Veröffentlicht: 20.09.2019
War man wirklich in Südostasien, wenn man nicht in Thailand war? Thailand ist der absolute Klassiker unter den Urlaubszielen, insbesondere bei Europäern, also wollten wir unbedingt herausfinden, worauf diese Faszination zu Thailand beruht. Und wie könnte man einen klassischen Thailandurlaub klischeehafter starten, als in einem Resort in Khao Lak. Da wir vom vielen Reisen, insbesondere in Asien, mittlerweile etwas müde sind, haben wir uns eine ganze Woche in einem super neuen und modernen Resort am Strand eingebucht (in der Nebensaison übrigens ein absolutes Schnäppchen) und die Seele mal so richtig baumeln lassen. Hier fehlt es einem wirklich an nichts: Von den unglaublich gastfreundlichen Thais im Resort und im ganzen Dorf, über die Ausstattung des Hotels mit allem, was man sich vorstellen kann (unter anderem mehrere riesige Pools), bis hin zum reichhaltigen Frühstücksbuffet war einfach alles perfekt. Unser Einstieg in Thailand war also eigentlich wie eine Wellnesskur.
Natürlich ist Khao Lak aber auch eine schwer gezeichnete Stadt. Über 20km erstreckt sich der kleine Ort entlang der Westküste Südthailands direkt am Strand. Worauf wir hinaus wollen? Uns ist noch sehr gut Weihnachten 2004 im Gedächtnis, als tausende Menschen allein in Thailand von einem riesigen Tsunami überrascht und getötet wurden, viele davon in Khao Lak. Auch nach so vielen Jahren ist diese Katastrophe hier immer noch präsent: Es gibt Denkmäler und überall Wegweiser für Tsunamievakuierungsrouten. Viele Verkäufer hoffen darauf durch große Plakate, bedruckt mit ihrer tragischen Geschichte, mehr Kundschaft zu erhalten und von den traditionellen Holzhütten der Einheimischen ist nichts mehr übrig. Stattdessen säumen jetzt Blechhütten oder einfache Steinhäuser die Straßen zwischen den riesigen Resorts. Das Schicksal der Menschen hier, die damals wirklich absolut alles verloren haben, hat uns tief bewegt und uns wieder einmal gezeigt, dass es uns mit unseren zwei Rucksäcken doch ziemlich gut geht. Dennoch geht das Leben natürlich auch hier weiter und viele neue Restaurants mit fröhlichen Inhabern und ein quirliger Nachtmarkt heben jede Stimmung.
Nach unserer Erholkur strebten wir natürlich wieder nach Erlebnissen und neuen Eindrücken, also fuhren wir etwas abenteuerlich mit einem Minivan nach Ao Nang, einem guten Ausgangspunkt für Stranderkundungen. Auf dem Weg dorthin fielen uns schon die vielen steil aus dem Boden ragenden grünen Berge überall auf und dort angekommen konnten wir nicht anders als absolut überwältigt von den hohen Felsklippen direkt am Meer zu sein.
Wir beschlossen, dass wir unbedingt sehen wollen, wo man „Deepwater-Solo“ machen kann, eine Kletterpraxis, bei der man ohne Sicherung an Klippen überm Meer klettert und sich ins Meer fallen lassen kann. Also fuhren wir mit dem Longboat, einem traditionellen Boot in Thailand, nach Railay und wanderten über die Halbinsel mit ihren riesigen Höhlen, steilen Klippen und dem strahlend blauen, klaren Meer. Kletterer überm Meer haben wir leider nicht in Aktion gesehen, aber man kann sich gut vorstellen, dass dies hier möglich ist. Wir selbst sind dann doch beim Wandern und Schwimmen gehen im 28°C warmen Wasser geblieben und versuchen uns am Klettern lieber, wenn wir etwas mehr Erfahrung gesammelt haben (und etwas mehr Hornhaut, denn autsch, diese Felsen sind ganz schön scharfkantig). Als Highlight durften wir aber am Ende noch einigen südlichen Brillenlanguren (oder einfach Affen) beim Klettern in den Bäumen zusehen und waren viel zu fasziniert um zu merken, dass es keine gute Idee ist sich direkt unter eine Horde Affen zu stellen – Zack, hat uns eine riesige Ladung Affenkot um haaresbreite verfehlt und wir beschlossen, dass dies das Zeichen war, dass wir uns auf den Heimweg machen sollten.
