn sprechen - keine chance!
achtung: es gibt sie auch hier, die begabten kinder, welche ganz schnell aufnehmen und und eventuell sogar noch seriös arbeiten, jedoch viel weniger als bei uns. und ich habe mir gedacht, dass die kinder hier froh sind, in die schule gehen zu dürfen. nein, sie sind überall gleich und die anteile an guten und weniger guten schülern sind wohl überall dieselben. wenn die schule die kinder dann nicht mitnehmen kann, sie abhängen lässt, dann ist klar, dass so viele kinder wege einschlagen müssen, welche denen der eltern gleichen: strassenverkäufer, schuhputzer, ungelernte arbeiter, sofern dann arbeit gefunden werden kann. von der hand in den mund leben, mal schauen, was der morgen bringt. und doch glaube ich, dass die fundacion sogar solchen kindern helfen kann, denn sie vermittelt werte, strukturen und umgangsformen, sorgt für mindestens eine ausgewogene hauptmahlzeit und einen znüni und kümmert sich um kinder und deren probleme, wenn zu hause nichts mehr läuft. wer in der schule mitkommt, hat die chance auf weitere schulbildung, sofern es die situation zu hause auch später noch zulässt. ich habe da beispielsweise mit einem mädchen in englisch gearbeitet, von der ich überzeugt bin, dass sie später würde studieren können, wenn sie ... ja wenn es überhaupt vom finanziellen und der familiensituation her möglich ist. wenn sie es nicht kann, gibt es hier keine lehre. das funktioniert nämlich so: man arbeitet irgendwo als irgendwas, schaut von den erfahrenen ab und lernt. irgendwann ist man dann einer der fahreneren. so gesehen auf dem bau. die fundation gleicht ja zur zeit einer grossbaustelle. da waren in der ersten woche vier maestros, gleich maurer. zwei waren ziemlich gut, wirkten erfahren und kompetent. der frischling aber, der war hauptsächlich mit sand sieben, säcken schleppen und verschalungen auffüllen beschäftigt. so funktioniert eine lehre hier in ecuador. vielleicht wirst du ein guter maestro, kriegst einen guten ruf, dein name spricht sich rum und du wirst verlangt, kannst vielleicht sogar dein geschäft aufmachen und voilà. etwas düsterer sieht es für mädchen aus. deren aufgabe ist klar.
nächste woche möchte ich dann sehr gerne noch mit marco sprechen. von laura habe ich von einigen ganz wilden schicksalen in der fundacion erfahren. unglaubliche stories. bevor sie mir ein wenig erzählt hat, habe ich gar nicht das bedürfnis gehabt, mehr über die verschiedenen kinder zu erfahren. sie sind wie sie sind und ich gehe mit ihnen um, wie es sich gehört und basta. schliesslich kann sich niemand mit seiner vergangenheit oder den umständen herausreden, jeder muss trotzdem einen weg in der gemeinschaft finden.
das ist es auch nicht, warum ich mich jetzt dafür interessiere. aber es sind schlicht und einfach erfgreifende schicksale, welche durch die hilfe von marco und alba auf ein gleis gekommen sind, welches auf eine zukunft hoffen lässt. das möchte ich gerne hören, das möchte ich auch gerne weitererzählen. das ist eines meiner erklärten ziele dieser weiterbildung: ich möchte wirkliche probleme von kindern erfahren.