Da wir bis jetzt nur in sehr touristischen Gegenden waren, wollten wir das ursprüngliche Thailand etwas besser kennenlernen. Auf der Insel Koh Lanta ist der Tourismus noch in den Kinderschuhen und man kann mit dem Motorroller viele völlig verlassene Plätzchen finden und Dörfer erkunden, die noch im traditionellen Stil erbaut sind. Wir haben uns vollkommen in diese Insel verliebt. Sie hat vielleicht nicht die schönsten Strände Thailands, aber dafür waren wir immer völlig alleine an unseren Strandparadisen und konnten spektakuläre Sonnenuntergänge erleben. Auch eine Wanderung im Dschungel mit Höhlenerforschung und Baden im Wasserfall konnten wir in Ruhe genießen.
Das Schönste war allerdings ein kleines Fischerdorf namens „Old Town“, das auf Stelzen im Meer gebaut wurde und einen direkt in einen Piratenfilm versetzt. Als Highlight haben wir dort sogar Delfine gesehen, bei deren Anblick auch die Fischer völlig aus dem Häuschen waren. Eine Chinesin hat allerdings darauf bestanden, dass es Haie seien und dies immer wieder mit dem Schrei „Shark,Shark“ kundgetan, was uns alle ziemlich amüsierte.
Da im Westen Südthailands momentan der Monsun tobt und wir einige wirklich heftige Stürme und Regenfälle erlebt haben, bei denen die Straßen teilweise knietief überflutet waren, wollten wir in eine etwas stabilere Wetterlage umsiedeln und sind mit Bus und Fähre nach Koh Samui weitergereist. 12 Stunden haben wir in einem nicht klimatisierten, vollgepackten Minivan bei 30°C und auf einer etwas in die Jahre gekommenen Fähre verbracht, bis wir endlich im Golf von Thailand auf der Insel ankamen. Hier haben wir uns für 6€ am Tag einen Roller gemietet und konnten so völlig unabhängig die Insel erkunden. Einmal sind wir mit dem Roller am Berg stehen geblieben und Natalie musste anschieben, weil wir einfach zu schwer für den kleinen Motor bei der starken Steigung waren, aber sonst hat es prima funktioniert. Wir waren bei mehreren Tempeln mit riesigen Buddhastatuen und Schreinen, haben uns in einem Dschungelgarten wie Alice im Wunderland gefühlt und sind zu einem fast ausgetrockneten Wasserfall gewandert.
Unsere Nachmittage haben wir meist am Strand und im warmen, kristallklaren Meer verbracht und abends umsonst die Feuershows vor den Restaurants genossen und uns dann auf den Nachtmärkten ein billigeres Essen geholt. So loben wir uns Thailand, gutes Wetter, kostenloses Entertainment und Sightseeing und grandioses, billiges Essen (abgesehen von den Insekten am Spieß, die brauchen wir nicht unbedingt).
Nach 5 Tagen hatten wir (naja vor allem Natalie) dann aber genug vom Inselleben und Strandurlaub und es zog uns in den Norden Thailands. In Chiang Mai ist das Leben wirklich völlig anders als im Süden Thailands. Hier ist es wieder laut und dicht besiedelt, überall fahren Autos, Roller und Tuktuks und statt Relaxen am Strand um Ruhe zu finden geht man hier in einen der vielen buddhistischen Tempel, die überall in der Stadt verteilt stehen. Wir haben bestimmt 30 Tempel gesehen und damit immer noch nur ca. 10% der Tempel in der Stadt. Generell sind Tempel in Thailand wesentlich bunter, prunkvoller und kitschiger als alle Tempel, die wir bis jetzt gesehen haben. Und etwas sehr befremdliches ist uns aufgefallen: Vor vielen Tempeln, Schulen und auch öffentlichen Plätzen stehen riesige Plakate und ganze Schreine mit dem Abbild der Königsfamilie. Diese genießt hier immer noch einen großen Stellenwert, verliert aber durch den neuen König stark an ansehen. Aber jetzt stellt euch mal vor in Deutschland wären überall vor Kirchen und Schulen Plakate von Angela Merkel, wie merkwürdig wäre das denn?! Alles in allem ist Chiang Mai aber eine der schönsten Städte, die wir in Südostasien besucht haben, da sie sehr viele liebevoll gestaltete Restaurants und Tempelanlagen besitzt, orange gekleidete Mönche durch die Gassen schlendern und sie umgeben ist von den grünen Hügeln Nordthailands, in denen sich Elefanten und alte Bergvölker verstecken.
Da wir beide riesige Tierliebhaber sind, war es für uns ein absolutes Highlight ein Elefantenreservat in diesen Hügeln zu besuchen. Nach ewiger, komplizierter Recherche hatten wir endlich eines gefunden, das wir guten Gewissens besuchen und unterstützen wollten, denn uns war wichtig, dass die Tiere im Reservat völlig frei und möglichst ungestört von Touristen leben dürfen und nicht nur als Attraktion herhalten müssen. Zur Erklärung: In Thailand werden Elefanten immer noch nicht geschützt, d.h. artgerechte Haltung ist für viele ein Fremdwort. Rund um Chiang Mai gibt es aber sehr viele so genannte „Sanctuaries“, die damit werben, dass sie misshandelte, vernachlässigte Elefanten retten würden und ihnen ein neues zu Hause schenken würden. Tatsache ist allerdings, dass diese Einrichtungen durch Elefantenreiten und Baden mit Elefanten nur eine neue Möglichkeit gefunden haben, Touristen anzulocken und Geld mit dem Leid der Tiere zu verdienen. Die meisten dieser Tiere stammen aus Zwangsarbeit bei Waldrodung, im Zirkus oder bei Straßenbettlerei und haben traumatisierende Erfahrungen mit Menschen hinter sich. Zusätzlich werden sie, damit sie das Reiten auf ihrem Rücken über sich ergehen lassen, erst einmal jahrelang gefoltert, um ihren Willen zu brechen und sie gefügig zu machen. Daher war es uns sehr wichtig, dass wir ein Reservat besuchen können, in dem die Tiere wieder ihr natürliches Verhalten zeigen dürfen und ihren eigenen Willen ausleben dürfen ohne zu irgendwelchen unnatürlichen oder stressigen Aktivitäten, wie das Baden mit einem Haufen Menschen, gezwungen zu werden. Der Elephant Nature Park kam diesem Wunsch noch am nächsten. Die grausamen Lebensgeschichten der geretteten Elefanten dort haben uns das Herz gebrochen und lassen uns wirklich an der Menschlichkeit zweifeln, aber in diesem riesigen Park dürfen die Tiere sich nun frei bewegen, Herden bilden, im Fluss baden gehen und ein neues Leben beginnen. Für viele dieser sanften Riesen ist es das erste Mal in Freiheit und unter Artgenossen und man kann deutlich sehen und spüren, wie sie aufblühen. Natürlich hat jeder Elefant einen menschlichen Pfleger, „Mahout“ genannt, der eine Bindung aufbaut und auf ihn aufpasst, denn die Tiere haben oft physische und seelische Traumata und brauchen bei vielem Hilfe. Für uns war der Besuch hier ein absolutes Geschenk, vor allem auch, weil nicht nur ca. 30 schutzlose Elefanten, sondern auch über 500 Hunde, hunderte Katzen und Wasserbüffel hier ein liebevolles zu Hause gefunden haben. Und wer weiß, vielleicht kehren wir eines Tages als freiwillige Helfer für einige Wochen hierher zurück.
Unser letzter Stopp in Thailand und damit auch in ganz Südostasien war Bangkok. Für unsere letzten Tage haben wir uns also noch einmal so ein richtiges asiatisches Großstadt-Highlight aufgehoben. Bangkok ist ganz entgegen den Erzählungen in unseren Augen eine sehr aufgeräumte, gesittete und schöne Stadt (aber vielleicht sind wir so langsam auch nur abgehärtet). Neben den viel befahrenen Straßen und einem guten Metro-System, das sich noch im Ausbau befindet, gibt es auch die Möglichkeit sich auf Flüssen und Kanälen fortzubewegen. So kann man dem Trubel der Stadt für kurze Zeit entkommen und gleichzeitig noch eine Sightseeingtour machen.
Zu einem Bangkokaufenthalt gehört natürlich wieder einmal sich eine Überdosis an Tempelbesuchen zu holen, denn hier gibt es einige der größten Tempelanlagen Thailands mitten in der Stadt. Unter anderem haben wir den 46m langen liegenden Buddha bestaunt und mit Natalies Freundin Kim den Golden Mountain mit Sicht über Bangkok erklommen. Kim, die mit Natalie schon seit der Grundschule befreundet ist, macht hier ihren Masterabschluss und hat uns etwas die Stadt gezeigt. Vor allem wollten wir das berühmte Nachtleben etwas entdeckten und haben uns in einer Bar neben der Partymeile Khao San Road köstlich über die vorbeiziehenden Menschen amüsiert. Hier hört man Gespräche über Sextourismus, sieht jede Menge Ladyboys und aufreizend angezogene Frauen und wundert sich über den ein oder anderen betrunkenen Touristen, wie dieser überhaupt noch laufen kann. Thailand ist eben ein typisch asiatisches Land, das allerdings viel liberaler und vielleicht auch moderner mit vielen Dingen umgeht, z.B. Frauen oder Homosexualität, als seine Nachbarländer.
Als wir allerdings aussprachen, dass wir auf wundersame Weise fast 3 Monate Südostasien ohne gesundheitliche Probleme überlebt haben, haben wir unser Glück wohl auf die Probe gestellt. Prompt hatte Jan eine Lebensmittelvergiftung und verbrachte 2 Tage mit Fieber und Übelkeit im Bett. Pünktlich zum Flug war er allerdings wieder genesen und so konnte das Abenteuer Südostasien abgeschlossen werden.
Wir gehen auf jeden Fall mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Hier hatten wir mit Abstand das stärkste Heimweh und haben gleichzeitig auch am meisten über uns und andere Kulturen gelernt. Südostasien ist einfach komplett anders als unsere Heimat oder alles, was wir bis jetzt kannten. Wir haben nicht eine einzige Sache gefunden, die wie bei uns zu Hause ist, nicht EINE. Die Häuser, die Gerüche, das Aussehen und der Charakter der Menschen, die Traditionen, die Moralvorstellungen, die Hygienezustände, das Essen, die Landschaft, die Pflanzen, die Tiere, einfach alles ist anders. Das bedeutet natürlich, dass alles spannend und neu und lehrreich ist, aber auch, dass man sich häufig etwas Vertrautes wünscht - Gut, dass wir uns haben.
Daher haben wir uns dazu entschieden, zu neuen, unbekannten Kulturen aufzubrechen, die allerdings unserer gewohnten Umgebung etwas näher kommen, nämlich erst einmal Georgien im Kaukasus.
Song of Thailands beaches: Three little birds - Bob Marley & The Wailers